1468 - Zentralplasma in Not
ausgerechnet das Bild eines Posbis gewählt hatte, um sich per Bildschirm zu präsentieren. Es hätte schließlich zahllose andere Möglichkeiten gegeben, und es war auch keineswegs so, daß das Zentralplasma diese Möglichkeiten nicht gekannt hätte.
Vielleicht, dachte Punternat, will es nur höflich sein. Es konnte natürlich nicht damit rechnen, daß ein Haluter es von diesem Raum aus ansprechen würde. Es war aufeinen Posbi gefaßt und präsentiert sich daher auch in eben dieser Gestalt. Es wird seinen Irrtum schnell bemerken, und dann wird der Posbi sich in einen Haluter verwandeln.
Aber das Zentralplasma dachte gar nicht daran, sich so zu verhalten, wie Punternat es erwartete.
Entweder war es zu beschäftigt, um das Bild zu verändern, oder Punternat war von falschen Voraussetzungen ausgegangen und hatte zu sehr von sich auf andere geschlossen. Und natürlich war es reichlich vermessen, wenn man von dem gewaltigen Zentralplasma erwartete, daß es sich wie ein Matten-Willy benahm.
Der auf der Videofläche sichtbare Posbi war zwei Meter hoch und eineinhalb Meter breit. Er war völlig unregelmäßig geformt, voller Kanten, Vorsprünge und Einbuchtungen, und besaß eine goldfarben schimmernde Oberfläche. Das Gebilde verfügte über zehn Sensoren - sechs optische und vier akustische -, die an langen, beweglichen Stielen saßen, die sich rund einen halben Meter weit ausfahren ließen.
Da ein nur als Fiktivbild existierender Posbi keine Sensoren benötigte und dem Zentralplasma in diesen Kommunikationskammern andere, weil bessere Wahrnehmungsmöglichkeiten zur Verfügung standen, war Punternat über die Existenz dieser Gebilde etwas verwundert. Noch seltsamer mutete ihn die in der Mitte des Posbi„Körpers" sitzende Sprechöffnung an. Diese Öffnung war von silbernen Pseudolippen umrahmt, die beweglich waren.
Je länger Punternat hinsah, desto klarer wurde ihm, daß das Zentralplasma mit Hilfe der Sensoren und der „Lippen" eine gewisse Mimik vermitteln konnte, um auf diese Weise seinen Gemütszustand und seine Reaktionen auf die Äußerungen seiner Gesprächspartner zu signalisieren.
Das war sicher gut gemeint und ein Entgegenkommen, aber Punternat empfand dieses Verfahren doch als reichlich umständlich, denn es wäre seiner Meinung nach viel einfacher und effektiver gewesen, sich gleich der Ausdrucksweise der jeweiligen Gegenübers zu bedienen, zumal es ja zur Zeit ohnehin nicht allzu viele Arten davon gab.
Die vom Zentralplasma gewählte Lösung stellte sowohl Haluter als auch Posbis und Matten-Willys vor Probleme, denn sie alle hatten völlig unterschiedliche Ausdrucksformen, und der Pseudo-Posbi auf dem Bildschirm konnte keinem seiner Gesprächspartner völlig gerecht werden. Handelte es sich zu allem Überfluß um eine gemischte Gruppe, dann wurde die Situation geradezu chaotisch, und an die Reaktionen etwaiger Fremder - falls sich doch einmal welche nach Dongan verirrten - mochte Punternat lieber gar nicht erst denken.
Aber vielleicht tat er der Intelligenz des Zentralplasmas Unrecht, wenn er angesichts des Fiktivbildes an ihr zu zweifeln begann, denn das Plasma mochte sich unter anderen Umständen auch auf ganz andere Weise darstellen. Man durfte es jetzt nicht mit normalen Maßstäben messen. Doch noch während er in Gedanken nach Entschuldigungen für das Plasma und seine Handlungsweise suchte, war sein Herz voller Zweifel.
Dann begann Tenquo Dharab zu sprechen, und Punternat schob alle Grübeleien weit von sich.
*
„Es wurde Alarm gegeben", sagte Tenquo Dharab. „Fast wäre es uns nicht gelungen, die Anlage zu betreten. Die Posbis wollten uns nicht einmal in diese Kommunikationszelle lassen. Aber wenn wir sie fragen, was geschehen ist, wissen sie keine Antwort.
Nun fragen wir dich: Was ist passiert?"
Es schien, als müsse das Zentralplasma erst einmal gründlich über diese Frage nachdenken, und schon das allein war ein alarmierendes Zeichen, denn das Zentralplasma hätte selbstverständlich keine Bedenkzeit brauchen sollen. „Es tut mir leid", sagte es schließlich. „Aber ich weiß es auch nicht."
Obwohl es sich die überaus kräftige Stimme eines Haluters zugelegt hatte, klang es matt und kraftlos, müde und erschöpft, und der fiktive Posbi auf der Videofläche unterstützte diesen Eindruck, indem er die Sensoren hängen ließ. „Wer hat den Alarm gegeben?" mischte Icho Tolot sich ein. „Ich selbst", erwiderte das Zentralplasma. „Du kannst keinen Alarm geben, ohne
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