1473 - Sandrines Voodoo Lehre
zwar nicht nach Nizza, Cannes oder St. Tropez, sie dachte an die Metropole Paris.
Dass es nicht nur Wunschgedanken waren, lag auch an Mama Rosa. Mit ihr hatte sie über Paris gesprochen und über die ethnische Vielfalt in dieser Stadt.
Da gab es auch Ecken, in denen der Begriff Voodoo kein Fremdwort war. Da würde sie sich wohl fühlen, da würde man sie aufnehmen, denn Mama Rosa kannte sich dort aus.
Ihrer eigenen Mutter wollte sie nicht die Wahrheit sagen. Ihr nur erklären, dass sie mal für einige Wochen ausspannen wollte. Einen Trip machen, zu sich selbst zu finden, das hörte sich immer gut an.
Die Badetücher hasste sie, weil der Stoff nicht flauschig war. Er kam ihr immer so rau vor. Trotzdem trocknete sie sich damit ab und öffnete dabei das schmale Fenster, um Luft in das kleine Bad zu lassen, damit die Dampf-Schwaden vertrieben wurden.
Ihr Blick streifte über die Rückseiten der höher gelegenen Häuser.
Dazwischen breiteten sich Büsche aus, die wie eine Wand aus erstarrten, dunklen Gespenstern wirkte.
Alain lebt noch!, dachte sie und grübelte weiter darüber nach, ob sie ihn am Leben lassen sollte. Seine Puppe war sicherlich gefunden worden. Um eine neue herzustellen, fehlte ihr die Zeit. Wenn nicht auf die Voodoo-Art, dann musste sie ihn konventionell umbringen, aber das war nicht ihr Ding. Aus der Entfernung jemanden zu töten, okay, aber nahe an ihn herankommen, nein, das wollte sie nicht.
Ihr Körper war trocken. Nackt stellte sie sich vor den Spiegel. Ihre Brüste waren schwer und voll. Sie waren die einer erwachsenen Frau. Auf sie waren die Kerle schon immer scharf gewesen, besonders dieses Schwein Garnier, aber auch andere.
Sie wollte ins Bett. Sandrine ging nackt in die Küche, nahm ihren Rucksack mit und machte sich dann auf den Weg zu ihrem Zimmer.
Ihre Mutter lag noch immer da und schlief fest.
Mit müden Schritten ging Sandrine die Treppe hoch und ärgerte sich wenig später über die schlechte Luft in ihrer Bude. Dagegen half das Öffnen des schrägen Fensters.
Aus dem schmalen Schrank holte Sandrine einen Slip. Sie streifte ihn über, zog auch ein Nachthemd an und legte sich hin. Das Fenster ließ sie offen. Die paar Mücken, die den Weg in ihr Zimmer finden würden, störten sie nicht.
Dafür das Handy!
Sandrine hörte es in schrillen Tönen summen, als sie sich bereits in der Einschlafphase befand. Im ersten Moment war sie irritiert, und sie musste darüber nachdenken, wo sie den Apparat abgelegt hatte.
Dann fiel ihr der Rucksack ein, und sie war froh, dass er direkt neben ihrem Bett stand.
Sie hatte es in die schmale Außentasche gesteckt, zerrte den Klettverschluss auf und holte den kleinen Apparat hervor.
»Ja…«
»Hallo, Kindchen, du bist ja doch zu erreichen.«
Sandrine ließ sich langsam zurückfallen. »Ja, ich bin noch da. Wo hätte ich denn sein sollen?«
Mama Rosa lachte. »Oh, hat denn diese Nacht nicht für dich die Nacht der Nächte werden sollen?«
»Ja, das hat sie.«
»Und?«
Sandrine konnte nicht anders. Sie musste mit den Beinen strampeln und stieß sie wie ein Fahrradfahrer in die Luft. »Es ist die Supernacht für mich geworden, Mama Rosa.«
»Und? Hast du deine Prüfung bestanden?«
»Sehr gut sogar.«
»Genauer.«
»Einer ist tot. Mein Zauber hat ihm die Kehle aufgerissen. Der Zweite wird wohl niemals mehr hören können. Oder nicht richtig. Ich habe ihm das linke Ohr zerfetzt.«
»Das hört sich gut an.«
»Finde ich auch.«
»Und was hast du jetzt vor?« flüsterte Mama Rosa, die fast immer sehr leise sprach.
»Das kann ich dir nicht so genau sagen. Ich habe mir ja vorgenommen, den Ort hier zu verlassen und woanders hinzugehen.«
»Paris?«
»Ja, das ist mein Traum.«
Mama Rosa lachte. »Ich weiß, dass es dein Traum ist. Ich kann dich so gut verstehen, Kind.«
»Würdest du mir denn helfen und mir dort die Wege ebnen? Ich bin kein Lehrling mehr und…«
»Nicht so voreilig, auch nicht überheblich sein, meine Kleine. Es ist klar, dass ich dich nicht im Stich lassen werde, ganz im Gegenteil. Ich werde für dich sorgen.«
»Bitte?«
»Ja, ich werde in euer Dorf kommen. Morgen, nein, das ist ja schon heute.«
Plötzlich war die Aufregung da. Sandrines Herz schlug schneller.
Mama Rosa würde sich die Ehre geben und tatsächlich zu ihr kommen?
»Bist du noch da, Kindchen?«
»Ja, das bin ich.«
»Erwarte mich morgen.«
»Und dann?«
»Musst du schon gepackt haben, damit wir los können. Das ist eigentlich
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