1490 - Das Rätsel der Leichenvögel
wohl bekannt, dass es ihn gibt. Mehr auch nicht.«
»Dann schauen wir ihn uns mal an.«
Nach diesen Worten ließ ich den Rover von Gelände der Tankstelle rollen. Gemeinsam hielten wir nach den Schildern Ausschau, die auf das Industriegebiet hinwiesen. Lange brauchten wir nicht zu suchen. Eine recht große Schilderwand an der linken Seite wies darauf hin.
»Super«, sagte Bill und schaute aus dem Fenster. »Es ist auch noch früh genug. Da brauchen wir nicht im Dunkeln durch den Wald zu schleichen und nach den Grabsteinen zu suchen.«
»Und du glaubst deinem Informanten?«
»Klar.« Bill schaute mich an. »Du nicht?«
Ich hob die Schultern.
»Denk an den Vogel, den dein Kreuz zerstört hat. Da gibt es etwas, das uns angehen muss. Und ich denke auch nicht, dass es nur der einzige Vogel dieser Art gewesen ist. Ich kann mir vorstellen, dass wir noch einige davon sehen.«
Bill hatte schon richtig getippt. Die Chancen standen fünfzig zu fünfzig. Nur war ich nicht unbedingt scharf darauf, einem ganzen Pulk dieser veränderten Tiere zu begegnen. Auf so etwas konnte ich gut und gern verzichten, denn einschlägige Erfahrungen hatte ich damit schon genug sammeln können. Vögel können verdammt aggressiv werden, wenn man sie verändert. Saatkrähen konnte man zwar nicht mit Adlern vergleichen, doch von ihnen angegriffen zu werden war alles andere als ein Spaß.
Wir bogen in eine recht neu aussehende Straße ab, die direkt in das Industriegebiet führte, wo sicherlich kein Mensch wohnte und nur die unterschiedlich großen Hallen standen.
Zu beiden Seiten der Straße breitete sich das brachliegende Gelände aus, das sicherlich noch bebaut werden würde, wenn sich entsprechende Investoren fanden.
Den Wald sahen wir nicht. Der würde uns erst hinter dem Industriegebiet erwarten.
Die Bauten rückten näher. An der rechten Seite führte ein schmalerer Weg in die Landschaft hinein. An seinem Ende sahen wir einen Bau stehen, in dem sich eine Gärtnerei befand, wie auf einem Hinweisschild zu lesen war.
Ich bremste abrupt.
Das konnte ich mir erlauben, weil sich hinter mir kein anderes Fahrzeug befand. Bevor Bill eine Frage stellen konnte, fuhr ich ein Stück zurück, um zur Einmündung der Straße zurückzukehren.
»Was ist denn?«
»Schau mal nach vorn und zugleich nach oben! Ich glaube, wir sind genau richtig gekommen!«
Bill hob seinen Kopf an, während ich Gas gab.
»Verdammt«, flüsterte er, »das – das sind sie.«
»Und bestimmt keine Spatzen auf Hochzeitsflug.«
Es war eine Szene, die einem Menschen einen heiligen Schrecken einjagen konnte, und wer eingeweiht war, wusste das Bild zu interpretieren.
Zahlreiche Vögel hatten sich zusammengerottet. Sie flogen in einer pfeilförmigen Formation und steuerten auf ein bestimmtes Ziel zu.
Plötzlich verloren sie an Höhe, und die Formation begann sich aufzulösen. Wie huschende Flecken verteilten sich die Tiere über den Dächern mehrerer Gebäude, von denen einige Gewächshäuser waren.
»Das ist die Gärtnerei«, sagte Bill.
»Genau.«
»Und was wollen die Tierchen dort?«
»Vielleicht haben sie Hunger auf Pflanzen.«
Ich fuhr langsamer, um nicht nur auf den Weg achten zu müssen.
So konnte ich dem Schwarm hin und wieder einen Blick gönnen.
Dabei dachte ich natürlich an die Saatkrähe im Käfig. Sie hatte ihre Farbe verändert, und ich wollte nun herausfinden, ob auch diese Vögel vor uns ein grünes Gefieder hatten.
Das war nur schwerlich zu erkennen oder überhaupt nicht.
Die Formation löste sich immer weiter auf. Die Tiere segelten immer mehr dem Boden entgegen und damit auch den Gebäuden. Wo sie schließlich alle landeten, war für uns nicht mehr zu erkennen.
»Das waren nicht wenige«, sagte Bill. »Und es hatte den Anschein, als wüssten sie genau, was sie dort wollen.«
»Es geht ihnen um das Haus.«
»Nur?«
Ich hob die Schultern. »Ich gehe mal davon aus, dass dort Menschen wohnen.«
»Eben. Wäre ideal für die Betreiber der Gärtnerei. Ich denke mal, wir sollten unsere Fahrt zum Friedhof unterbrechen und nachschauen, was unsere gefiederten Freunde hier machen.«
Bill war mir mit seinem Vorschlag zuvorgekommen. Ob uns die Tiere entdeckt hatten, das war zweitrangig. Ich hatte jedenfalls vor, bis an das Haus heranzufahren. Die beiden Gewächshäuser lagen hinter dem Wohngebäude auf dem gleichen Gelände, um das ein recht hoher Zaun gespannt war.
Menschen waren nicht zu sehen. Aber wir sahen vor der Haustür ein Auto stehen. Es war
Weitere Kostenlose Bücher