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1482 - Clarissas Sündenfall

1482 - Clarissas Sündenfall

Titel: 1482 - Clarissas Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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dauerte nur wenige Sekunden, bis wir die Küche verlassen hatten. Wir sahen niemanden. Die anderen Nonnen befanden sich wohl noch immer bei ihrer Gartenarbeit. So hatten wir das Glück, von niemandem gesehen zu werden, als wir auf die Treppe zuliefen.
    Jane Collins befand sich vor mir, und sie hatte die erste Stufe gerade erreicht, als es passierte.
    Aus einem Seitentrakt hörten wir Schreie und Stimmen, als wäre eine Welt zusammen gebrochen.
    Die Rocker drehten durch, und wir hätten verdammt gern gewusst, was der Grund dafür war…
    ***
    Oddie schaute und wusste sofort, dass er keinen Albtraum erlebte, sondern die Realität.
    Er schrie!
    Nein, es blieb beim Versuch. Aus seiner Kehle löste sich nur ein leises Röcheln. Das Gesicht der Nonne verwandelte sich für ihn zu einer Höllenfratze, deren Grinsen ihm der Teufel persönlich geschickt hatte.
    »Du bist ein böser Mensch«, flüsterte Clarissa. »Du hast anderen Menschen Unrecht getan, und dafür werde ich dich bestrafen. Erst wenn du tot bist, hast du einem anderen Menschen einen Gefallen getan. Durch meine Sühnetat kann er die ewige Ruhe finden.«
    Oddie begriff von alledem nichts. Ihm war nur klar geworden, dass er sich in einer lebensbedrohenden Situation befand, aus der er sich nicht befreien konnte.
    Dazu war er einfach zu schwach. Er sah, dass sich die Nonne bewegte. Sie richtete sich auf, um mehr Platz zu haben. Gleichzeitig hob sie die Arme. Erst jetzt sah Oddie, was sie in den Händen hielt.
    Es war für ihn zunächst nicht zu begreifen, doch er brauchte keine große Fantasie, um zu wissen, was man alles mit zwei Gartenscheren anstellen konnte.
    Ein Mordinstrument!
    »Nein, nein…«, flüsterte er. »Bitte nicht. Ich habe dir doch nichts getan …«
    »Doch! Es muss sein. Es geht nicht anders. Die Toten sollen endlich ihre Ruhe haben. Und mich haben sie geschickt, damit ich endlich meine Sühneschuld begleichen kann.«
    Oddie versagte die Stimme. Plötzlich zog sich ein Schmerz durch seine Brust, wie er ihn nie zuvor erlebt hatte. Es musste das Gefühl der Angst sein, das ihn gepackt hielt.
    Die Nonne mit den beiden Gartenscheren richtete sich auf.
    Er blickte in ihr Gesicht und sah den Glanz in ihren Augen, der schon dem Wahnsinn nahe kam.
    Die Nonne lachte kurz auf.
    Dann stieß sie zu!
    Beide Hände rammten zugleich nach unten. Clarissa traf, wo sie treffen wollte, und Oddie hatte nicht die geringste Chance, die grausame und gnadenlose Attacke zu überleben.
    Es verging bestimmt eine halbe Minute, bis die Mörderin wieder zu sich kam. Sie erwachte aus ihrem Rausch und richtete sich auf.
    Jetzt nahm sie die Umgebung wieder normal wahr. Dass Blut in ihr Gesicht gespritzt war, störte sie nicht weiter. Sie leckte sogar einige Tropfen von ihren Lippen ab, verließ die unmittelbare Nähe des Betts und schaute mit verdrehten Augen zur Decke, als würde sich dort jemand befinden, der seine Zustimmung für diese Tat gab.
    Als sie einatmete, da hörte es sich an, als würde sie schlürfen, und sie lächelte verklärt und leicht dem Wahnsinn nahe. Die Blicke blieben weiterhin auf die Decke gerichtet, als würde sie von dort oben ein Lob erwarten.
    »Ich sühne«, flüsterte sie. »Ich werde auch weiterhin meinen Sühneweg gehen, bis ihr eure Ruhe findet. Ja, das muss ich tun, und davon hält mich auch niemand ab.«
    Es war genug gesagt worden. Auf eine Antwort wartete sie nicht.
    Dafür putzte sie die beiden Scheren flüchtig an ihrem Rock ab. Mit langsamen Schritten bewegte sich Clarissa auf die Tür zu. Ihr Gesicht glich einer Maske, nur der Mund war leicht in die Breite gezogen und zeigte das Lächeln einer Siegerin.
    Sie war sehr mit sich zufrieden, und sie setzte darauf, dass es andere auch sein würden. Der Himmel würde ihr die große Gnade schenken, das war wichtig. Darauf setzte sie.
    Sie dachte auch daran, wie sie sich auf der Erde und im normalen Leben zu verhalten hatte. Als sie die Tür öffnete, ging sie sehr vorsichtig zu Werke.
    Der Blick in den Flur!
    Zu sehen war nichts, und sie hörte auch keinerlei Stimmen aus dem Bereich des Eingangs.
    Das sah sie schon als sehr positiv an. Die guten Geister schienen sich auf ihre Seite gestellt zu haben. Wie hätte es auch anders sein können?
    Clarissa steckte ihre beiden Mordwaffen nicht weg. Sie behielt sie in den Händen, schlenkerte sie hin und her.
    Am Ende des Flurs blieb sie stehen. Sie warf einen Blick in den Bereich des Eingangs, doch auch dort hielt sich niemand auf, und Clarissa freute

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