1470 - Der Wechselbalg
geworden – kalt und klamm. Rooney fasste ihn an den Schultern und zog ihn in die Höhe. Seth ließ alles mit sich geschehen. Er bewegte die Lippen, Wayne hörte ihn flüstern, aber er sprach nicht mit ihm.
Seth stand. Aber er blieb nicht stehen, es steckte keine Kraft mehr in ihm. Er sackte zusammen, und so musste Wayne ihn schon hart festhalten. Genau das beruhigte Rooney. Er wollte zusehen, Seth so schnell wie möglich aus dem Zimmer zu schaffen, wobei er hoffte, dass der Junge dabei auf den Beinen blieb.
»Komm jetzt…« Wayne zog ihn zur Tür. Seth ließ sich fast fallen und erst als er merkte, dass es nicht anders ging, kam seine Motorik wieder in Gang, und er bewegte seine Beine.
So ruhig, wie Wayne Rooney nach außen hin erschien, war er in seinem Innern nicht. Da kochte es. Da brodelte ein Vulkan. Er hatte das Gefühl, sein Leben wäre völlig auf den Kopf gestellt worden.
Aber er wollte nicht weiter darüber nachdenken.
Er atmete auf, als er die Tür erreicht hatte. Sie war nicht zugefallen. Er musste sie nur ein wenig weiter aufschieben, um das Zimmer zu verlassen.
Er schleifte den Jungen über die Schwelle. »Komm, ich werde dich nach unten bringen. Dort können wir miteinander reden. Du musst von hier weg. Hier ist es nicht gut für dich…«
Seth gab keine Antwort. Er war überhaupt still geworden, was Rooney sehr entgegen kam. Um die Treppe zu erreichen, musste er sich nach links drehen.
Er zog Seth dabei mit, schaute nach vorn und glaubte, zu vereisen.
In der Mitte des Flurs standen die beiden Gesichtslosen!
***
Es kam nicht oft vor, dass ein knallharter Mann wie Wayne Rooney Angst verspürte, aber in diesem Fall war es so. Er sah die beiden Gestalten und konnte mit ihnen nichts anfangen. Sie passten nicht in sein Weltbild hinein, denn sie waren völlig anders, und er war sich nicht sicher, ob er sie als Menschen einstufen sollte.
Die äußere Form der Menschen hatten sie. Aber das war auch alles, denn als Personen aus Fleisch und Blut konnte man sie nicht bezeichnen.
Sie standen nebeneinander im Flur. Da kam niemand an ihnen vorbei. Auch wenn sie nicht aus Fleisch und Blut bestanden, bildeten sie ein Hindernis, das nur schwerlich zu überwinden war. Zu ihrer Kraft kam die Fähigkeit, so plötzlich erscheinen zu können, als wären sie vom Himmel gefallen – wie eben Engel, aber als die wollte Rooney sie nicht sehen.
Mit der linken Hand hielt er den Jungen fest, mit der rechten tastete er nach seiner Pistole. Er zog sie noch nicht, weil er die Fremden nicht provozieren wollte. Obwohl die beiden Gestalten keine Augen hatten, glaubte Rooney fest daran, dass er von ihnen beobachtet wurde. Jede seiner Bewegungen vollzogen sie genau nach. Von der Hautfarbe her waren sie grau, aber nicht überall. Hin und wieder war auch ein Flirren an ihren Körpern zu sehen.
Plötzlich gaben sie preis, was sie wollten.
Bisher hatte Rooney die Stimmen dieser Gesichtslosen noch nicht gehört.
Nun vernahm er sie, und sie klangen künstlich, aber sie waren gut zu verstehen.
»Wir wollen Seth!«
Beinahe hätte Rooney gelacht. Klar, es lag auf der Hand, dass sie ihn wollten. Aber es gab auch bei dem Polizisten eine Grenze, die nicht überschritten werden durfte, denn Wayne fühlte sich für den Jungen verantwortlich.
»Nein, ihr bekommt ihn nicht! Er ist von euch weggelaufen, und das wird seine Gründe haben. Er will nicht zurück zu euch, verdammt noch mal. Hört ihr?«
Die Wesen hatten ihn gehört. Nur wartete Wayne Rooney vergeblich auf eine Antwort. Aber die beiden reagierten trotzdem. Sie schwebten voran, und plötzlich war alles anders. Rooney kam nicht mehr dazu, seine Waffe zu ziehen. Er erlebte einen Anprall der Gesichtslosen, der ihn zwar nicht zu Boden schleuderte, aber trotzdem so etwas wie ein Stoß war. Er konnte sich nicht halten. Der Junge wurde ihm entrissen. Er selbst prallte gegen die Wand und wollte sich von ihr abstoßen, als er die Gestalt dicht vor sich sah.
Sie griff zu.
Ob sie nun Hände um Rooneys Hals gelegt hatte, das wusste er nicht. Es war nur ein wahnsinniger Druck vorhanden, der ihm die Luft raubte. Da half es ihm auch nicht, wenn er die Waffe zog und schoss. Das waren keine normalen Feinde, er wurde hier von Gestalten angegriffen, die es normalerweise nicht geben durfte.
Er sackte in die Knie.
Sein Gehör funktionierte noch, aber er glaubte, dass jemand Watte in seine Ohren gesteckt hatte. Was er hörte, das klang sehr undeutlich und verhalten.
Es war der Schrei des
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