147 - Panik in Porto
klatschend ins Wasser. Sanft ruckten die Kupplungen an. Die Viermann-Crew trug identische T-Shirts und Windjacken. Die ARCA schob sich vorwärts und schwenkte in den Hauptkanal von Port Grimaud ein. Die Belegtaue wurden pedantisch genau zusammengefaßt und gesichert und weggeräumt. Am Vortag waren Wein, Dieseltreibstoff und Wasser gebunkert worden. Das Schiff war in perfektem Zustand. Oliver Brunner zog sich in der Höhe der Hafenkapetanerie ins Deckshaus zurück und fing an, mit schwungvollen Buchstaben seine Version des Logbuchs zu schreiben. Sachliche Eintragungen blieben korrekt; über die Fahrten selbst verwendete er gern den Stil von „Moby-Dick"-Autor Melville.
Hans Stucker schenkte Kaffee und Tee aus. Die ARCA hob ihren Bug vor der ersten Welle im Golf von Saint Tropez, dann legte Thomas am Steuer die Fahrthebel der beiden daf-Diesel fast flach auf das Nußholz des Steuerstands. 2050 Touren, und die Turbos pfiffen zuverlässig. Die ARCA war auf dem zehn- bis zwölfstündigen Weg nach Korsika.
Lutz räumte zwei klappernde Edelstahltassen weg und setzte sich zu Oliver.
„Ausgeschlafen?"
„Aufgehört", sagte Oliver grimmig. „Ihr habt wieder geschnarcht wie die Tiere."
Er hatte, weil er auch schnarchte, aber als letzter eingeschlafen war, die ersten Stunden die Kopfhörer seines Walkmans aufgesetzt gehabt. Jetzt war der erste Satz Batterien leer.
„Du kannst ja auf der Fahrt schlafen", schlug Krüglstein vor. Oliver stieß ein hohles Lachen aus und schrieb weiter. Das Boot lief zuverlässig und fast mit höchster Geschwindigkeit. Thomas schaltete, nachdem er aus der riesigen Bucht herausgesteuert hatte, auf Autopilot um und kontrollierte den Kurs auf der Gesamt-Seekarte, einem sogenannten Übersegler. Dann machte er seinen schwankenden Rundgang bis hinunter in den dröhnenden, vibrierenden Maschinenraum und tauchte breit grinsend wieder auf.
„Vermutlich wird es doch keinen Seenot-Rettungsfall geben", rief er und ließ die Luke zufallen. „Alles in Ordnung."
„Wie schön", gab Oliver zurück und machte einen wortreichen Vermerk ins Logbuch. Unter seiner Feder verwandelte sich ein harmloser Tagesausflug auf See in ein halbwegs tödliches Kap-HoornAbenteuer. Spätere Gäste der ARCA lasen den Text und waren höchst verwundert.
„Hätte dir auch gefallen, die Freundin des Taucherkollegen, wie?" erkundigte sich Hans Stucker. „Wem nicht?" brummte Oliver knapp. „Zweifellos eine Frau voller Geheimnisse."
„Stimmt", lachte Thomas schallend. „Mindestens zwei waren deutlich zu erkennen."
An Bord wurde eine heillos geistreiche und rauhe Unterhaltung gepflegt. Die Crew war aufeinander eingespielt. Selbst wenn sie sich nach drei Jahren auf dem Boot zum erstenmal trafen, herrschte unübliche Eintracht. Oliver und Hans waren Rotweintrinker. Noch war die Sonne nicht hinter den langgezogenen Wolken hervorgekommen, und die Männer blieben in der Kabine. Oliver kauerte sich in die gepolsterte Ecke, zündete sich eine lange Zigarette an und griff nach seinem SF- Taschenbuch. Die Mannschaft war noch nicht ganz wach geworden, aber schon verteilte Stucker wieder Tee und Kaffee „corretto".
Thomas hatte seinen Freunden von dem beträchtlichen Gold- und Silbergeschäft erzählt, hatte von Roquette und Charlie gesprochen und von dessen großherziger Auskunft, was das Wrack nahe der Porquerolles-Südspitze anging. Lutz und er dachten daran, nach der Rückkehr aus den korsischen Buchten dort zumindest einen Tauchgang zu unternehmen. Aber zunächst lagen zwei Drittel des Urlaubs uneingeschränkt vor ihnen, und sie hofften auf schöne, heiße Tage, auf völliges Fehlen von Mistral und anderen bösartigen Winden, und auf warmes Seewasser. Jeder von ihnen, abgesehen von Thomas, hatte den Urlaub dringend nötig.
Als sie die Dreimeilengrenze passierten, nahm Thomas Motorleistung und Geschwindigkeit zurück. Der Autopilot arbeitete innerhalb eines engen Bereichs ruckfrei und zuverlässig. Lange Dünungswellen hoben und senkten das Schiff, denn noch gab es keinen Wind.
Um acht Uhr stand endlich riesengroß und mit grellen, wärmenden Strahlen die Sonne über den Wolken. Wärme und Helligkeit nahmen zu. Nacheinander setzten die Urlauber ihre Sonnenbrillen auf, zogen Badehosen an und verteilten wieder Sonnenschutzcreme auf den geröteten oder gebräunten Hautstellen. Jeder suchte sich an Deck ein mehr oder weniger windgeschütztes Plätzchen und hob ab und zu den Kopf, um sich umzusehen.
Motorschiffe, kleine und
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