1471 - Igors Zombietruppe
verdichtete sich immer mehr in ihrem Kopf.
Auch sie verriet sich durch kein Geräusch, wo sie sich befand. Sie wollte alles auf sich zukommen lassen und erst im letzten Moment eingreifen und zuschlagen.
Vor ihr lagen weitere Minuten des Abwartens. Solange sie nicht sicher war, dass von diesen Gestalten eine Gefahr ausging, wollte sie nicht den Anfang machen. Sie brauchte einen Hinweis, ein Zeichen, dass die beiden auf sie fixiert waren.
Und das waren sie auch.
Sie trennten sich.
Jeder nahm sich einen Gang vor. Es waren die beiden Gänge an den teilweise geborstenen Glaswänden entlang.
Jetzt hörte Karina die Schritte. Da trat keiner von ihnen fest auf.
Die Schuhsohlen schleiften über den Boden.
Karina sah nur ihre Unterkörper. Sie schaute zu, wie sich die Beine fast marionettenhaft bewegten, und sie sah auch die Hände, die durch den jeweiligen Schwung der Arme vor und zurück pendelten.
Es würde nicht mehr viel Zeit vergehen, dann hatten die Gestalten ihre Höhe erreicht. Sie war schon jetzt gespannt darauf, wie sich die beiden Typen dann verhalten würden.
Karina Grischin erlebte Augenblicke, in denen die Zeit nicht mehr vorhanden zu sein schien.
Es gab nur die reine Konzentration. Das Lauern, das Abwarten, bis der entscheidende Punkt erreicht war. Sie ahnte ja, dass die andere Seite etwas von ihr wollte, nur musste sie den richtigen Zeitpunk herausfinden, um erfolgreich zuschlagen zu können.
Karina hütete sich davor, normal ein- oder auszuatmen. So flach wie möglich atmete sie die verbrauchte Luft aus, sodass sie selbst kaum etwas hörte.
Der Blick nach rechts, der Blick nach links, und sie sah, dass die beiden Gestalten nicht mehr weitergingen. Genau auf ihrer Höhe blieben sie stehen.
Also doch!
Gesehen worden war sie nicht. Man hatte sie gerochen, erschnüffelt oder was immer auch. Jedenfalls gab es für sie keinen anderen Grund, weshalb sie gestoppt hatten.
Schießen?
Jeweils rechts und links auf die Beine zielen?
Das wäre eine Möglichkeit gewesen, aber Karina wollte abwarten.
Zum einen war sie bisher noch nicht bedroht worden, zum anderen war sie nicht sicher, ob es sich tatsächlich um Zombies handelte. Ungewöhnliche Gestalten waren sie schon, denn sie taten nichts. Sie hätten sich über das metallene Hochbeet verständigen können, was ihnen jedoch nicht in den Sinn kam. So blieben sie weiterhin stehen und warteten ab.
Karina hatte dazu nicht viel Lust. Sie dachte über einen Plan nach, das zu ändern. Was würde passieren, wenn sie plötzlich auftauchte?
Wie der berühmt Blitz aus heiterem Himmel.
Auch Zombies konnten einen Moment der Überraschung erleben, und darauf setzte sie.
Karina hatte keine Eile. Als sie sich nach rechts bewegte, war so gut wie nichts zu hören. Sie musste zur Seite gehen, um in einen Gang zwischen zwei Hochbeeten zu gelangen.
Die beiden Gestalten merkten nichts. Sie blieben an ihren Plätzen.
Noch blieb Karina untergetaucht, obwohl sie bereits den Gang erreicht hatte. Sie wischte sich ein letzten Mal ihre schweißfeuchte rechte Handfläche ab, um ihre Waffe fester anfassen zu können.
Dann zählte sie im Geiste. Eins, zwei…
Bei drei schoss sie hoch und stand plötzlich genau zwischen den beiden Gestalten…
***
Sie hatte sich ihnen gezeigt, und gleich würde sie wissen, was die andere Seite tat.
Nichts!
Die beiden hatten nicht mit ihrem plötzlichen Auftauchen gerechnet. So bekam Karina Zeit, sich die Typen genauer anzusehen. Auf den ersten Blick glaubte sie, dass es Zwillinge waren. Das waren sie aber nicht, nur glichen sie sich sehr, denn ihre Köpfe waren so gut wie kahl, und das Grau der Gesichter schien im inzwischen fahl gewordenen Licht zu verschwimmen.
Karina konnte sich nicht auf beide Personen zugleich konzentrieren. Entweder die rechte Gestalt oder die linke, und sie entschied sich für die linke, hielt ihren Kopf dabei allerdings so, dass sie aus dem Augenwinkel die Bewegungen des anderen wahrnehmen konnte.
Mit der Waffe zielte sie auf die Stirn der Gestalt, die jetzt ihre Frage hörte.
»Wer bist du?«
Der Mann öffnete den Mund. Karina hatte sich auf die Augen konzentriert. Was sie dort sah, ließ sie leicht erschauern. Das war nicht mehr der Blick eines normalen Menschen. Ein kaltes Starren ohne einen Ausdruck.
»Kannst du nicht reden?«
Der Kerl schien die russische Sprache nicht zu verstehen. Was aus seinem Mund drang, war nicht mehr als ein Röcheln, verbunden mit einem Krächzen, das tief aus der Kehle kam.
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