149 - Piraten der Finsternis
schien ganz plötzlich aufzutauchen. Es war nicht auf dem Radar zu sehen.
Aber als es aus Nordwest mit prall gefüllten Segeln heranrauschte, war es durchaus wirklich und klar zu erkennen. Torben und Roquette setzten sich auf; jede Romantik und Verliebtheit waren verflogen. Torben als erfahrener Skipper erkannte, daß dieses Schiff genau auf die Felsen zusteuerte und auch, daß es einem Typ angehörte, den es wohl im gesamten Mittelmeer nicht mehr gab.
„Los!" sagte Roquette. „Du fährst hinterher, wartest auf meine Reaktion, dann drehst du ab. Vielleicht dasselbe Manöver noch einmal. Klar?"
„Verstanden, Kommandant", sagte er und setzte sich vor das Steuer. Er schätzte die Kurse ab, bewegte beide Hebel, mit den Schrauben steuernd, ungleichmäßig und schob sie schließlich nach vorn. Das Boot drehte sich um hundertachtzig Grad und brauste dann los. Immer deutlicher wurde das Schiff, und durch das sonore Brummen der Diesel hörten sie schon jetzt den chaotischen Lärm, der vom Deck des Seglers herüberscholl. Gesang, Geschrei, laute Zurufe, Kreischen und Klirren.
„Nein! Kein Licht!" rief Roquette unterdrückt. Sie turnte die Leiter hinunter, griff in ihre Handtasche und kletterte wieder hinauf. Als Torben sah, was sie in der Hand hielt, weiteten sich seine Augen.
„Keine Fragen! Du hast es versprochen", sagte sie hart. Er nickte und konzentrierte sich auf ihr Vorhaben. Binnen weniger Sekunden hatte das Boot die höchstmögliche Geschwindigkeit erreicht, fuhr einen nicht zu engen Bogen aus und setzte sich in das Kielwasser des Seglers. Die Dämonen schienen den Verfolger nicht zu bemerken.
Einzelne Gestalten rannten über das Deck. Die Dämonen schienen neue Beute gemacht zu haben. Frauen versuchten, den Pranken der Kreaturen zu entkommen. Einige Dämonen waren in ihr grausiges Vergnügen versunken und hielten ihre Münder an die Hälse von willenlosen Opfern gepreßt. Eine haarige Kreatur mit zwei spitzen Hörnern stand am Steuer.
„Dort hinüber und gleichauf!" ordnete Roquette an. Die Motoren brüllten auf und rissen das Boot aus dem Kielwasser hinaus, bis der Bug sich auf gleicher Höhe mit dem Ruder des Schwarzen Schiffes befand.
Roquette spannte den Hahn ihrer Waffe. Schwer lag der Revolver in ihrer Hand. Sie lehnte sich gegen die Bank, packte das Handgelenk mit der Linken und zielte.
Die NEFERTITI ging näher heran. Als der Abstand nur noch sieben Meter betrug, krümmte Roquette den Zeigefinger. Der Revolver ruckte in ihren Händen.
Ein Pyrophoritgeschoß verließ den Lauf, beschrieb eine gerade Flugbahn und traf den Dämon. Roquette sah, wie die Bestie zusammenzuckte und sah daraus, daß sie getroffen hatte. Sie bewegte die Waffe und federte einige kurze Stöße mit den Knien ab.
Dann feuerte sie ein zweites Mal. Der Explosionsdonner war laut und hallend. Die schwere Silberkugel traf einen zweiten Dämon - mehr zufällig als gutgezielt.
Ein dritter Schuß warf einen Dämonenkörper, der auf das herumwirbelnde Ruder zusprang, nieder. „Weg! Schnell!"
Das Boot legte sich über, als es von Torben in eine Steuerbordkurve gezwungen wurde. Roquette drehte sich langsam und starrte hinüber auf das Achterdeck des Seglers. Auch Torben konnte seine Augen nicht von dem Bild losreißen, das er nie und nimmer zu sehen gedacht hatte.
Drei große, männliche Körper lagen auf den Planken. Immer wieder bewegten sich Gestalten hin und her und verdeckten die Einzelheiten des schauerlichen Geschehens. Die Körper schrumpften, lösten sich auf, und es schien, als würde der Wind große Ascheflocken davontreiben. Drei von zwei Dutzend! sagte sich Roquette in heller Aufregung. Vielleicht war sogar einer der d'Cavallascas darunter.
„Dasselbe noch einmal. Andere Seite!" schrie sie Torben zu. Vom Deck des Schwarzen Seglers kam gellendes Wutgeschrei. Ein Teil der Dämonen hatte das schnelle Boot bemerkt und drohte mit weit ausholenden Bewegungen.
Torben schwieg, bremste das Schiff ab, wendete fast auf der Stelle und nahm dann die Verfolgung wieder auf.
Die Dämonen merkten, daß der Tod hinter ihnen her war. Sie rannten zuerst ziellos auf dem Deck hin und her. Der Gesang hatte aufgehört, aber das rote Licht aus den Bullaugen brach sich in den aufgeregten kleinen Wellen. Wieder dröhnte das schwere Boot heran, diesmal auf der Backbordseite.
Roquette turnte hinter der Lehne vorbei und stellte sich auf die Steuerbordseite der NEFERTITI. Sie wünschte sich, Dorian Hunter stünde neben ihr. Aber sie war fest
Weitere Kostenlose Bücher