148 - Operation Harmagedon
stiegen auf die Fluginsekten, die Andronen starteten und trugen ihre Reiter über die Wipfel des Waldes nach Osten davon. Wenige Minuten später verschwanden sie hinter dem Horizont.
Rudgaar hoffte, ihnen nicht wieder begegnen zu müssen, wenn er und Bulldogg das Schlachtfeld im fernen Osten erreichen würden. Ausgeschlossen war das leider nicht, denn auch der Fleischkoloss und seine monströse Kampftruppe zogen in den Krieg gegen die Daa'muren. Irgendwie hatte er von der Sache Wind bekommen und meinte sich »bei Maddrax revanchieren zu müssen«. Was dahinter steckte, wussten weder Bulldog noch Rudgaar.
Jemand stieg die Turmtreppe herauf. Greif schlug an, und sofort begannen auch die Jungtiere wieder zu kläffen. Rudgaar zerrte an der Kette seines alten Zuchtrüden und zischte die anderen Doyzdogger an. Sie verstummten.
Aus der Turmtür trat Takeo auf den Wehrgang, zwei seiner Eisenmänner folgten ihm. Stumm entfaltete der seltsame Mann ein Stück Papier. Wie einer, der das Befehlen gewohnt war, winkte er den Hundemeister an seine Seite. Rudgaar gehorchte widerspruchslos. Er hatte großen Respekt vor dem Mann, der angeblich mit der Zeit all seine Körperteile und Innereien gegen Metall und Tekknik ausgetauscht hatte und der seit mehr als fünfhundert Wintern über diese Erde wandelte.
»Siehst du den Fluss?« Das Papier war eine Landkarte, und Takeo deutete auf eine Stelle, an der sich ein großer Flusslauf zu einem See verbreitert hatte. Rudgaar nickte. »Am Westrand dieser Ruinenstadt hier wird er auf euch warten. Ich sorge dafür, dass er Bescheid bekommt.« Takeo faltete das Papier zusammen und drückte es dem Hundemeister in die Hand.
»Lebt wohl und viel Glück.«
Er wandte sich ab und verschwand wieder im Turm. Seine Eisernen hinterher. Bald hörte man ihre schweren Schritte auf den Steinstufen.
Bulldogg und Rudgaar beugten sich über die Mauer und beobachteten den Aufbruch Takeos und seiner Eisenkrieger. In fünf großen Schwebewagen verließen sie die Siedlung;
»Großraumgleiter« nannte Takeo seine Wagen. Ihnen folgten etwa ein Dutzend Plattformen, die ebenfalls schweben konnten.
Auf jeder befanden sich mindestens zwei Eisenmänner – die nannte Takeo übrigens RoCops –, auf zweien zudem insgesamt sechsundfünfzig waffenfähige Männer und Frauen aus Beelinn, Pottsdam und den Wäldern der Umgebung. Spätestens in Moskau würden weitere Bewaffnete auf die Plattformen steigen.
Die Hunde machten keinen Mucks mehr. An die zweihundert Bürger Beelinns hatten sich auf der Mauer und vor dem Tor versammelt und taten, was auch Bulldogg und Rudgaar taten: Sie blickten dem über den Wald davon schwebenden Konvoi hinterher. Einige winkten.
»Es ist Zeit«, sagte Rudgaar irgendwann. »Wir sollten die Frekkeuscher satteln und aufbrechen.«
»Ja, du hast Recht.« Bulldoggs Stimme klang ungewöhnlich heiser. »Lass mich nur noch meiner Frau und meinen Kindern Lebwohl sagen. Wer weiß…« Er führte den Satz nicht zu Ende.
***
25,36 Kilometer über dem Nordatlantik, September 2521
Er wählte. Und hielt doch mit einer Faser seines Geistes zugleich seine alte Existenz fest.
Nicht mehr lange, und er würde wieder jenen warmen Ozean erreichen, den die Primärrassenvertreter »Pazifik« nannten. Pazifik – wie fremdartig das klang. Und wie verheißungsvoll zugleich…
Schon sank Thgáan. Langsam zwar, aber er sank. Und er war entschlossen, weiter zu sinken; er war entschlossen, in den warmen Ozean einzutauchen und die Bestimmung hinter sich zu lassen, für die er geschaffen worden war. Es sei denn… es sei denn, ein mentaler Impuls seiner Herren erreichte ihn vor dem endgültigen Eintauchen. Aber daran glaubte er schon nicht mehr.
Jetzt flog er über dem Kontinent, den sie Meeraka nannten.
Dort unten, an seiner Ostküste, stand ein Daa'mure mit Namen Mon'lun'baaton mit einem wichtigen Primärrassenvertreter in Kontakt. Irgendwo in der Nähe einer Siedlung, die sie Waashton nannten.
Thgáan sank weiter. Sein Atem und der Wasserdampf, der von seiner Haut aufstieg, verwandelten sich in Eiskristalle. Von seinen Schwingen schneite es, Eiszäpfchen wuchsen an den Lefzen seines Rachens. Zwischen kleinen Wolkenfeldern konnte er die türkisfarbene Fläche des Meeres erkennen, und scharf abgegrenzt von ihr die Ostküste des Kontinents, den sie Meeraka nannten.
Er sank auf unter zwanzig Kilometer. Schon begann die Kälte in seine Muskulatur zu dringen. Gleichgültig. Er würde die eiskalten Regionen dieses
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