1489 - Die Männerfalle
»Das kann ich Ihnen sagen, Mr. Sinclair. Auch ich wurde in der Nacht von einer derartigen Frau verfolgt. Ich bin mir nicht sicher, ob die Person identisch ist mit der, die meine Schwester gesehen hat, aber ich gehe mal davon aus. Sie wollte mich finden, unbedingt, aber meine Schwester hat eben schneller reagiert, und das war gut so. Mich hat man zuvor hierher geschafft. So konnte ich entkommen.« Er schaffte sogar ein Lächeln und fragte dann: »Ob es für immer ist, kann ich nicht sagen. Ich war im Club und in diesem verdammten Dark Room. Das würde ich nie mehr wieder tun, glauben Sie mir. Oben sieht alles ganz anders aus.«
»Wie denn?«
»Party, Mr. Sinclair, alles eine große Party.«
»Und wem gehört der Club?«
»Das weiß ich nicht. Es gibt eine Leiterin. Die Frau nennt sich Caroline. Oft begrüßt sie ihre Gäste persönlich. Es ist alles so easy, das kann ich ihnen sagen. Man trifft sich, man muss die Frauen nicht anbaggern, man kann, aber diejenigen, die sich im Club aufhalten, sind ja nicht grundlos gekommen. Sie suchen das Abenteuer und den Kick. Und bei Sympathie springt der Funke eben über.«
»Klar, in der heutigen Gesellschaft gibt es eben sehr viele einsame Menschen.«
Eric Gubo trank erneut von seinem Tee. »Das können Sie nur indirekt vergleichen, Mr. Sinclair. Die Clique trifft sich ja nicht, um zu heiraten. Die Leute wollen Abwechslung, und nicht wenige unter den Gästen sind verheiratet.« Er stellte das Glas wieder zur Seite.
»Das gilt für die Männer ebenso wie für die Frauen. Alles verdammt dekadent und verlogen, würde ich sagen.«
»Aber Ihnen hat es gefallen?«
»Hm, was soll die Frage? Ich bin geschieden, Mr. Sinclair. Ich lebe zusammen mit meiner Schwester in einem Haus. Ich bin frei. Ich kann tun und lassen, was ich will. So müssen Sie das sehen. Natürlich sage ich meiner Schwester nicht, wo ich stecke, das wäre furchtbar, wenn sie das erfahren würde, aber man will auch Spaß haben, der dann ohne irgendwelche Verpflichtungen ist.«
Ich nickte. »Sicher, das kann ich verstehen, Mr. Gubo. Auch wenn mich derartige Gelüste noch nicht überkommen haben. Aber das ist unwichtig. Dieser Club ist gefährlich. Er ist – wenn man so will – eine Männerfalle. Oder liege ich da falsch?«
»Nein, jetzt nicht mehr. Ich weiß ja, was mit mir passiert ist.« Er winkte ab. »Jedenfalls wird man mich dort nicht mehr sehen, das kann ich Ihnen versprechen.«
»Das müssen Sie gar nicht, Mr. Gubo. Mir ist nur wichtig zu erfahren, wo ich diesen Club finden kann.«
Er starrte mich an. Ich sah, dass er schluckte, und er stellte dann seine Frage. »Sie – Sie wollen dahin gehen?«
»Das hatte ich vor, und ich denke, dass er erst am Abend öffnen wird. Oder nicht?«
»Doch, doch, erst am Abend.«
»Bitte, dann schaue ich mich dort mal um.«
»Als Polizist?«
»Bestimmt nicht.«
»Man ist dort stolz darauf, dass kein Anstoß genommen wird, Mr. Sinclair. Der Club ist clean. Ich meine, dass Sie vergeblich nach irgendwelchen Drogen suchen würden.«
»Klar, die sind woanders zu finden.«
»Na ja, versuchen Sie es.«
Jetzt stellte ich die entscheidende Frage. »Und wo muss ich bitte schön hin?«
»Die Adresse meinen Sie?«
»Genau die.«
»Das ist ganz einfach…«, er fing an zu lachen, »… und trotzdem nicht leicht. Sie können sich vorstellen, dass bestimmte Räumlichkeiten sehr versteckt liegen. So verhält es sich auch mit dem Club. Man sieht ihm von außen nichts an. Es ist eine alte Villa an der Themse. Sogar recht citynah und gut zu erreichen.«
Er gab mir die genaue Anschrift, die ich mir merkte, und danach verschloss sich sein Gesicht wieder, und mir fiel auf, dass er sich mit trüben Gedanken beschäftigte.
Das animierte mich zu einer Frage. »Bitte, Mr. Gubo, was ist los?«
»Ich denke an die Frau, die Verfolgerin«, flüsterte er. »Ich weiß nicht, ob sie aufgegeben hat oder ob ich noch immer auf ihrer verdammten Liste stehe.«
»Es kann sein, dass es so ist.« Ich sah sein Erschrecken und beruhigte ihn schnell wieder. »Sie brauchen sich trotzdem keine Sorgen zu machen, Mr. Gubo.«
»Warum nicht?«
»Weil Vampire Geschöpfe der Nacht sind, verstehen Sie? Tagsüber halten sie sich zurück.« Dass es auch andere gab, davon sagte ich ihm nichts. Ich dachte dabei besonders an Justine Cavallo.
Er überlegte nicht lange und fing an zu lächeln. »Ja, wenn man das so sieht, dann haben Sie recht.«
»Genau, Mr. Gubo.«
»Und bei Dunkelheit?« Jetzt schwang
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