1482 - Clarissas Sündenfall
zweite Rocker, ein Typ mit Glatze und einer dämlichen Tätowierung auf der Stirn, hielt eine Waffe in der Hand. Es war ein Revolver, den er golden lackiert hatte.
Fragen waren nicht viele gestellt worden. Die Rocker wollten nur wissen, wer wir waren, und dass wir vom Bistum kamen, das hatten sie akzeptiert. Aber sie waren unsicher geworden, wie es mit uns weitergehen sollte. So hatten sie sich flüsternd beraten und waren schließlich zu einem Entschluss gekommen, der in einer Frage mündete.
»Gibt es hier einen Keller?« fragte der Anführer.
»Nein!«
Er glaubte der Nonne und wollte wissen, ob es einen Raum gab, der abgeschlossen werden konnte und eine stabile Tür hatte.
»Ja, die Küche.«
Elton grinste, bevor er sagte: »Dann gehen wir doch dorthin. Da braucht ihr zumindest nicht zu verhungern.«
Da hatte er recht. Allerdings wäre ihm ein Keller sicherlich lieber gewesen. Ich schöpfte so etwas wie Hoffnung, denn in einer Küche gab es sicherlich auch Fenster, die uns allerdings nur etwas nützen würden, wenn man uns nicht niederschlug und fesselte. Aber dagegen würde ich mich wehren.
Der Anführer sprach mich an. »Was wollt ihr hier genau bei den frommen Schwestern?«
»Auch ein Kloster muss Rechenschaft über gewisse Dinge ablegen. Es gibt hier eine Buchführung, die hin und wieder kontrolliert werden muss. Das ist wie in der freien Wirtschaft.«
»Aha, so ist das.«
Ich war froh, dass er mir die Ausrede abgenommen hatte. Und ich war auch froh darüber, dass wir nicht nach Waffen durchsucht worden waren. So konnte ich nur hoffen, dass er auch später nicht auf die Idee kommen wurde. Bisher hatte er uns als harmlos eingestuft, und wir taten alles, um ihn auch bei dieser Meinung zu belassen.
Die Küche war groß. Sie hatte auch zwei Fenster, was Jane und ich beim Eintreten sahen. Die Enttäuschung folgte auf dem Fuß. Beide Fenster waren durch ein Außengitter gesichert.
Die Rocker staunten. Ginny fing an zu kichern. »Das ist ja super, Elton. Da kommen sie nicht weg.«
»Ja, das sehe ich auch so.« Er wandte sich an die Oberin. »Warum habt ihr die Fenster vergittern lassen?«
»Das sind nicht wir gewesen, sondern diejenigen, die vor uns hier gelebt haben.«
»Toll.«
Elton ging durch den relativ großen Raum. Zuvor hatte er seinem Kumpel Wesley befohlen, an der Tür stehen zu bleiben. Der Tätowierte hatte sich danach gerichtet und bedrohte uns von dieser Stelle mit der Waffe. Eine Vorratskammer gab es nicht, durch die wir hätten verschwinden können.
Ich hatte Jane angesehen, dass es ihr schwerfiel, den Mund zu halten. Und sie musste einfach etwas sagen, was sie auch tat.
»Warum sollen wir hier eingeschlossen werden? Was haben wir Ihnen getan?«
Elton fuhr herum. »Wir wollen keinen Ärger, das ist es. Wenn wir mit unserem Freund wieder verschwinden, können die Nonnen euch wieder freilassen.«
»Der junge Mann braucht einen Arzt«, sagte die Oberin. »Ich kann nicht mehr für ihn tun.«
Elton verzog das Gesicht. »Wir wissen das, Schwester. Aber Sie sind sehr wichtig für uns.«
»Wieso?«
»Weil Sie einen Arzt Ihres Vertrauens kommen lassen werden. Er soll sich Oddie anschauen, und Sie werden ihm die entsprechenden Worte sagen, damit alles glaubhaft klingt.«
Angela schüttelte den Kopf. »Wenn er sich die Wunde ansieht, wird er wissen, dass sie ihm nicht durch einen Unfall zugefügt wurde. Dann wird er sich seine Gedanken machen.«
»Könnte er.« Elton grinste sie an. »Aber Ihnen wird schon eine Ausrede einfallen, die sein Misstrauen im Keim erstickt. Jedenfalls wollen wir nicht, dass er in ein Krankenhaus kommt.«
»Sie werden gesucht, wie?« fragte ich.
Elton gab auf diese Frage keine Antwort. Sein Gesicht verschloss sich und er wandte sich an Ginny.
»Geh und zieh den Schlüssel ab!«
»Und dann?«
»Wirst du ihn nehmen und unsere beiden Freunde hier einschlie ßen.«
Er wandte sich jetzt an uns. »Solltet ihr hier Terror und Lärm machen, wird es Ärger geben.«
»Wir haben verstanden«, sagte ich.
Elton schaute mich an. In seinen Augen glomm Misstrauen. »Eigentlich siehst du nicht aus wie jemand, der herumläuft und irgendwelche Bücher kontrolliert. Diese Typen stelle ich mir anders vor. Irgendwie trocken und verbiestert.«
»So kann man sich täuschen.«
»Oder auch nicht. So richtig überzeugt hast du mich nicht, Mister.«
Ich verteidigte mich nicht und hob nur die Schultern an.
Die Rocker wollten endlich aus der Küche. Ich sah, wie sich die Oberin
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