147 - Stunde X
daa’murische Virus infiziert hatte.
Nach etwas weniger als einer Stunde geleiteten zwei Offiziere und die Londoner Octavian für Außenangelegenheiten Valery Heath drei Grandlords durch das Foyer. Die letzten Delegierten der Konferenz. Hinter ihnen schloss sich das Außenportal. Die Gedankenmuster der drei Lord-Häuptlinge waren unauffällig – ein Konglomerat von Sorge, Kampfeslust, Geilheit und Neugier.
Ihre Gedankeninhalte unterschieden sich also nicht großartig von denen anderer Sitzungsteilnehmer.
Aruula richtete sich auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Vorbei. Ihr Job war erledigt. Auch für sie war ein Patz in der Westminster Hall reserviert. Er würde leer bleiben. Sie wollte nichts hören von Krieg und Gefahr. Heute nicht mehr. Sie war todmüde und ausgebrannt. Durch Blicke verständigte sie sich mit den Nosfera-Telepathen. Auch die wirkten erschöpft.
Zwei legten sich schlafen, einer verließ das Gebäude, um sich nach Nahrung umzusehen. Was immer das bedeuten mochte.
Aruula ging in den Aufenthaltsraum des Hauses. Dort hatte die Community-Force eine Kommunikationsanlage und ein Gestell mit drei Monitoren aufgebaut. Auch eine Schnittstelle zu dem künstlichen Hirn, das die Bunkerleute »Zentralhelix« nannten, hatten sie installiert. Für den Zugang allerdings war ein Codewort nötig, das nur die Dienst habenden Offiziere der Außenpatrouillen kannten.
Die Frau von den Dreizehn Inseln konzentrierte sich auf die Bildschirme. Einer zeigte das Foyer der Westminster Hall, die anderen beiden das Innere der Konferenzstätte. Die Bilder stammten von Deckenkameras; auf jedem Monitor sah Aruula etwa eine Hälfte der großen Konferenzrunde.
Mindestens hundertzwanzig Menschen und Mutanten saßen an fast drei Dutzend zu einem Kreis geordneten Tischen. Etwa die Hälfte von ihnen waren Angehörige der Bunkerkolonien von London und Salisbury. Aruula suchte die Reihen nach vertrauten Gesichtern ab. Sie erkannte die massige Gestalt der Prime von London, den alten Dichter Jefferson Winter, General Yoshiro, Rulfans Vater Gabriel und seine Geliebte, und natürlich die Queen, auf die Aruula nicht gut zu sprechen war, seit sie Maddrax schöne Augen gemacht hatte.
Sechs Männer und Frauen zählte sie, deren wilde äußere Erscheinung sie als Angehörige von Horden der Wandernden Völker verriet. Mindestens eine Göttersprecherin war unter ihnen. Neben Yoshiro saß der Präsident des Weltrats, General Arthur Crow. Früher hatte Aruula sogar mal etwas wie Sympathie für ihn empfunden, doch seit sie von den Verbrechen der WCA wusste, konnte sie ihn nur noch verachten.
Neugierig betrachtete sie die Frau, deren Kopfschmuck wie ein riesiger Käferkopf aussah: Ch’zzarak, die Königin der Insektenmutanten von Aarachne. Leider war das Kamerabild nicht scharf genug, um Einzelheiten ihrer Kleidung erkennen zu können. An ihrer Seite saß eine furchterregende Kreatur mit langen Fühlern und dreigliedrigem Leib mit gelben und schwarzen Streifen.
Auch Mr. Black und ein paar russische Delegierte entdeckte Aruula. Viele Fremde waren gekommen, Abgesandte kleinerer oder größerer Bunkerkolonien aus den südlichen Ländern, aus Doyzland und Fraace. Zwischen einem struppigen Grandlord und Fudoh, dem abscheulichen Kerl mit der Eisenmaske, saß die zierliche Frau mit den schönen Mandelaugen – jene über fünfhundert Jahre alte Person, von der behauptet wurde, sie hätte sich ihren mädchenhaften Körper selbst erschaffen und bestünde zum großen Teil aus künstlichen Gliedern und Organen.
Jetzt erst betrat Maddrax die Halle. Er steuerte einen Platz zwischen der Insektenkönigin und dem leeren, für sie reservierten Stuhl an und nahm Platz. Jennifer Jensen rückte um einen Platz auf und setzte sich neben Maddrax. Die Blonde aus der Vergangenheit war die zweite Frau, die jedes Mal, wenn Aruula sie sah, die Bestie Eifersucht in ihrer Brust weckte. Und jetzt, wo sie sich einfach neben ihn gesetzt hatte, sowieso. »Was fällt dir ein, dir meinen Platz zu krallen!«, zischte sie.
Mit ihr hatte Maddrax ein Kind, eine kleine Tochter. Auch wenn Ann unter Zwang gezeugt worden war, damals in Beelinn, und auch wenn Aruula dem kleinen Mädchen gegenüber keinerlei Groll hegte, wurde sie bei ihrem Anblick doch jedes Mal an das Kind erinnert – Maddrax’ Kind! –, das die Daa’muren ihr aus dem Leib geraubt hatten.
Maddrax… wie fremd kam er ihr vor unter all den Menschen!
Seltsam weit entfernt, wie so oft in den vergangenen
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