147 - Stunde X
offensichtlich schon gestern Abend erhalten, um sie in seine Planung mit einzubeziehen.
Als Ch’zzarak berichtete, dass die Daa’muren bereits angefangen hatten, die ersten Bomben keine fünfzig Kilometer vom Wandler entfernt auf den Gerüsten zu installieren, erhob sich wieder ein Raunen im Saal; diesmal war es lauter und dauerte länger an.
»Bist du dir sicher, Ch’zzarak?«, fragte der Mann aus der Vergangenheit an ihrer rechten Seite.
»Ganz sicher.« Der Insektoide an ihrer linken Seite stieß ein tiefes Brummen aus. Es ging Matt durch Mark und Bein.
»Chorr’nizz selbst hat sieben bereits installierte Nuklearbomben gezählt«, übersetzte die Königin. Die Muttersprache der Insekten hatten die Translatoren noch nicht verarbeiten können.
»Und wie viele Bomben hat er insgesamt gezählt?«, wollte Mr. Black wissen.
Plötzlich wurde es totenstill in der Westminster Hall. Nur das Zirpen und Zischen zwischen Ch’zzarak und dem Gelbschwarzen war zu hören. Alle hielten sich plötzlich den Atem an.
Ch’zzarak wandte sich wieder an die Versammlung. »Das kann Chorr’nizz nicht genau sagen. Doch er hat seine Späher ausgesandt, um die schwarzen Gerüste am Ufer und im See zu untersuchen. Er sagt, sie hätten mehrere Hundert solcher Gerüste gesehen, jedenfalls nur unwesentlich weniger als tausend.«
Ein Stöhnen ging durch den Saal. Emily Priden erhob sich.
»Ich denke, dieser Bericht hat auch dem Letzten in unserer Runde klar gemacht, wie schnell und entschlossen wir handeln müssen. Wir stellen Ihnen nun die strategischen Grundzüge der Operation Harmagedon vor.«
Sie nickte in Richtung des Londoner Generals. Der hob ein rundes, handtellergroßes Gerät an seine Lippen und sagte: »Dein Auftritt, Kyoko.« Alle leitenden Technos besaßen so einen Trilithiumrechner – TC genannt –, mit dem sie sich direkt in die Zentralhelix ihrer Community einloggen konnten.
An der fensterlosen Wand der Westminster Hall flammte ein großer Monitor auf. Man sah einen blauen, wolkenlosen Himmel über einem weißen Strand. Eine schwarzhaarige Japanerin trat in das Bild. Jung, schlank, und mit tief ausgeschnittenem engen Minikleid erregte sie sofort die Aufmerksamkeit vieler männlicher Konferenzteilnehmer. Stirnrunzeln dagegen löste ihre Erscheinung auf einigen Frauengesichtern aus.
»Verzeihen Sie, Ladies und Gentlemen«, sagte Emily Priden.
»Wir in den Communities Salisbury und London sind den Umgang mit virtuellen Personen schon so gewohnt, dass ich ganz vergaß, Sie angemessen vorzubereiten.« Emily wies auf die freundlich lächelnde Japanerin auf dem Monitor. »Kyoko ist General Yoshiros E-Butler.« Und dann mit Blick auf die virtuelle Frau: »Bitte, Kyoko.«
»Die Operation Harmagedon beruht auf der einfachen Überlegung, dass eine Massierung der Allianztruppen dem Feind weiter nichts als ein leichtes Angriffsziel böte.« Kyoko drehte sich zum Meer um, und Himmel und Wasser verwandelten sich in eine Karte Zentralasiens mit dem Kratersee in der Mitte.
»Unser Angriff mit dem Ziel, den Feind zu entwaffnen und zu schlagen, wird folglich in Form einer weit gefächerten Zangenbewegung erfolgen…«
***
16,82 Kilometer über dem Atlantik
Bis zum Äquator hatten ihn die Luftströmungen getrieben, weit ab von seiner vorgeschriebenen Route. Wärme brauchte er, Licht und Auftrieb. Er war in die warmen Küstengewässer des südlichen Kontinents eingetaucht, hatte einen Schwarm Zugvögel in sich aufgenommen. Nun füllte neue Energie seine Reserven auf, und endlich wagte er den Wiederaufstieg in die Stratosphäre, wo er sich fast schwerelos treiben lassen und erholen konnte.
Er stieg auf, erst zwei, dann fünf Kilometer, und drang in die kalten Regionen der Atmosphäre ein. Eis wuchs ihm auf der Haut, verschloss ihm Rachen, Nasenlöcher und Augen. Sein heißer Leib schleuderte Eisscherben um sich, während er bis über zehn Kilometer stieg. Es war so kalt, so kalt.
Thgáan kämpfte. Alle Kräfte in seinen Muskeln und Zellen rief er wach. Er schwang die eisschweren Schwingen, atmete die eiskalte Luft ein, blies den Dampf in heißen Strahlen aus und musste sehen, wie er gefror und sich als neues Eis auf seinen Kopf legte. Wann endlich würde er den rettenden Gefrierpunkt erreichen? Stieg er überhaupt noch?
Nein, er stieg nicht mehr. Er spürte das Eis bis in seine Lungen eindringen, er spürte den Eistod in seinen Körperstamm stechen. Er spürte… er spürte nichts mehr…
Thgáan erstarrte.
Er, der dazu
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