1498 - Horrortrip des Sensenmannes
hatte die drei Verdächtigen wieder in die Schule aufgenommen. Das Leben ging weiter, und das bis zu einer bestimmten Vollmondnacht, als plötzlich der Sensenmann auftauchte. Das Totenreich hatte seinen Rächer entlassen. Der Reihe nach erwischte es die Mörder. Sie alle wurden durch die scharfe Sense geköpft.
Niemand wusste, wer oder was sich hinter der Gestalt verbarg, doch von nun an ging die Angst in der Schule um, und die alte Geschichte geriet nicht in Vergessenheit. Sie wurde mündlich weitergegeben, allerdings nur hinter vorgehaltener Hand.
Jane klappte den Aktenordner zu.
»Fertig?« fragte Phil Bennett.
»Ich denke schon.«
Er trat neben Jane. »Was sagst du dazu?«
Jane rollte mit dem Stuhl ein kleines Stück nach hinten.
»Eine verdammt böse Geschichte. Da kann ich mich nur wiederholen.«
»Und sie hat leider noch kein Ende gefunden«, fügte Phil hinzu.
»Sie geht weiter.«
Jane schaute auf den geschlossenen Aktenordner. »Diesmal hat es die Rektorin getroffen. Warum?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Aber der Sensenmann hat sie geköpft.«
»Sicher, Jane. Willst du ihn fragen?«
»Das würde ich gern.«
»Lieber nicht. Außerdem wird er dich gar nicht dazu kommen lassen. Wenn du ihn siehst, verlierst du deinen Kopf.«
»Ich habe ihm nichts getan.«
»Mabel Cramer denn?«
»Wer weiß, Phil? Sie hat hier über Jahre hinweg gelebt. Sie hat sich mit der Geschichte befassen können.«
»Das haben andere auch. Jeder hier weiß von der Schreckenstat und wie die Mörder letztlich umgekommen sind. Man hat sogar von einer Rache aus dem Jenseits gesprochen. Das ist alles nicht einfach zu begreifen, wenn nicht sogar unmöglich.«
»Das sehe ich leider auch so.« Jane schlug mit der flachen Hand auf das Wachspapier. »Trotzdem steckt etwas dahinter. Etwas, das unerfüllt ist und noch bereinigt werden muss. Genau darum mache ich mir Sorgen, und zwar nicht zu knapp.«
»Ja, ich auch, und ich denke die ganze Zeit schon darüber nach, ob wir die Schule nicht evakuieren sollen.«
»Zur Not auch das.«
»Überzeugt bist du nicht?«
Jane nickte Phil zu. »So ist es.«
»Und warum nicht?«
»Weil ich noch an einen anderen Weg denke. Ich habe dir doch gesagt, dass ich Besuch erwarte…«
»Ach, dieser Sinclair.«
»Genau. Er heißt John Sinclair, und er ist auf Fälle wie diesen spezialisiert.«
»Das hört sich fast nach einem Supermann an.«
»Nein, nein, das ist er nicht. Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. John ist ein Mensch aus Fleisch und Blut und nebenbei noch ein toller Freund. Aber was hier geschehen ist, das kann man nicht mit normalen Augen sehen. Da muss man schon hinter die Kulissen schauen. Dafür ist er der richtige Mann.«
»Aber er ist nicht da.«
»Moment, Phil, nicht so voreilig. Das wissen wir nicht. Vielleicht ist er schon eingetroffen und sucht uns oben im Internat, während wir uns hier unten verlustieren.«
»Dann können wir ja nach oben gehen.«
Jane Collins nickte. »Und die Unterlagen hier werde ich mitnehmen.«
Sie drehte den Stuhl zur Seite und wollte aufstehen, aber ein hartes und fremd klingendes Geräusch drückte sie wieder auf den Stuhl zurück.
»Was war das, Phil?«
Der Lehrer hob die Schultern.
»Was denn? Ich habe nichts gehört.«
»Ich habe mich nicht getäuscht.«
»Wonach hat es sich denn angehört, Jane?«
Die Detektivin war noch nicht aufgestanden. Von ihrem Platz aus schaute sie direkt in den Gang zwischen den Regalen, den sie vor kurzem erst gegangen waren.
Er war leer…
»He, ich warte noch auf deine Antwort.«
Jane spürte ein Kribbeln im Nacken.
Ihre Kehle war plötzlich eng geworden. Das normale Luftholen bereitete ihr Schwierigkeiten, und ihre Stimme klang plötzlich gepresst.
»Das war ein Schleifen, vielleicht auch ein hohes Singen. Als hätte jemand etwas über den Boden gezogen. Metall auf Stein…«
»Eine Sense?« hauchte Phil mit Zitterstimme.
»Das wäre schon möglich.«
Er hielt den Atem an. Erst nach einer Weile konnte er wieder sprechen. »Dann ist er es – oder?«
»Mal nicht den Teufel an die Wand.«
Jane hatte den Satz kaum ausgesprochen, als sie weit vom, wo sich der Eingang zum Archiv befand, eine Bewegung bemerkte. Es war nichts mehr zu hören, und leider reichte auch die Stärke des Lichts nicht aus, um etwas erkennen zu können. Dass sich dort allerdings etwas tat, war beiden klar.
Phil Bennett sprach flüsternd das aus, was auch Jane dachte.
»Die Legende lebt, der Sensenmann ist wieder da!
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