15 - Geheimagent Lennet und das Kommando Sonderurlaub
gibt - wie soll ich Ihnen das erklären eine Reihe von räumlichen Darstellungen in den verschiedensten Stadien der Bewegung. Wenn sie nähertreten, entsteht für Sie der Eindruck einer Bewegung.«
»Und wie machen Sie es Monsieur, daß sich der Tisch dreht?«
»Ganz einfach. Madame Crencks hatte einen Motor mit einem kombinierten Sender und Empfänger im Sockel versteckt. Ich hatte eine Fernbedienung in der Tasche, mit der ich jeweils senden, empfangen und den Motor bedienen konnte.« Silvia und Lennet sahen sich an.
»Aber Papa, der Sockel hatte keinen Hohlraum, er war massiv!«
»Du meinst den Empiretisch?« Ja.«
»Madame Crecks hat mir eine Kopie angefertigt. Vor der Sitzung stellte ich dieses zweite Exemplar auf und versteckte das Original auf dem Speicher. Nach der Sitzung tauschte ich die beiden Tische wieder aus. Kindisch einfach.«
»Aber warum haben Sie das gemacht?« fragte Lennet.
»Das war ein Einfall von Madama Crencks. Wissen Sie, wir dachten an die Techniker Didiers, die den Tisch eventuell auseinandernehmen könnten.«
»Ich verstehe. Und gestern abend, haben Sie die Schüsse wirklich nicht gehört?«
»Aber gewiß! Und ich war entzückt, sie zu hören. Ein Beweis dafür, daß die Polizei anfängt, hysterisch zu werden. In einigen Tagen wird Didier eine Audienz beim Minister beantragen. Und dann... wird der Minister gleich eine Untersuchung veranlassen.
Ich werde aber triumphieren. Außerdem weiß ich genau, Lennet, daß Sie mich verraten werden.«
»Sie verraten?«
»Aber ja, das ist schließlich Ihre Pflicht. Glauben Sie, ich wüßte nicht den Grund Ihres Besuches? Ich weiß, daß sich der FND in lauter Angelegenheiten einmischt, die ihn nichts angehen. Aber wie hätte ich Ihren Besuch ablehnen können, ohne verdächtig zu erscheinen? Im übrigen habe ich mich gefreut, Sie wiederzusehen, mein Junge. Und ich wollte Silvia nicht die Freude verderben.«
»Und der ,Erdenwurm, verliebt in ein Gestirn', wurde das über Funk durchgegeben?«
»Nein, das war ich. Sie schlichen um das Haus und suchten krampfhaft nach etwas Verdächtigem. Da konnte ich nicht widerstehen, Ihnen einen kleinen Streich zu spielen.«
»Und was haben Sie jetzt vor, Monsieur?« Marais nahm ein Stück Käse von der Platte, die ihm gereicht wurde und stippte es gedankenverloren in das Pampelmuseneis. »Ich weiß es noch nicht, aber ich werde Sie auf dem laufenden halten. Im Augenblick freue ich mich über Silvias glückliches Gesicht. Für diesen Anblick könnte ich der ganzen Welt verzeihen, sogar Kommissar Didier. Wir könnten ihn doch mal zum Essen einladen.«
»Papa, du bist unmöglich!« rief Silvia.
»Also, kein Spiritismus mehr?« erkundigte sich Lennet.
»Tja...! Das kann ich Madame Crencks wohl nicht antun. Sie kommt morgen, um einen neuen Funkkanal einzurichten.«
»Dann laden wir sie eben zum Essen ein", schlug Silvia vor.
»Was, du willst sie einladen?« Der Professor war sehr überrascht.
»Ja, ich glaube, ich hatte ihr gegenüber zu viele Vorurteile.
Wahrscheinlich ist sie ganz nett. Man könnte ja Monsieur Crencks dazubitten.«
»Wenn du mir versprichst, sie nicht zu vergiften", scherzte Marais.
»Keineswegs! Also auf das Wohl von Madame Crencks!« Sie leerten ein letztes Glas Champagner und erhoben sich. Lennet beschloß, am nächsten Morgen Hauptmann Montferrand anzurufen und ihn vorsichtig zu fragen, wie er die letzten Tage seines Sonderurlaubs verbringen solle.
»Ich bewundere diese Madame Crencks immer mehr", sagte Silvia zu ihrem Vater, als sie zur Garderobe des Restaurants gingen. »Diese ständige Fahrerei zwischen Fecamp und Deauville, ganz zu schweigen von den vielen Sachen, die sie dir zur Verfügung stellte: die ,Meisterwerke' ihres Mannes, die Sender, Empfänger, den Motor, das Fernbedienungsgerät... Hat sie die an dich vermietet?«
»Nein, nein, sie hat keinen Pfennig dafür verlangt.«
»Aber Sie haben doch bestimmt die Kopie des Empiretisches bezahlen müssen?« vermutete Lennet.
»Nein! Meinen Sie, ich hätte ihn bezahlen sollen? Sie war so liebenswürdig... ich dachte, sie täte das alles aus Freundschaft.«
»Aber Papa, so eine Imitation kostet ein Vermögen!«
»Glaubst du? Und was meinen Sie, Lennet?«
»Nun, vielleicht nicht gerade ein Vermögen, aber immerhin...
Sie wollen doch nicht behaupten, daß Monsieur und Madame Crencks dies alles wirklich umsonst gemacht haben?«
»Ganz und gar umsonst. Deswegen war ich ja auch etwas verärgert, daß Silvia
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