1486 - Im Tempel der Furcht
ohne zu zögern getan.
Er verlangte es nicht. Dafür wechselte er das Thema und sprach davon, dass er auch in dieser Zeit Feinde hatte.
»Welche denn?«
»Du kennst ihn.«
»Bitte, sag es…«
»Der Mann. Der Mann mit den blonden Haaren, der eine gefährliche Waffe bei sich trägt.«
»John Sinclair?«
»So kann er heißen.«
»Was ist mit ihm?«
»Du musst ihn ausschalten. Ich will nicht, dass er uns stört. Hast du verstanden?«
»Ja, das habe ich.« Rosy schaffte ein Lächeln und schüttelte den Kopf. »Aber das ist nicht schlimm. Er ist gegangen und befindet sich nicht mehr bei mir im Haus.«
»Ich weiß es. Aber er wird zurückkehren.«
»Was soll ich tun?«
»Schalte ihn aus!«
»Töten?« flüsterte Rosy.
»Wenn du willst…«
»Und dann?«
»Haben wir freie Bahn. Dann werde ich dich mitnehmen. Dann ist wieder eine Frau an meiner Seite…«
Spätestens jetzt wäre für Rosy Keller der letzte Zeitpunkt gewesen, um zu verschwinden. Sie tat es nicht. Stattdessen starrte sie in das Gesicht des Duke und nickte mit drei, vier heftigen Kopfbewegungen.
»Nun?«
»Ich bleibe an deiner Seite.«
»Dann tu das Richtige. Ich warte auf dich, Rosy. Du lebst dort, wo ich mal gelebt habe, und deshalb gehören wir zusammen.«
Er ließ ihre Hand los, die schlaff nach unten sank, gegen den Oberschenkel klatschte und in dieser Haltung blieb.
»Sorge vor, Rosy!«
»Ja, das werde ich.«
Mit einer scharfen Bewegung drehte sich die Archäologin um. Sie ließ ihren Blick durch das Arbeitszimmer gleiten. Es war bisher ihre Heimat gewesen. Hier hatte sie gearbeitet und geforscht, doch das war alles unwichtig geworden. Und sie machte sich Vorwürfe darüber, dass sie sich an John Sinclair gewandt hatte. Hätte sich der Duke ihr vorher gezeigt und sie aufgeklärt, dann wäre das nicht geschehen. So musste sie jetzt die Initiative ergreifen. Sie wollte es tun.
Sie wollte Sinclair ausschalten. Dieser Sir Baldur hatte sie in seinen Bann geschlagen, und er würde ihr völlig neue Perspektiven zeigen.
Ein anderes Leben. Eines, das…
Ihre Gedanken brachen ab, weil sie im Haus ein Geräusch gehört hatte. Das konnte nur John Sinclair sein, der mit leisen Schritten den Flur betreten hatte.
Rosy Keller musste in den nächsten Sekunden eine Entscheidung treffen. Langes Nachdenken war nicht mehr möglich.
Ihr rechter Arm bewegte sich wie von einem Zauber geführt. Ihre Hand näherte sich dem Regal, in dem einige alte Steine lagen. Sie umfasste einen handlichen, der ihr für die Tat perfekt erschien.
Danach huschte sie mit lautlosen Schritten auf die Wand zu, die im toten Winkel der Tür lag, wenn sie aufgestoßen wurde.
Nur so konnte es klappen.
Und es passierte so, wie sie es sich gedacht hatte. Die Tür wurde aufgedrückt. Sinclair konnte sie nicht sehen. Dafür jedoch würde er die Gestalt erkennen, die auf dem Stuhl saß, und genau dieser Anblick würde ihn ablenken.
Er ging einen Schritt vor. Sie sah ihn von der Seite. Die Hand hatte sie schon erhoben, und mit dem Stein, der an den Seiten sehr glatt war, schlug sie zu.
Sie traf.
Sinclair brach wie vom Blitz gefällt zusammen!
***
Ich war gefallen, ich war auch aufgeschlagen. Ich hatte die berühmten Sterne gesehen und war weggetreten, aber ich lag nicht in einer so tiefen Bewusstlosigkeit, wie ich es gedacht hatte. Ich musste mich wohl in einem letzten Reflex instinktiv zur Seite gedreht haben, sodass mich der Gegenstand nicht voll getroffen und nur für kurze Zeit außer Gefecht gesetzt hatte.
Der Schlag hätte ausgereicht, um mich zu töten, doch es wurde kein zweites Mal zugeschlagen. So lag ich nur am Boden und erlebte sehr bald die ersten Schmerzwellen, die von meiner rechten Gesichtsseite abstrahlten und bald den gesamten Kopf erfasst hatten.
Es war nicht einfach, mit der Lage fertig zu werden. Ich war groggy, und wenn ich ehrlich sein sollte, spürte ich nur meinen Kopf und nicht mehr den Körper.
Schmerzen, Stiche, die von meiner rechten Kopfseite abstrahlten und auch das Ohr nicht ausließen. Es würde dauern, bis ich mich einigermaßen bewegen konnte. Und bei mir begannen augenblicklich die Mechanismen zu reagieren. Ich war nicht zum ersten Mal niedergeschlagen worden und auch nicht zum ersten Mal aus diesem Zustand erwacht. So wusste ich genau, wie ich mich zu verhalten hatte.
Zunächst nichts tun. Keine auffälligen Bewegungen. Mich völlig leblos stellen und abwarten.
Es musste etwas passieren, denn ich glaubte nicht, dass die andere Seite
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