1483 - Der Hollywood-Vampir
Die Wachtposten, die sich nicht zurückgezogen hatten, mussten uns für kleine Kinder halten.
Es war wirklich eine große Freude für mich, Abe Douglas wieder zu sehen. Der G-man mit den blonden Haaren war auch nicht jünger geworden. Man sah den ersten grauen Schimmer in seiner dichten Haarpracht und auch den leichten Faltenkranz um die Augen herum.
»Wie war der Flug?« Abe zog mich in den Raum, wo bereits Kaffeebecher und Wasser bereitstanden.
»Du wirst lachen, Abe, ich habe tief und fest geschlafen, und das über die meiste Zeit hinweg.«
»War wohl am besten. Hast du Hunger?«
»Nein, gegessen habe ich. Das Putenfleisch schmeckte sogar. Vor allen Dingen die Soße.«
»Man bessert sich. Aber einen Kaffee wirst du nehmen?«
»Da sage ich nicht nein.«
Abe ging zu einem Automaten an der Wand. »Aber vergleiche ihn nicht mit dem deiner Freundin Glenda, John.«
»Auf keinen Fall. Das wäre ja eine Sünde. Tu dein Bestes. Ich werde die Suppe dann trinken.«
»Suppe!« Abe Douglas schüttelte den Kopf. Er war jedoch so fair, sich auch selbst einen Becher zu nehmen. Wir setzten uns an einen Tisch nahe des Fensters, durch dessen Scheibe wir nicht schauen konnten, weil ein Gitterrollo davor hing.
Ich nahm die ersten Schlucke und wusste, dass Abe mich dabei beobachtete. Deshalb sagte ich nichts, nickte nur und presste die Lippen zusammen.
Einige Sekunden hielten wir das so aus, bis wir beide anfingen loszulachen. Da brauchte keiner einen Kommentar abzugeben, wir wussten auch so Bescheid.
Der Spaß war schnell vorbei, denn ich war nicht gekommen, um Urlaub zu machen.
Ich kam zum Thema und sagte: »Der Hollywood-Vampir.«
Der G-man schaute mich aus seinen blauen Augen an und nickte.
»Du sagst es, Geisterjäger.«
»Gibt es was Neues?«
Abe hob die Schultern. »Hollywood.«
»Ich verstehe nicht.«
»Er bleibt in seinem Kreis, denn er stammt aus der Szene.«
»Genauer.«
Ich bekam einen Bericht. Es ging um einen Mann namens Armando Diaz. Ein Schauspieler aus dem letzten Jahrhundert, der sich als Gruseldarsteller einen Namen gemacht hatte und von den Frauen sehr verehrt worden war. Er hatte auch nichts anbrennen lassen, und in jedem seiner Filme hatte er den Blutsauger gespielt.
Abe Douglas zeigte mir ein Bild, und ich musste zugeben, dass Armando Diaz mit seinem Aussehen wirklich der perfekte Vampir war.
Er hatte etwas Abstoßendes und zugleich Anziehendes an sich.
Sein Gesicht wirkte verlebt und geprägt von einer gewissen Sinnlichkeit. Der Blick seiner Augen konnte Frauen sicherlich dahinschmelzen lassen.
Ich gab Abe Douglas das Foto zurück. »Nicht schlecht, alter Junge, der hatte was.«
»Hat was, John. Es gibt ihn wieder, obwohl er vor fünfzig Jahren gestorben ist, als er ebenfalls fünfzig war.«
»Jetzt ist er also wieder da.«
»Ja.«
»Woran ist er damals gestorben?«
»Ich weiß es nicht. Die Umstände seines angeblichen Tods sind nie richtig aufgeklärt worden. Man hat ihn in seinem Haus gefunden und dann weggeschafft. Ob es eine Beerdigung gegeben hat, lässt sich nicht mehr feststellen, jedenfalls war die Leiche verschwunden, die schon beim Bestatter lag. Man hat darüber den weiten Mantel des Schweigens ausgebreitet. Mehr kann ich nicht sagen.«
»Und jetzt ist er wieder da.«
»Auf den Tag genau fünfzig Jahre später. Er war nicht vergessen. Man hat ihm zu Ehren eine Party gefeiert, und da ist etwas passiert, was keiner begreifen kann…«
»Wird es spannend?«
»Das kannst du laut sagen.«
In den nächsten Minuten erfuhr ich, was auf dieser Fete vorgefallen war. Man hatte ihn in einem gläsernen Sarg herangeschafft und war eigentlich davon ausgegangen, dass es sich bei ihm um eine Wachsfigur handelte, was aber wohl nicht zutraf, denn Wachsfiguren können nicht plötzlich wieder verschwinden. Das war mit ihm geschehen.
»Und welche Spur habt ihr?« fragte ich.
»Es gibt da eine Frau, die heute fünfundsiebzig Jahre alt ist. Damals war sie fünfzig Jahre jünger und in einigen Filmen die Partnerin von Armando Diaz. Die beiden hatten eine Affäre, und jetzt, wo der Todestag mit einer großen Party gefeiert wurde, ist diese Frau – Kate Rome – so etwas wie der Ehrengast gewesen. Sie muss völlig aus dem Häuschen gewesen sein, als sie ihren geliebten Armando erlebte. An sie hätten wir uns auch halten können, aber das haben wir nicht getan, weil wir es nicht konnten, denn Kate Rome verschwand noch in derselben Nacht. Davon können wir ausgehen. Du weißt, was das
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