1483 - Der Hollywood-Vampir
er trug seinen hellen Smoking, dazu das weiße Hemd, die Fliege und die Lackschuhe.
Ich schaute in sein Gesicht. Dort zeigte er seine wahre Identität, denn die beiden langen Eckzähne lauerten darauf, Wunden reißen zu können. Das war nicht alles, denn mir fiel noch mehr auf. Die Haut war so hell. Allerdings nicht bleich. Sie zeigte eine andere Farbmischung, die sich dicht unter ihr abzeichnete und zugleich eine gewisse Unruhe aufwies, als würden unter der dünnen Haut kleine Flammen zucken, in einer Mischung aus Gelb und Rot, die auch die Augen erfasst hatten.
Meine Erfahrungen mit Vampiren waren nicht eben gering. Aber so einen wie diesen hatte ich noch nie zuvor gesehen. In Hollywood schien wirklich alles anders zu sein.
Er starrte mich an.
Ich schaute zurück.
Bösartig war sein Blick. Weit aufgerissen das Maul, und ich zeigte ihm das Kreuz nicht offen, denn ich dachte an meine Neugierde, die befriedigt werden musste.
»Wer bist du?«
Ich war gespannt, ob ich auf diese einfache Frage eine Antwort erhalten würde. Der Blutsauger überlegte, und dabei dachte er nur an seinen wirkungsvollen Auftritt, denn er breitete die Arme aus, als wollte er mich umschlingen.
»Ich bin wieder da. Ich war in der Hölle. Ich war beim Teufel. Er hat mich geprägt. Er hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Ich habe ihm schon immer sehr nahe gestanden, und das hat er gewusst. Er hat mich nicht im Stich gelassen. Für die Menschen bin ich gestorben, aber nicht für den Satan. Er hat mich wieder zurückgeschickt in diese Welt, damit ich auch in seinem Sinne die Zeichen setzen kann.«
»Ein Blutsauger, den der Teufel schickte?« fragte ich. »Das ist mir neu, Armando.«
»Aber die Wahrheit. Der eine verkauft seine Seele an den Teufel, der andere sein Spiegelbild. Er ist überall und zieht die Fäden, und er hat die Macht, Wünsche zu erfüllen, so wie das in meinem Fall geschehen ist.«
»Ich sehe allmählich klarer.«
»Wie schön für dich, mein Freund.« Er ging zwei Stufen tiefer, und plötzlich bröckelte seine Sicherheit ab. Sein Blick war an mir vorbei geglitten und hatte ein neues Ziel gefunden.
Er sah seine Helferin bewegungslos auf dem Boden liegen, und sofort erreichte mich seine Frage.
»Was ist mit Kate?«
»Ich habe sie erlöst.«
»Was?«
»Du hast richtig gehört. Sie ist wieder zu einem Menschen geworden. Du kannst ihr Vampirsein vergessen, denn sie wird keinen Tropfen Blut eines Menschen mehr trinken.«
Er hatte alles gehört, und plötzlich jaulte er auf. Es war ein Laut der Wut, der jähen Enttäuschung. So etwas konnte er nicht hinnehmen, denn er fühlte sich als der King.
Für einen winzigen Moment knickte er in den Knien ein. Es war so etwas wie ein Anlauf, den er nehmen musste, um sich im richtigen Moment abzustoßen.
Von der Treppe her flog er auf mich zu. Sein Sprung war gewaltig genug, um mich zu erreichen.
Er glich einem fliegenden Kammbock, der mich von den Beinen gerissen hätte.
Auch diesmal glitt ich zur Seite, nur hatte ich mich verrechnet. Ich kam nicht weit genug weg, denn wie ein Balletttänzer hatte er mitten im Sprung seine Beine gespreizt.
Sein linker Fuß streifte mich am Kinn.
Der Tritt war ziemlich heftig, aber ich steckte ihn weg. Ich taumelte zurück, denn ich wollte zwischen uns eine genügend große Distanz bringen.
Armando Diaz landete geschickt auf dem Boden. Auf dem rechten Fuß stehend fuhr er herum. Er würde nur einen kräftigen Sprung brauchen, um mich zu erreichen, aber die Lust auf einen Kampf mit ihm hielt sich bei mir in Grenzen. Ich kannte die Stärke der Vampire verdammt gut, und deshalb erwartete ich ihn mit dem Gegenstand, den der Teufel, sein großer Mentor, am meisten hasste.
Er kam und sah das Kreuz!
Plötzlich wurde seine nach vorn gerichtete Bewegung sehr ungelenk. Er zuckte nach links, war so mit sich selbst beschäftigt, dass ich die Gelegenheit nutzen konnte.
Mit den Füßen zuerst sprang ich ihn an!
Die Schuhe rammten gegen seinen Bauch. Er torkelte zurück und prallte gegen die halb offene Tür, die er ins Schloss drückte. Der Laut hörte sich an, als wäre eine Falle geschlossen worden.
Mit einer wilden und schwingend anzusehenden Bewegung kam er wieder in die Höhe. Er sah so aus, als wollte er zur Decke fliegen und sich von dort nach unten auf mich stürzen.
Da war ich – und da war mein Kreuz!
Der Talisman spürte die andere und auch mächtige Kraft, die von Armando Diaz ausging. In meiner Hand strahlte es auf. Es
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