147 - Stunde X
Yoshiro«, sagte er.
»Danke, Sir Leonard. Wünsche ich Ihnen auch.«
Sie drückten sich die Hände. Selten hatte Sir Leonard dem kleinen General mit der blauen Perücke so lange und so tief in die Augen gesehen. Sie waren keine Freunde und wären nie welche geworden. Doch Gabriel hatte großen Respekt vor den militärischen Fähigkeiten Yoshiros.
Knapp zweiundzwanzigtausend Krieger würde er in den Kampf gegen die Daa’muren führen. »Grüßen Sie meinen Sohn, wenn Sie ihn sehen.«
»Das werde ich tun, Sir Leonard.«
Das waren die letzten Worte, die sie wechselten. Danach bestiegen jene, die gingen, ihre EWATs. Die Tanks setzten sich nacheinander in Bewegung. In einer langen Kolonne rollten sie über die Brücke, hoben ab und schwebten dann über die Ruinen am anderen Ufer davon.
Jene, die blieben, rannten hinterher, warfen Blumen und Blüten, und als der letzte EWAT abhob, winkten sie mit weißen Tüchern…
***
Aarachne, Ende September 2521
Auf dem Platz zwischen Dom und Ringsiedlung drängte sich die Menge. Aus allen Vierteln der Ruinen hüpften, krabbelten und schwirrten sie herbei, aus allen Mauerlücken, allen Fensteröffnungen. Blau und rot schillernde Leiber reflektierten das Licht der Vormittagssonne, schwarze Panzer schluckten es, grüne und gelbe Körper leuchteten auf in ihm.
Der Zug setzte sich in Bewegung. An der Spitze, in einer offenen Sänfte, die Königin. An ihrer Seite, auf Andronen reitend, Ul’anbar, der großspinnenartige Anführer ihrer Leibgarde links, und ihr treuer Diener und unerschrockener Krieger Chorr’nizz rechts. Hunderttausende folgten. Wer hätte sie zu zählen vermocht?
Die Kolonne wälzte sich nach Osten; langsam. Man nahm sich Zeit, wollte den Abschied zelebrieren. Das Leben war so kurz, der Tod so nah. Aus allen Lücken und Fensterhöhlen krochen sie, schlossen sich dem königlichen Zug an. Es ging den Hügel hinauf. Auf den kleinen grünen Halden, unter denen die Wagen der Alten rosteten, blühte es rot und gelb. Wie festliche Girlanden säumten sie den Weg der Königin und ihrer Kämpfer.
Schließlich die Kuppe des Hügels. Ein breiter Straßenzug trennte hier die Mauerreihen der Ruinen, geräumt und gejätet für diesen unwiederbringlichen Tag.
Die Königin hob die Rechte. Die Träger hielten an, setzten die Sänfte ab. Ch’zzarak trat vor die Androne des Gelbschwarzen. »Du führst meine Kämpfer in die große Schlacht, mein treuer Diener Chorr’nizz.«
Der Gelbschwarze beeilte sich, aus dem Sattel zu springen und vor seiner Königin in den Staub zu fallen. »Mein Leben gehört dir. Jetzt und für alle Zeit.«
»Die Existenz unseres Volkes hängt ab von deiner Tapferkeit«, sagte Ch’zzarak. »Führe meine Kämpfer zum Sieg.« Sie wandte sich nach links, wo Ul’anbar längst aus dem Sattel geklettert war. »Und du, Führer meiner Gardisten, wirst an Chorr’nizz’ Seite streiten. Sei ihm ein würdiger Stellvertreter und vernichte die, die uns vernichten wollen, wo immer du sie findest.«
»Mein Leben sei dein«, schnarrte Ul’anbar. »Jetzt und für alle Zeit.«
Die Königin Ch’zzarak kletterte wieder in ihre Sänfte, Ul’anbar und Chorr’nizz auf ihre Andronen. Die Sänftenträger wichen an den Straßenrand aus. Das Heer von Aarachne zog an Ch’zzarak vorbei und folgte Chorr’nizz und Ul’anbar auf der Straße nach Osten. Wer fliegen konnte, flog. Wer schnell laufen konnte, lief. Wer schwer und kräftig war und seine Flugfähigkeit verloren hatte, ritt auf Andronen und Frekkeuschern. Und alle trugen sie Kleinere und Kriechende auf ihren Körpern mit sich.
Millionen waren es, die sich auf den Weg nach Osten machten. Auf den Weg in die Schlacht. Die Menge zirpte, brummte, zischte und summte. Nur Ch’zzarak gab keinen Laut von sich. Schweigend blickte sie dem Heerzug hinterher. Etwas in ihr war schwer wie hunderttausend Eier. Etwas in ihr wusste, dass kaum einer zurückkehren würde. Und wenn die wenigen zurückkehrten, die das Schicksal dazu auserwählt hatte, dann würde nichts mehr so sein würde, wie es gewesen war…
***
Moskau, Ende September 2521
Dampf schlug sich auf den glatt geschliffenen Steinwänden nieder, Schaum bedeckte das heiße Wasser und seinen Körper.
Nur sein kantiges Gesicht ragte aus dem Zuber, und sein rechter Arm hing über den Rand. Seine kräftige Hand hielt ein halb gefülltes Glas.
Vor zwei Stunden waren Mr. Black und seine kleine Crew von der britischen Insel zurückgekehrt. Aruula war mit ihm nach Moskau
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