1473 - Sandrines Voodoo Lehre
werden.« Der Arzt schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was hier vorgeht, denn es ist nicht der erste Fall hier in diesem Kaff, bei dem was nicht stimmt. Allmählich spricht es sich herum, und ich hoffe nicht, dass die Presse davon Wind bekommt.«
»Das hoffe ich auch.«
Es hatte keine großen Probleme mehr gegeben. Harrys Aussagen stimmten mit denen der anderen Zeugen überein. Er und Dagmar waren wieder zurück zum Hotel gegangen.
»Willst du schon aufs Zimmer, Harry?«
»Nein.«
»Okay, ich auch nicht. Ich brauche jetzt einen Drink. Die Außenbar im Innenhof hat noch geöffnet.«
»Moment mal, Dagmar, da ist noch etwas.«
»Was denn?«
»Ich muss dir was zeigen.« Harry holte die kleine Weichholzpuppe aus der Jackentasche. »Die habe ich am Rand des Platzes gefunden, und ich gehe davon aus, dass sie gefunden werden sollte, damit alle wissen, mit welchen Methoden der Täter seinen verdammten Rachefeldzug durchzieht. Er scheint sich immer sicherer zu fühlen.«
Dagmar nahm die Puppe an sich und betrachtete sie von allen Seiten.
»Das ist eindeutig Voodoo«, sagte sie leise.
»Leider. Voodoo in seiner grausamsten Form. Ich brauche da nur an den toten Garnier zu denken.«
»Und jetzt dieser Alain.« Dagmar reichte Harry die Puppe wieder zurück und schüttelte den Kopf. »Jemand muss einen wahnsinnigen Hass auf die Menschen haben, die hier im Ort leben. Aber warum hat jemand einen so großen Hass? Die Antwort kennst du.«
»Man wird ihm etwas angetan haben.«
»Genau.«
Harry schlenderte schon auf den mit Steinen belegten Vorplatz des kleinen Hotels zu. »Ich werde dafür sorgen, dass man die Puppe untersucht. Außer meinen Fingerabdrücken sind sicherlich noch andere zu finden, die uns dann zum Täter führen.«
»Oder zu einer Täterin. Vergiss nicht, dass Voodoo auch von Frauen praktiziert werden kann.«
»Ja, das stimmt schon.«
Sie traten durch das Licht am Eingang, und vor ihnen schob sich die Glastür zur Seite. Die Kühle des Empfangsbereichs umfing sie, und sie wandten sich nach links. Dort führte der Weg in den Innenhof, wo die kleine Bar stand.
Albert Noir war an diesem Abend der Barkeeper. Die kleine Bar selbst war frei von Gästen. Wer noch im Freien seinen Drink nehmen wollte, saß an den Tischen in der Nähe.
»Hallo, welch netter Besuch«, begrüßte der Hotelier die beiden.
»Das ist die richtige Zeit für einen Schlummertrunk.«
»Haben wir uns auch gedacht«, sagte Harry und rückte Dagmar einen Hocker zurecht.
Beide setzten sich und bestellten den Cocktail des Hauses, der nach Pfirsich schmeckte, wobei der Champagner noch auf der Zunge perlte.
»Für mich noch zuvor ein kleines Bier!« bestellte Harry.
»Mach ich.«
Er bekam es. Das Glas war nicht zu groß, sodass er es in zwei Schlucken geleert hatte.
»Das tat gut.« Harry schaute sich um. Wer wollte, der konnte sich hier herrlich entspannen. Das weiche Licht, das die in Kübeln wachsenden Sträucher abgaben, weil in ihnen helle Girlanden hingen, die sanfte Backgroundmusik, der dunkle Sternenhimmel und die laue Luft, das hatte schon was. Perfekter hätten die Urlaubstage nicht sein können, wenn es nicht dieses im Hintergrund lauernde Grauen gegeben hätte.
Albert servierte die Drinks. Auf beiden Gläsern lag ein mit Pfirsichen bestückter Spieß, den beide gern abknabberten.
»Sie waren unterwegs, nicht?«
»Ja.«
»Haben Sie auch die Sirene des Notarztes gehört?«
»Haben wir.«
»Auch etwas gesehen?«
Bisher hatte nur Dagmar die Antwortengegeben. Das änderte sich jetzt, denn Harry übernahm das Wort.
»Wir haben sogar veranlasst, dass der Notarzt kam.«
»Bitte?«
»So war es.«
»Aber warum?«
Harry überlegte, ob er dem Hotelier die ganze Geschichte erzählen sollte. Albert Noir war ein Mensch, der in diesem Ort Gott und die Welt kannte. Möglicherweise fanden sie hier den Beginn einer Spur.
Nur wollte er sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.
Er berichtete von der Auseinandersetzung und dem Krach auf dem Marktplatz, und beide sahen, dass sich Alberts Gesicht verschloss.
»Ja, ja, diese sogenannte Jugend. Es gibt immer wieder Ärger, wenn sie trinken. Keiner traut sich, ihnen Einhalt zu gebieten, und einen Polizeiposten gibt es hier nicht.«
Dagmar beschrieb den jungen Mann, den es erwischt hatte. Sie brauchte nicht viel zu sagen, als der Hotelier abwinkte.
»Ich weiß Bescheid. Das ist Alain. Wegen seiner langen blonden Haare nennen ihn manche den Engel. Da habe ich meine Zweifel, für
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