Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1482 - Clarissas Sündenfall

1482 - Clarissas Sündenfall

Titel: 1482 - Clarissas Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Ruhe tat ihr gut, und sie lag auch absolut still in ihrem Bett.
    Die alte Matratze war schon etwas durchgelegen, aber das machte ihr nichts aus.
    Wie immer wurden ihr die Augen schwer. Clarissa bemühte sich auch nicht, sie offen zu halten. Sie schlief ein.
    Das war bei ihr wie ein Wegsacken, denn plötzlich war sie nicht mehr vorhanden.
    Ein Körper, der auf dem Bett lag und träumte. Starr wie eine Leiche, aber in ihrem Kopf entstanden wieder die Bilder, die die Realität wiedergaben…
    ***
    Ein Krankenzimmer.
    Nicht eben groß, nicht gut möbliert. Alte Möbel standen herum.
    Fotos auf einem Regal. Sie alle zeigten die Frau, die im Bett lag, in den Jahren, als sie noch jung und glücklich gewesen war.
    Das stimmte nicht mehr.
    Jetzt war sie fast neunzig, lag nicht im Krankenhaus, sondern in dem Pflegeheim vor der Stadt, als hätte man sie und die anderen Alten einfach abgeschoben.
    Die alte Frau war krank, sogar sehr krank. Aber sie hatte ein starkes Herz, das einfach nicht aufhören wollte zu schlagen.
    Das Bett hatte sie schon seit Monaten nicht mehr verlassen. Sie wurde gefüttert und gewaschen, alles in diesem Bett. Man schnitt ihr die Haare, und auch die Nägel an den gichtkrummen Fingern.
    Jeder wünschte ihr ein schnelles Ende, damit die Leiden aufhörten, denn der bösartige Krebs brachte immer wieder die Schmerzen mit.
    Sprechen fiel der Frau oftmals schwer. Hin und wieder drang dann ein kratziges Flüstern aus ihrem Mund, und wenn die Worte durch einen Zufall zu verstehen waren, dann redete sie vom Tod und vom Himmel, der sie endlich zu sich holen sollte.
    Er tat es nicht. Der Herrgott wollte sie noch nicht. Er hatte einfach kein Erbarmen mit ihr.
    Und so siechte sie weiter dahin, und alles Flehen hatte bei den Pflegekräften nur Kopf schütteln ausgelöst.
    Ob es Tag war oder Nacht, die Greisin wusste es nicht. Sie vegetierte dahin. Hin und wieder wurde die Eintönigkeit durch den Besuch des Pflegepersonals unterbrochen.
    So auch in dieser Nacht.
    Die Frau hatte nicht bemerkt, dass jemand das Zimmer betreten und die Tür wieder lautlos hinter sich geschlossen hatte. An der Wand gab es eine alte Leuchte, die einen gedämpften Schein abgab, der aber ausreichte, um das Bett und die darin liegende Frau zu erkennen.
    So gut wie lautlos ging die Besucherin auf das Bett zu und blieb dort in Brusthöhe der Alten stehen.
    Die Greisin war noch wach. Das bleiche Haar umgab den Kopf wie ein dünner Flaum. Die Augen und der Mund waren eingefallen, aber die zittrigen Lippen bewegten sich.
    »Clarissa, sind Sie es?« fragte sie mit überraschend klarer Stimme.
    »Ja, Mrs. Cunningham.«
    »Und…?«
    »Ich wollte nur nach Ihnen schauen und Sie fragen, wie es Ihnen geht.«
    Die Reaktion bestand aus einem Lachen oder Husten. So genau war das nicht zu unterscheiden.
    »Bitte, Mrs. Cunningham, strengen Sie sich nicht an. Ich…«
    »Nein, nein, schon gut – froh, dass Sie hier sind.«
    »Möchten Sie vielleicht etwas trinken?«
    »Ja – bitte…«
    Das Wasser stand immer bereit. Clarissa goss etwas davon in eine Trinkschale, stellte das Kopfende des Bettes ein wenig höher und setzte die Schale an die rissigen und blassen Lippen der Frau.
    Mrs. Cunningham trank. Sie schlürfte das Wasser, von dem auch ein Teil an ihrem Kinn entlang nach unten rann. Clarissa wischte es nach dem Trinken weg.
    »Geht es Ihnen jetzt besser?«
    »Ja, das war schön…«
    »Gut, dann…«
    »Nicht gehen, Clarissa, nicht gehen. Ich muss Ihnen noch etwas sagen. Ich habe es Ihnen schon oft gesagt, aber in dieser Nacht ist es mir besonders ernst.«
    »Bitte.«
    »Ich – ich – will sterben«, brachte sie mühsam hervor. »Ja, ich möchte nicht mehr leben. Die Schmerzen und der Teufel Krebs machen mich fertig. Sie fressen mich von innen her auf. Es nutzt auch nichts, wenn Sie mir Morphium geben, ich will einfach nicht mehr länger auf dieser Welt bleiben. Verstehen Sie das?«
    »Ich versuche es.«
    »Dann helfen Sie mir!« Die Greisin drehte den Kopf etwas zur Seite, damit sie der Schwester ins Gesicht schauen konnte. Sie wollte dadurch ihren Wunsch noch stärker verdeutlichen.
    »Wie ernst ist es Ihnen damit?«
    »Sehr ernst. Sie – Sie – sind ein Engel, Clarissa. Aber bitte, werden Sie zu meinem Todesengel. Ich will nicht mehr leben. Ich will zu meinem Mann und meinen Geschwistern. Ich weiß, dass sie auf mich warten…«
    »Schon gut, Mrs. Cunningham.«
    »Haben Sie mich denn verstanden?«
    »Das habe ich.«
    »Würden Sie es

Weitere Kostenlose Bücher