1473 - Sandrines Voodoo Lehre
verstehen.« Lydia Noirs Gesicht nahm einen leicht verlegenen Ausdruck an. »Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, es war mehr ein Zufall, dass ich Teile Ihrer Unterhaltung mit meinem Mann mit angehört habe. Ich weiß, um was es geht. Auch mir machen diese Taten große Sorgen. Niemand kann sagen, was hier vorgeht, und unsere Polizei hier oben können Sie vergessen. Die in Nizza ist in der Hochsaison stets überlastet, und da muss man wirklich manche Dinge selbst in die Hand nehmen.«
Dagmar nickte. »Das verstehen wir sehr gut, Madame Noir.«
»Es geht Ihnen um den Namen, wenn ich alles richtig mitbekommen habe?«
»So ist es.«
Die Frau senkte ihre Stimme. »Die Unbekannte, von der gesprochen wurde, heißt Sandrine Perrot. Sie lebt bei ihrer Mutter, und in einem Anbau neben dem Haus befindet sich ein Geschäft, dass Pauline Perrot betreibt.« Sie hob einen Finger. »Sandrine Perrot. Sie ist neunzehn oder zwanzig Jahre alt. Das wollte ich Ihnen sagen.«
Bevor sich Dagmar oder Harry bedanken konnten, huschte Lydia Noir schon davon.
Harry lächelte. »Manchmal öffnet sich eine Tür, und es fällt wieder Licht in das Dunkel.«
»Du sagst es, Harry.«
»Dann bin ich nur auf den morgigen Tag gespannt…«
***
Es hatte geklappt! Wieder einmal. Es war fantastisch gewesen, diesen widerlichen Alain fallen zu sehen, und Sandrine wusste, dass er für sein weiteres Leben gezeichnet war.
Ihre Lehre war vorbei. Ab jetzt konnte sie sich als eine Meisterin fühlen.
Sie schaute sich das weitere Geschehen aus sicherer Deckung an.
Dass die beiden Fremden sich nicht hatten einschüchtern lassen, gefiel ihr ausnahmslos gut, aber dass der Mann plötzlich in ihre Richtung kam, als hätte er Katzenaugen, die auch im Dunkeln sahen, passte ihr nicht so sehr.
Dann wurde es Zeit. Noch näher wollte sie ihn nicht kommen lassen. Für Sandrine gab es nur die Flucht, und die ähnelte schon einem überstürzten Wegrennen. Erst später fiel ihr auf, dass sie die Puppe vergessen hatte. Sie lag noch immer auf dem Stein, und Sandrine konnte sich nicht vorstellen, dass der Fremde sie übersah, wenn er den Stein erreicht hatte.
Das war ärgerlich. Das gefiel ihr gar nicht. Sie kannte den Mann nicht, und sie wusste auch nicht, ob er über irgendwelche Voodoo-Rituale informiert war. Aber die Puppe war ein Beweisstück und zugleich ein Hinweis.
Egal, jetzt war es zu spät. Auf der anderen Seite war sie froh, dass es Alain erwischt hatte. Nach Pierre Garnier war er derjenige, den sie am meisten hasste, und sie dachte schon jetzt darüber nach, ob sie es bei dem einen Angriff belassen sollte. Ein nochmaliges Zuschlagen würde seinen Tod bedeuten, und das würde ihr nicht mal leid tun. So viel stand fest.
Nachdem sie bis zum Ende der Gasse gelaufen war, blieb sie stehen und schaute zurück.
Sie sah, was auf dem Marktplatz geschah. Die Ränder des Platzes allerdings blieben im Dunkeln, und so wusste sie nicht, ob die Puppe noch da war oder nicht.
Eine Rache musste sie noch durchziehen. Es war eine Frau, die sie nicht vergessen hatte. Aber da ging es mehr um ihre Mutter und nicht um sie. Trotzdem wollte Sandrine dieser Person die Rechnung präsentieren. Und wenn sie das hinter sich hatte, würde sie den Ort verlassen. Zwar steckten noch einige Puppen in ihrem Rucksack, doch die sah Sandrine mehr als Reserve an.
Letztendlich war sie froh, das Haus zu erreichen, in dem sie mit ihrer Mutter wohnte. Ob jemand ihre Rückkehr beobachtete, wusste sie nicht. Und wenn, wer sollte da schon Verdacht schöpfen?
Sie schlich ins Haus, in dem es sehr ruhig war. Niemand war da, um sie zu begrüßen. Ihre Mutter lag längst im Bett. Da die Tür zu ihrem Schlafzimmer offen stand, hörte Sandrine das leise Schnarchen der Frau. Sie nickte zufrieden.
In der Küche legte sie den Rucksack ab und holte aus dem Kühlschrank die bauchige Flasche mit Orangensaft. Damit wollte sie ihren Durst löschen.
Sandrine trank direkt aus der Flasche.
Dann entschloss sie sich, noch eine Dusche zu nehmen.
Das kleine Bad lag am Ende des unteren Flurs. Der Duschkopf war in der Decke befestigt, und als das Wasser aus ihm rann, da hatte Sandrine das Gefühl, in einem wunderbaren Platzregen zu stehen.
Zehn Minuten genoss sie diesen Wasserstrom. Dabei hatte sie das Gefühl, auch die Schicksalsschläge der Vergangenheit abgestreift zu haben. Für sie sollte nun ein neues Leben beginnen, aber nicht mehr hier im Ort.
Da war ihr alles zu eng geworden. Sie wollte in die Stadt und
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