1483 - Der Hollywood-Vampir
interessierte nur, wie mächtig die Person war, und nicht deren Alter.
Das Licht reichte aus, um Kates Gesicht erkennen zu können. Es war sehr faltig geworden und zeigte auch eine ungewöhnliche Starre, die er bisher bei Kate nicht wahrgenommen hatte.
»Dann bin ich mal gespannt darauf, warum ich dich hier habe treffen sollen und was du mir zu sagen hast.«
»Das ist doch ein wichtiger Ort.«
»Wieso?«
»Hier hat Armando gewohnt.«
»Schon.«
»Ich war einige Male seine Partnerin und kenne dieses Haus von früher her. Du glaubst gar nicht, welche wilden Feste wir hier gefeiert haben. Regelrechte Orgien, zu zweit, zu dritt, zu mehreren. Es war der reine Wahnsinn.«
»Klar, das kenne ich. Die Szene ist schon immer ein wildes Pflaster gewesen.«
»Genau.«
»Aber ist das der Grund, weshalb ich herkommen sollte? Das ist doch alles bekannt.«
»Welche Gedanken hast du dir denn gemacht?«
»Ich weiß nicht so recht. Vielleicht habe ich auch an Armando Diaz gedacht.«
»Nicht schlecht.«
Taylor verengte seine Augen. »Ich denke soeben daran, was auf der Party passiert ist. Die Überraschung war ja Klasse. Ich habe selbst dafür gesorgt. Leider ist es dann anders gelaufen, als ich es mir vorgestellt habe. Die Wachsfigur war plötzlich weg.«
Kate übernahm das Wort. »Wachsfigur, hast du gesagt?«
»Ja.«
»Meinst du das wirklich?«
»Natürlich…«
»Kann er nicht auch echt gewesen sein?«
Robert F. Taylor wollte lachen, doch es blieb ihm im Hals stecken, und er fragte flüsternd: »Wie kommst du denn darauf?«
»Wie ich es sagte.«
»Nein, Kate, nein. Der ist nicht echt gewesen. Welch ein Unsinn. Armando Diaz ist tot und…«
»Glaubst du das?«
»Klar, verdammt!«
Kate Rome rückte noch ein wenig näher. »Dann schau mich doch mal genau an, Robert.«
»Ähm – was soll das?«
»Schau mich einfach nur an.«
»Okay, wie du willst.« Er dachte daran, dass er es früher lieber getan hatte, aber das behielt er für sich.
Sekunden später bekam er mit, dass Kate nur ihre untere Gesichtshälfte bewegte. Sie öffnete den Mund, und Taylor kamen bestimmte Szenen aus den alten Horrorstreifen in den Sinn. Da hatten sich Vampire ähnlich verhalten, wenn sie zubeißen wollten.
Hier auch?
Ja, so war es. Sie konnte es perfekt. Kate schob die Oberlippe zurück und präsentierte zwei spitze Zähne, deren Vorhandensein nur einen Schluss zuließen.
Sie war ein Vampir!
***
Der Produzent sackte nicht in sich zusammen. Er schrie auch nicht.
Er konnte auch nicht lachen. Er saß einfach nur auf seinem Platz und schüttelte den Kopf.
Da Kate Rome nach einer gewissen Zeit noch immer keine Erklärung abgegeben hatte, stellte er eine Frage.
»Was soll der Quatsch?«
»Das ist kein Quatsch.«
»Hör auf.« Er winkte ab. »Deine Zeiten im Film sind vorbei. Wenn du von mir eine Rolle als alternde Blutsaugerin haben willst, hast du dich geschnitten. Die gibt es nicht, und fertig.«
Nach dieser Antwort hätte Kate Rome eigentlich enttäuscht sein müssen, doch das war sie nicht. Sie lächelte sogar und sagte mit leiser Stimme: »Rate mal, warum ich nichts getrunken habe.«
»Keine Ahnung. Aber du wirst es mir sagen.«
»Genau, das werde ich auch. Ich habe extra nichts getrunken, weil ich etwas Besseres weiß.«
Taylor nahm es locker, obwohl es ihm schwerfiel. »Also doch ein anständiger Drink.«
»Stimmt, und etwas ganz Besonders.« Sie beugte sich ihm leicht entgegen, ohne den Mund zu schließen. »Ich werde mich nämlich an deinem Blut satt trinken, Robert…«
***
Plötzlich war der Spaß vorbei. Taylor sagte nichts, aber er spürte sehr genau, dass einiges nicht so lief, wie er es sich vorgestellt hatte.
Das roch nach Gefahr, nach Ärger. Daran, dass sich Kate Rome ein Kunststoffgebiss in den Mund gesteckt hatte, glaubte er plötzlich nicht mehr. Dann waren die Zähne echt?
»Ich weiß, worüber du nachdenkst, mein Lieber. Was immer dir jetzt durch den Kopf geht, es stimmt. Es stimmt tatsächlich. Ich spiele dir hier nicht die Blutsaugerin vor, Robert. Ich bin tatsächlich eine. Ja, ich existiere nur noch durch das Blut anderer Menschen.«
Der Produzent schloss die Augen. Was man ihm hier gesagt hatte, das musste er erst einmal verkraften. Er hatte den Eindruck, nicht mehr auf der Couch zu sitzen, sondern irgendwohin zu schweben, wo sich alle Probleme und Sorgen einfach auflösten.
Kate Rome ließ ihn in Ruhe. Sie wartete so lange, bis er die Augen wieder geöffnet hatte.
Da saß sie immer
Weitere Kostenlose Bücher