147 - Stunde X
beugte sich über den Tisch und fixierte Matthew Drax. Der fühlte sich plötzlich unwohl in seiner Haut. »Meines Wissens konnte man in den Jahren vor ›Christopher-Floyd‹ bereits das Wetter beeinflussen, Commander.«
»Das stimmt, Sir.« Matt wurde nervös, weil der General ihn noch immer durchdringend ansah. »Aber wollen Sie damit sagen?« Und plötzlich dämmerte es ihm. »Sie meinen…?«
»Ich meine die Wetterprogramme im Computer der Internationalen Raumstation, Commander Drax.«
»Dazu müsste jemand dort hinauf fliegen«, sagte General Fudoh.
»Damit hat Commander Drax bereits Erfahrung.« Yoshiros Augen wollten Matt überhaupt nicht mehr loslassen. »Habe ich Recht, Commander?«
»Ja, Sir.« Der Mann aus der Vergangenheit rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Hitze und Kälte strömten abwechselnd durch seinen Körper. »Nur bin ich kein Techniker. Ich weiß nicht, wie die Programme funktionieren –«
»Aber ich«, fiel ihm Naoki Tsuyoshi ins Wort. »Ich kenne diese historischen Programme noch von meinen Studien her. Ist alles da oben gespeichert.« Sie tippte sich an die Schläfe.
»Wären Sie denn bereit, mit Commander Drax zur ISS hinauf zu fliegen?«, fragte Emily Priden.
»Kein Problem. Wir haben das Shuttle erst vor kurzem mit einem neuen Antrieb ausgestattet. Damit käme man sogar zum Mond und zurück.«
»Seid ihr denn sicher, dass man mit diesem Programm wirklich Nebel erzeugen kann?« Mr. Black schnitt eine skeptische Miene. »Ich meine, in speziell ausgewählten Gebieten?«
»Ganz sicher bin ich nicht…« Matthew Drax wand sich innerlich. Noch einmal in den Orbit fliegen? Alles in ihm sträubte sich dagegen.
»Aber ich bin mir sicher«, sagte Naoki.
Nach und nach wandten sich alle Köpfe, und plötzlich wurde Matt bewusst, dass jeder in der Westminster Hall ihn anstarrte.
Sogar der Gelbschwarze neben Ch’zzarak.
»Wie ist es, Commander?«, fragte Yoshiro. »Fliegen Sie, oder fliegen Sie nicht?«
Matt schluckte. Er senkte den Blick, betrachtete seine auf dem Tisch gefalteten Hände und dachte an Aruula. »Ich fliege«, sagte er endlich.
***
Arthur Crow fand seinen Adjutanten ziemlich schweigsam. Nach elfstündiger Sitzung gab es ein üppiges Essen, und anschließend gebot es die Höflichkeit, gemeinsam mit Queen Victoria II., ihrem Berater Jefferson Winter und der Prime von London, Josephine Warrington, die restaurierten Komplexe der
Houses of Parliament
zu besichtigen.
Der Präsident des Weltrats hätte lieber den Konstruktionsplan eines EWATs studiert; für altenglische Geschichte interessierte er sich nicht. Während sie also durch prachtvolle Hallen, Gänge und Säle schritten und allerhand Langweiliges über Parlamentarismus, Demokratie und Monarchie hören mussten, schlich Lieutenant Allen Dunwich neben Crow her, als hätte man ihm gerade einen Abszess am Hintern geöffnet.
Der Mann nervte Crow. Die Queen und ihr Gefolge mit seinen komischen Perücken, seinem gespreizten Gehabe und seinen affigen Kleidern nervte ihn sowieso. Außerdem fragte er sich allen Ernstes, wie er in diesem nach allen Regeln der Sicherheitstechnik abgeschirmtem Areal Kontakt zu einem Gesandten des Sol aufnehmen sollte.
Nach zwei Stunden war die Besichtigung endlich vorbei. Zu diesem Zeitpunkt hasste Crow die Queen. Einen viel beschäftigten Regierungschef wie ihn nach zehn anstrengenden Sitzungsstunden noch mit einer eitlen Präsentation englischer Geschichte und Architektur von der Arbeit abzuhalten, hielt er schlicht für unverschämt. Prompt drängten Fudoh und die Tsuyoshi zum Aufbruch. Die Zeit wurde knapp.
»Treffen Sie alle Vorbereitungen«, sagte Crow. »Ich möchte die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, am Ufer der legendären Themse gestanden zu haben, bevor ich die Britana wieder verlasse.«
Die anderen sahen ihn irritiert an – und sie hatten Recht damit. Aber eine bessere Ausflucht war ihm in dieser Situation nicht eingefallen.
»Außerdem sollten wir Commander Drax etwas Zeit geben, sich von seiner Barbarin zu verabschieden«, fügte er hinzu.
Während der Japaner und die Cyborg ihre Quartiere ansteuerten, wandte sich Crow zur Themse. Dunwich begleitete ihn aus dem Prachtbau ins Freie. Der Tag neigte sich schon.
Gerüchteweise hatte Crow erfahren, dass Drax mit ihnen nach Amarillo fliegen würde. Dort stand schließlich das Space Shuttle. Das übrigens dem Weltrat gehörte und von Drax widerrechtlich entführt worden war. Aber auf diesen Sachverhalt konnte er
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