1469 - Der Köpfer holt sie alle!
ich das Gefühl, einen Schlag in die Magengrube erhalten zu haben.
Walcott also! Ein Vorfahr eines gewissen Eric Walcott.
Ich glaubte nicht an einen Zufall. Bei diesen Walcotts musste sich die Kette der Grausamkeiten quer durch die Generationen gezogen haben, bis hin zu dem Amokläufer, und immer wieder hatte der Teufel seine Hände mit im Spiel gehabt.
Dem Alten war meine Reaktion wohl aufgefallen. Er schüttelte den Kopf.
»Ihr scheint überrascht zu sein, Fremder.«
»Ja, das bin ich.«
»Wegen des Namens, den ich Euch genannt habe?«
»So ist es.«
»Warum seid Ihr so überrascht? Kennt Ihr den Köpfer auch aus Eurer Zeit?«
»So ähnlich. Nur köpft er nicht mehr, er hat sich andere Waffen ausgesucht. Aber er ist so grausam wie sein Ahnherr, der sich dem Teufel verschrieben hat.«
»Das wisst Ihr genau?«
»Ja, so ist es. Ich habe den Köpfer in einer anderen Gestalt und in meiner Zeit gejagt. Deshalb ist mir alles so bekannt. Aber ich kann auch sagen, dass sich der Teufel oder die Hölle um seinen Vasallen gekümmert hat. Sonst wäre ich nicht hier.«
»Und warum bist du hier?«
Ich winkte ab. »Es ist eine ziemlich unglaubliche Geschichte, aber sie hat mit einer guten Magie zu tun.« Ich für meinen Teil hatte genug über das Vergangene gesprochen und wollte endlich handeln.
Deshalb sagte ich: »Wir müssen versuchen, ihn von seiner Tat abzuhalten. Ich will nicht, dass ihr alle in den Tod geht. Wie kann man die Ketten von euren Armen und Beinen lösen?«
»Das geht nicht. Das können nur die Schergen des Köpfers.«
Ich hatte mich schon umgeschaut und erkannte, dass die Menschen zwar aneinander gekettet, die Ketten aber an keiner Wand befestigt waren. Wenn sie wollten, konnten sie aufstehen und die Hütte verlassen, auch wenn ihnen das verdammt schwer fallen würde.
»Du bist der Anführer«, sprach ich den alten Mann an. »Darf ich auch deinen Namen wissen?«
»Ja, ich heiße Bernhard Abel.« Das war der zweite Hammerschlag, der mich erwischte. Zwei Namen, zwei Familien, zwei Geschichten.
Was hier seinen Anfang genommen hatte, das hatte sich in meiner Zeit fortgesetzt. So war der Amoklauf Eric Walcotts kein Zufall gewesen. Er hatte sich bewusst eine Frau mit dem Namen Abel ausgesucht und war noch als Toter im Begriff, deren gesamte Familie auszulöschen – wohl auf Befehl des Köpfers Orson Walcott.
Trotz seines Zustands hatte Bernhard Abel noch eine gute Beobachtungsgabe.
»Ich sehe Euch an, dass Euch meine Antwort überrascht hat. Warum?«
Ich winkte ab. »Es ist eine lange Geschichte, und es ist nicht einfach, sie zu begreifen. Aber ich behaupte, dass sich zwei Namen bis in meine Zeit gehalten haben und sich im Prinzip nichts geändert hat. Ich kann jetzt behaupten, dass deine Familie oder Sippe, die du um dich versammelt hast, nicht aussterben wird. Ihr seid nicht alle dem Tod geweiht, und ich werde dafür sorgen, dass es auch eintritt. Ich stehe voll auf eurer Seite, wenn die Schergen des Köpfers hier erscheinen.«
Nach meinen Worten herrschte Schweigen. Dann fragte eine Frau:
»Wie heißt der Mann, der so mutig ist?«
»John Sinclair.«
Mein Nachname sagte ihnen nichts. Aber ich hatte ihnen durch meine Worte Mut gemacht, und sie fingen an, sich zu bewegen, was ich deutlich am Klirren der Ketten vernahm.
»Könnt ihr aufstehen?« fragte ich.
»Es wird schwer sein.«
»Versucht es.«
Sie nahmen all ihre Kräfte zusammen. Da sie durch die Ketten miteinander verbunden waren, war es für sie sehr schwer, sich hinzuhocken, und es war noch schwerer für sie, auf die Beine zu kommen.
Aber sie schafften es. Einer der jüngeren Männer, dessen Kleidung aus alten Lumpen bestand, war als Erster auf den Beinen, und ich schaute mir an, wie man sie zusammengekettet hatte.
Schellen aus Eisen umspannten die Handgelenke. Das Metall hatte gescheuert und bei den meisten die Haut aufgerissen, die in blutigen Fetzen herabhing.
Nur das kleine Kind war nicht angekettet worden. Ich schätzte es auf ungefähr zwei Jahre. Es war ein Junge, bei dem mir die großen braunen Augen auffielen.
Die Mutter konnte es nur halten, indem sie beide Arme anhob, was ihr durch das Gewicht der beiden Ketten unheimlich schwer fallen musste.
Ich lächelte ihr in das verschmutzte Gesicht. »Darf ich deinen Sohn nehmen? Vertraust du ihn mir an?«
Der Blick ihrer Augen sprach ein Ja.
»Danke.« Ich nahm ihr den Kleinen aus den Armen, der zitterte, als hätte man ihn in einen Kühlschrank gesteckt. Zusammen mit
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