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1469 - Der Köpfer holt sie alle!

1469 - Der Köpfer holt sie alle!

Titel: 1469 - Der Köpfer holt sie alle! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hätten aufsuchen können, und ich roch genau, in welcher Ecke sie ihre Notdurft verrichtet hatten. Sie lagen mehr tot als lebendig da. Völlig apathisch, aber die Apathie konnte die Angst in der Blicken nicht überdecken.
    Wer so in Ketten geschlagen war, der wartete auf den Abtransport und letztendlich auf den Henker. Oder besser gesagt auf den Köpfer.
    Ich war dicht vor der Tür stehen geblieben und gab den Menschen Zeit, sich an meinen Anblick zu gewöhnen. Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Auch das sollte ihnen zeigen, dass sie von mir nichts zu befürchten hatten. Ich hoffte, dass sie diese Geste auch verstanden.
    Sie taten nichts, um mit mir eine Unterhaltung zu beginnen. Wäre es ihnen möglich gewesen, sie wären vor mir zurückgewichen, so aber blieben sie liegen, noch immer von einer starken innerlichen Angst erfüllt.
    Ich sprach sie an.
    »Bitte, ihr braucht euch nicht zu fürchten. Ich bin nicht gekommen, um euch ein Leid anzutun. Vielleicht kann ich es schaffen, die Ketten zu lösen.«
    Sie schwiegen.
    Bis sich ein alter Mann reckte. Hoch kam er nicht. Es war nur das leise Klirren der Kettenglieder zu hören, als er sich etwas zur Seite drehte und den Kopf in meine Richtung wandte.
    Der Mann zitterte am ganzen Körper. Sein Bart wuchs ihm fast bis auf die Brust herab und bildete ein grauweißes Gestrüpp.
    Es kostete ihn viel Kraft, ein paar Sätze zu sagen. Da war mehr ein Flüstern zu hören, das rau und kehlig von ganz hinten aus seiner Kehle zu kommen schien. Seine Augen blickten müde. Er hatte jeglichen Lebenswillen verloren, aber er sprach meine Sprache, wenn auch in einer altertümlichen Form.
    »Wer seid Ihr?«
    Ich versuchte es wieder mit einem Lächeln. »Ich bin ein Fremder. Ich sehe anders aus als ihr, weil ich aus einer anderen Zeit komme, aber ich bin kein Feind. Ich würde nie zu denen gehören, die euch in Ketten gelegt haben. Im Gegenteil, ich würde euch gern helfen, wenn ich könnte.«
    Der alte Mann schaute mich an. Ich konzentrierte mich auf seine Augen. Sie sahen sehr klein und wässrig aus. Die Haut war von Falten durchzogen. Der Mund schimmerte wie eine feuchte Wunde.
    Unter dem Kinn hing die Haut so schlaff herab wie die eines Huhns.
    »Uns kann keiner mehr helfen. Wir warten gemeinsam auf den Tod. Wir werden sterben, damit andere Menschen begreifen, dass es sich nicht lohnt, sich gegen den Köpfer zu erheben. Er ist ein grausamer Teufel und kein Mensch mehr. Er hockt in seiner Burg und wartet darauf, dass ihm die Schergen die Opfer bringen.«
    »Und ihr gehört dazu.«
    »Ja.«
    Ich fragte: »Was habt ihr getan? Wie habt ihr euch schuldig gemacht?«
    »Einer von uns hat einen seiner Schergen erschlagen, als dieser eine junge Frau missbrauchen wollte. Das hat man uns nicht verziehen, und so müssen alle dafür büßen.«
    »Ihr sollt getötet werden?«
    »Geköpft, Fremder. Sobald die Sonne einen bestimmten Punkt am Himmel erreicht hat, werden die Schergen erscheinen und uns holen. Es mag sein, dass Eure Absichten lauter sind, aber ich möchte Euch warnen. Lasst uns hier allein, das ist besser. Bringt wegen uns nicht auch noch Euer Leben in Gefahr.«
    »Ich werde mich schon zu verteidigen wissen. Aber wer ist der Köpfer? Gehört ihm die Burg?«
    »Er hat sie sich genommen. Er ist der weiße Satan. Er war mal ein Mönch, dann aber hat er sich mit der Hölle verbündet. Sie hat ihm die Kraft gegeben, die Menschen zu terrorisieren. Man sagt ihm nach, dass er nicht sterben kann. Er hat das ewige Leben erhalten. Er ist der wandernde Tod, und er holt alle, die er haben will. Die Grube in seiner Burg ist voll mit den Köpfen all derjenigen, die er getötet hat.«
    Das hörte sich alles andere als gut an. Trotzdem war ich nicht besonders überrascht. Es hatte schon immer und zu allen Zeiten Menschen gegeben, die andere getötet hatten. Auch in meiner Zeit wurde gefoltert und getötet. An vielen Orten auf der Welt herrschte Krieg, und im Prinzip hatte sich nicht viel verändert.
    »Hat dieser Köpfer auch einen Namen?«
    Der Alte, der sich etwas aufgerichtet hatte, ließ sich wieder zurückfallen. Die liegende Position war für ihn wohl erträglicher. Er gab ein Lachen von sich, das sich eher wie ein Krächzen anhörte.
    »Ja, dieser Teufel hat auch einen Namen. Einen menschlichen, obwohl Satan besser gepasst hätte.« Eine trockene Zunge leckte über rissige Lippen. »Er heißt Walcott. Orson Walcott…«
    Ich fror innerlich ein, als ich diesen Namen hörte. Dabei hatte

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