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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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for­der­te auch heu­te noch sei­ne Op­fer! »Er kommt durch den bren­nen­den Wüs­ten­sand und wird die Welt be­herr­schen …«
    Litt er schon an Hal­lu­zi­na­tio­nen? Soll­te er es wa­gen, zu­rück­zu­schau­en? Er dreh­te sei­nen glü­hen­den, fie­bri­gen Kopf nach hin­ten und glaub­te den Ver­stand zu ver­lie­ren. Aber er täusch­te sich nicht. Ir­gend et­was war hin­ter ihm. Die­ses Et­was war noch weit ent­fernt. Es war in ei­ner Mul­de, die un­ter ihm lag. Aber die­ses dunkle, ver­schwom­me­ne We­sen schi­en ihm auf lei­sen Soh­len zu fol­gen.
    Car­no­ti stieß einen Fluch zwi­schen den Zäh­nen her­vor und be­gann zu ren­nen. Wenn er das Göt­zen­bild nur nicht an­ge­tas­tet hät­te! Wenn er aus die­ser Höl­le le­bend her­aus­käme, wür­de er nie wie­der an die­sen ver­fluch­ten Ort zu­rück­keh­ren. Die Le­gen­de stimm­te al­so. Es gab ihn, den Gott der Wüs­te!
    Ob­wohl die sen­gen­den Son­nen­strah­len durch sei­ne Stirn zu drin­gen schie­nen, has­te­te er wei­ter. Das glei­ßen­de Licht blen­de­te ihn so, daß er kaum noch et­was se­hen konn­te. Al­les be­gann sich vor sei­nen Au­gen zu dre­hen, und sein Herz häm­mer­te so hef­tig, daß er glaub­te, es müß­te je­den Au­gen­blick zer­sprin­gen. Aber er war nur von ei­nem Ge­dan­ken be­seelt: zu flie­hen!
    Sei­ne Ein­bil­dung spiel­te ihm üb­le Strei­che. Er glaub­te vor sich im Sand Sta­tu­en zu se­hen, die der gli­chen, die er ent­weiht hat­te. Sie er­ho­ben sich plötz­lich vor ihm. Sie schie­nen aus dem Bo­den zu wach­sen. Sie stell­ten sich ihm un­heim­lich dro­hend in den Weg. Man­che grins­ten ihm mit aus­ge­brei­te­ten Flü­geln ent­ge­gen, an­de­re gli­chen eher Schlan­gen oder Po­ly­pen. Aber eins hat­ten sie al­le ge­mein­sam: Sie hat­ten kei­ne Ge­sich­ter und tru­gen ei­ne drei­fa­che Kro­ne.
    Car­no­ti merk­te, daß er lang­sam den Ver­stand ver­lor.
    Als er einen Bück zu­rück­warf, stell­te er vol­ler Ent­set­zen fest, daß die schlei­chen­de Ge­stalt höchs­tens noch ei­ne hal­be Mei­le von ihm ent­fernt war. Er schrie gel­lend und stol­per­te wei­ter. Er fuch­tel­te wild mit den Ar­men her­um, um die gro­tes­ken Trug­bil­der, die ihm den Weg ver­sperr­ten, bei­sei­te zu schie­ben. Die gan­ze Wüs­te nahm ei­ne dro­hen­de Hal­tung ein. Es schi­en, als hät­te sich die Na­tur ge­gen ihn ver­schwo­ren, um ihn zu ver­nich­ten. Car­no­ti stöhn­te und lach­te schrill auf. Wür­de es nie­mals Abend wer­den?
    Als es schließ­lich Abend wur­de, nütz­te es Car­no­ti nichts, denn zu die­sem Zeit­punkt be­merk­te er es gar nicht mehr. Er war völ­lig im De­li­ri­um. Er war nur noch ein vor sich hin­plap­pern­des We­sen, das sich durch den wo­gen­den Sand schlepp­te. Und als der Mond am Him­mel stand, schau­te er auf ei­ne tor­keln­de Ge­stalt hin­un­ter, die ab­wech­selnd auf­heul­te und grell lach­te und schließ­lich zu Bo­den sank.
    Jetzt kämpf­te sich die Ge­stalt wie­der auf die Fü­ße und schau­te ver­stoh­len über die Schul­ter. Der Schat­ten kroch un­auf­halt­sam nä­her. Car­no­tis Le­bens­wil­le schi­en im Un­ter­be­wußt­sein noch ein­mal auf­zu­fla­ckern, denn er stol­per­te wei­ter, wo­bei er im­mer und im­mer wie­der ein ein­zi­ges Wort in die Nacht schrie: »Nyar­la­tho­tep!« Und der dunkle Schat­ten hin­ter ihm lag auf der Lau­er.
    Die schat­ten­haf­ten, form­lo­sen Um­ris­se muß­ten mit ei­ner teuf­li­schen In­tel­li­genz aus­ge­stat­tet sein, denn sie zwan­gen ihr Op­fer, in ei­ne ganz be­stimm­te Rich­tung zu lau­fen, als woll­ten sie es zu ei­nem be­ab­sich­tig­ten Ziel trei­ben.
    Die Ster­ne, die in­zwi­schen am Him­mel er­schie­nen wa­ren, schau­ten auf einen Wahn­sin­ni­gen her­ab, der von ei­nem Schat­ten durch die end­lo­sen Sand­mas­sen ge­hetzt wur­de. Jetzt hat­te der Ver­folg­te ge­ra­de die Kup­pe ei­nes Sand­hü­gels er­reicht und blieb mit ei­nem marker­schüt­tern­den Schrei ste­hen. Der Schat­ten blieb eben­falls ste­hen und ver­hielt sich ab­war­tend.
    Car­no­ti schau­te auf die Über­res­te sei­nes ei­ge­nen La­ger­plat­zes hin­un­ter. Es sah al­les noch ge­nau­so aus, wie er es ges­tern nacht ver­las­sen

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