149 - Piraten der Finsternis
Steuerkabine um.
„Das gehört drüben bei uns dazu", sagte Torben, als wolle er sich entschuldigen.
Hier herrschten hochglänzender Kunststoff, viele verchromte Griffe, Uhren, Schalter und Anzeigen vor. Die Polster waren dick und aus Leder, die Scheiben meist getönt, und alles strahlte die Tatsache aus, daß der Innenausbau des Bootes einer anderen Philosophie, der des höheren Preises, entstammte.
Im Bug war eine riesige Eignerkabine untergebracht, mit einem großen Bett mit Schlingerkanten und allem denkbaren Komfort. Kein TV-Gerät, stellte Roquette fest. Kartentisch, Navigationsecke, Küche und Stauraum waren um eine geradezu luxuriöse Bad-Toilette-Kombination gruppiert, und es gab auch eine kleine Kabine für zwei Besatzungsmitglieder. Sie diente Torben als BüroArbeitsstätte. Das Innere der NEFERTITI war, wie nicht anders zu erwarten, klimatisiert.
„Ich habe bisher nur schöne, alte Holzboote kennengelernt, richtige solide Arbeitsmaschinen", sagte sie. „Aber ich bin sicher, daß Ihr Schiff, auch diese Leistung erbringt."
„Es ist so zuverlässig wie der Skipper", brummte Torben. „Was darf ich anbieten?"
Wo auf anderen Booten bestenfalls ein Kühlschrank stand, war hier ein doppelt so großes Gerät eingebaut, eine Mischung zwischen Kühlschrank und Tiefkühlvorratsbehälter mit Eiswürfelspender. Eine eindrucksvolle Batterie Flaschen stand vor dem verspiegelten Hintergrund.
„Ich bin maßlos beeindruckt", meinte Roquette, kauerte sich vor den Kühlschrank und deutete schließlich auf eine Flasche.
„Bleiben wir beim Champagner?"
„Gern."
Aus vielen unsichtbaren Lautsprechern war klassische Musik in Stereo zu hören. Die meisten Lichtquellen waren indirekt. Torben stellte zwei große Sessel im geräumigen Achterdeck auf. Die NE- FERTITI besaß selbstverständlich auch eine Flybridge, also einen zweiten Steuerstand auf dem Dach des Deckshauses. Champagner schäumte in Gläser, die den Schiffsnamen eingeätzt trugen. „Wir haben noch rund sieben Stunden, Roquette", sagte Torben, nachdem sie saßen und die ersten Schlucke getrunken hatten. „Wollen Sie hier warten?"
Inzwischen wußten sie beide, daß sie mitten im ernsthaften Flirt waren. Roquette schlug ihre Stola zurück und kuschelte sich in den bequemen Sessel.
„Es ist Ihnen nicht allzu unangenehm?"
„Nein", sagte er ernsthaft. „Ich freue mich über jede Minute, die ich länger in Ihrer Gegenwart sein kann."
„Ich bin gern hier", antwortete Roquette und wartete darauf, daß er aufstand und sie küßte. „Und mit dem schönen Schiff könnte ich mich auch anfreunden."
„Das Glas ist leer", brummte Torben. Die meisten Skipper auf den Booten ringsum schienen noch zu essen oder schon zu schlafen. Der Hafen war ungewöhnlich ruhig. Torben holte die Flasche, und als er sich vorbeugte, um ihr Glas zu füllen, hakte Roquette ihren Zeigefinger um die breite Goldkette an seinem Hals und zog ihn zu sich heran.
„Aus diesem Grund", murmelte er mit einem jungenhaften Lächeln, ehe er sie küßte, „habe ich von korsischer Fischsuppe abgeraten. Wegen des Knoblauchs."
„Knoblauch", flüsterte Roquette eine Minute später atemlos, „ist aber gut gegen Vampire."
In dieser Zeit war es zwischen Mitternacht und Morgen kühl. Zudem wehte vom Meer her ein feuchter, kalter Wind. Roquette trug einen dicken weißen Pullover von Torben und eine Hose, die viel zu weit für sie war.
Das Haltetau am Bug war gelöst. Leise grummelten die beiden Turbodiesel. Torben stand auf der Flybridge, deutete zuerst auf die linke, dann auf die andere Festmacherleine. Die Laufplanke war eingezogen.
„Klar, Skipper!"
Roquette löste die Patentverschlüsse der Festmacherleinen in der angegebenen Reihenfolge. Langsam und überraschend leise bewegte sich die NEFERTITI zwischen den Booten hinaus, glitt in den Hauptkanal und brummte, den Lichtbündeln der beiden Scheinwerfer hinterher, auf die blinkenden Lichter der Ausfahrt zu.
Roquette machte einen schnellen Rundgang über das Deck und sah, daß jede Einzelheit bestens aufgeräumt und in Ordnung war. Dann sagte sie sich, daß Torben gewöhnt war, die NEFERTITI allein zu fahren, und daß allein schon aus diesem Grund sämtliche Vorsichtsmaßregeln der Seefahrt auf diesem Boot ständig beachtet wurden. Als das Boot die Hafenausfahrt passierte und die Maschinen schneller wurden, streckte Torben die Hand aus und rief:
„Komm rauf zu mir. Es ist nicht kalt."
Roquette kletterte über die breiten Sprossen der
Weitere Kostenlose Bücher