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1470 - Der Wechselbalg

1470 - Der Wechselbalg

Titel: 1470 - Der Wechselbalg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ihn aus seinen großen Augen an. Jetzt fiel Rooney erst richtig auf, dass die Größe und die Form des Kopfes nicht zum Körper des Jungen passte. Der Kopf war einfach zu groß.
    »Man kann sie nicht beschreiben, Wayne.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie keine Menschen sind.«
    »Sondern?«
    »Wesen.«
    Wayne schloss für einen Moment die Augen. Er musste seine Gedanken sortieren.
    »Also Wesen«, wiederholte er dann. »Und du siehst mich nicht als ein solches Wesen an.«
    »So ist es.«
    »Als was siehst du dich denn an?«
    »Ich bin ein Mensch.«
    »Trotz deiner Flügel?«
    »Ja.«
    »Und warum bist du dann bei den Anderen gewesen? Was hat dich dorthin getrieben?«
    »Ich weiß es nicht, Wayne. Es ist zu lange her. Ich denke dabei an Jahre.«
    »Gut, Seth, oder auch nicht gut. Wenn es jedoch über Jahre geht, müsstest du eigentlich eine Erinnerung daran haben. Oder nicht?«
    »Müsste ich. Aber sie ist nicht vorhanden. Es hat einen Riss in meinem Leben gegeben. Ich habe die Erinnerung verloren. Ich kann selbst nichts dazu. Aber es ist leider so. Du hättest mich in Ruhe lassen sollen. Jetzt steckst du mit drin.«
    Rooney hatte die Worte zwar gehört, er nahm sie nur nicht so richtig wahr. Er dachte wieder an seinen Blick nach draußen, erinnerte sich an das Fahrzeug, und plötzlich sprang ihn der Gedanke regelrecht an.
    Er musste sich keine Sorgen machen, denn er selbst hatte um den Besuch des Geister Jägers gebeten und konnte sich jetzt gut vorstellen, dass es Sinclair war, der dort im Wagen gesessen hatte. Obwohl er sich fragte, weshalb der Geisterjäger dort mit seinem Wagen stehen geblieben war, statt direkt auf das Haus zuzufahren.
    Ohne Grund hatte er das bestimmt nicht getan, und so fragte Wayne sich, ob es denn möglich war, dass Sinclair etwas gesehen hatte und er leider nicht.
    Es war möglich.
    Es war eigentlich fast alles möglich, wenn er sich Seth anschaute, dessen Flügel unter dem weit fallenden Hemd verborgen waren.
    Ihm ging es nicht gut. Rooney stellte fest, dass der Junge in den letzten Minuten abgebaut hatte. Sein Blick zeigte ein gewisses Irrlicht.
    Er konnte Wayne nicht mehr in die Augen schauen. Irgendetwas lenkte ihn ab.
    »Was ist mit dir passiert, Seth?«
    »Ich spüre sie.«
    »Ja, das hast du schon mal gesagt.«
    »Ich bedaure dich, Wayne. Du hättest mich nicht finden dürfen. Jetzt bin nicht nur ich in Gefahr, sondern auch du. Und ich kann dir nicht helfen.«
    »Da mach dir mal keine Sorgen, denn…«
    Seth unterbrach ihn. »Sie kommen näher. Sie sind jetzt da.«
    Wayne wartete mit seiner Antwort. »Das mag schon sein, aber ich sehe sie nicht.«
    »Glaub es mir trotzdem, Wayne. Ich lüge nicht. Ich kann bei diesen Dingen nicht lügen.«
    »Okay, belassen wir es dabei. Du kannst nicht lügen, aber du kannst sie auch nicht sehen.«
    »Richtig.«
    »Was kannst du dann?«
    »Sie spüren«, flüsterte er. »Ja, ich kann sie spüren. Sie übernehmen das Haus.«
    Seth hatte leise gesprochen. Jetzt bildete sich auf seinem Körper eine Gänsehaut.
    »Und weiter?«
    Der Junge schaute an Wayne Rooney vorbei. Dabei bewegte er unruhig seine Augen.
    »Bitte, ich warte!«
    »Nichts weiter, Wayne, gar nichts. Es ist wirklich meine Sache. Sie sind für dich und mich noch unsichtbar, aber ich kann sie hören. Ihre Stimmen sind in meinen Ohren, und die Echos klingen durch meinen Kopf.« Zum ersten Mal seit längerer Zeit verzog er seinen Mund. »Dabei will ich sie nicht haben, verdammt. Nein, ich will es nicht. Sie – sie – sollen aus meinem Kopf verschwinden.«
    »Was sagen sie dir?«
    »Sie freuen sich.«
    »Was?«
    »Ja, sie freuen sich, dass sie mich gefunden haben. Und sie wollen mich wieder zu sich holen. Aber ich will nicht bei ihnen bleiben.«
    Seth schüttelte wild den Kopf. »Nein, verdammt, das will ich nicht. Ich gehöre nicht zu ihnen, trotz der Flügel. Ich bin doch so anders als sie.« Er hörte auf zu reden, aber er stöhnte lang gezogen auf und presste beide Hände gegen die Ohren.
    Wayne gab keinen Kommentar ab. Nur war er inzwischen sicher, dass Seth ihm nichts vormachte. So perfekt konnte man nicht schauspielern. Seth litt wirklich.
    Er blieb zwar auf dem Stuhl hocken, aber er schwang dabei von einer Seite zur anderen, die Hände weiterhin gegen seine Ohren gepresst. Die Augen waren noch größer geworden, und sein dünnlippiger Mund hatte sich dabei in die Breite gezogen.
    Er wirkte wie eine Puppe, aber nicht mehr wie ein Mensch. Man hatte ihn auf eine bestimmte Art und Weise

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