15 Gruselstories
eine lodernde Flamme.
Ehe ihn die Sinne verließen, hob er mit einer letzten Kraftanstrengung noch einmal den Kopf. Der schwarze Gott stand jetzt direkt vor ihm. Carnoti nahm noch wahr, wie sich die dürren Krallen auf sein glühendes Gesicht zu bewegten. Er sah, wie sich der abscheuliche Kopf mit der dreifachen Krone zu ihm neigte. Einen schrecklichen Augenblick lang war das leere Antlitz dicht vor seinem Gesicht. Er erkannte das Grauen, das von der schwarzen glatten Fläche ausging. Irgend etwas aus unermeßlichen Abgründen starrte ihn an. Irgend etwas schien seinen flammenden Blick in ihn zu bohren; und dieses Feuer schmerzte mehr als die Glut, die ihn jetzt verzehrte. Er fühlte, daß es der Gottheit gelungen war, sich an ihm zu rächen. Das Blut kochte in seinen Adern, als er völlig im glühenden Sand versank. Doch das letzte, an das er sich erinnerte, war der gräßliche gesichtslose Kopf des Gottes und die namenlose Angst, die er verbreitete.
Dann wachte Carnoti auf.
Er war so erleichtert, daß das alles nur ein Traum gewesen war, daß er zuerst die stechende Sonne und die sengende Glut gar nicht wahrnahm. Aber als er sich dann schweißgebadet und taumelnd erhoben hatte, glaubte er, daß die glühenden Sonnenstrahlen seinen Rücken durchbohrten. Er schirmte seine Augen mit den Händen ab und starrte nach oben, um die Himmelsrichtungen festzustellen. Aber er gab es sehr schnell verzweifelt auf, denn der Himmel glich einem einzigen Feuerball, und er konnte überhaupt nichts erkennen.
Er rannte also aufs Geratewohl weiter. Aber er kam nicht so rasch vorwärts, denn der heiße Sand blieb an seinen Füßen haften. Er strauchelte hin und wieder. Der Sand schien seine Fußsohlen durch die Schuhe hindurch zu verbrennen. Sein Durst wurde immer unerträglicher. Die ersten Anzeichen eines beginnenden Deliriums machten sich bemerkbar.
Doch er rannte unaufhörlich weiter.
Er dachte flüchtig an seinen wahnsinnigen Traum. Sollte er zur Wirklichkeit werden?
Denn seine Füße wurden langsam versengt. Und sein Körper wurde ausgetrocknet. Gott sei Dank verfolgte ihn wenigstens keiner. Jedenfalls bis jetzt noch nicht! Er mußte sich zusammenreißen. Dann schaffte er es vielleicht doch noch – trotz der Zeit, die er verloren hatte. Er stolperte weiter. Vielleicht würde er auf eine vorbeiziehende Karawane stoßen. Doch nein, er befand sich weit von den üblichen Karawanenstraßen entfernt. Aber heute abend würde er beim Sonnenuntergang die Himmelsrichtung ausmachen können. Heute abend.
Diese verdammte Hitze! Und Sand, soweit das Auge reichte! Sandhügel – ach was Sandhügel: Sandgebirge! Und eins glich dem nächsten wie ein Ei dem anderen.
Und alle schwelten in der sengenden Glut!
Der Tag wollte überhaupt kein Ende nehmen. Carnoti hatte jeglichen Zeitbegriff verloren. Er war so schwach, daß er sich nur noch mühsam weiterschleppen konnte, und mit jeder Minute schwanden sein Mut und seine Zuversicht mehr dahin.
Der Horizont veränderte sich nicht. Keine Luftspiegelung unterbrach die endlose Weite. Nicht der winzigste Schatten schützte Carnoti vor der sengenden Glut.
Doch halt! War da nicht ein Schatten hinter ihm? Irgend etwas Dunkles, Formloses machte sich hinter seinem Rücken über ihn lustig. Carnoti überfiel ein schrecklicher Gedanke.
Nyarlathotep, der Gott der Wüste! Hinter ihm war ein Schatten, der ihn vernichten wollte. Diese Legende – sollte doch etwas Wahres daran sein? Die Eingeborenen hatten ihn gewarnt, seine Träume hatten ihn gewarnt, und selbst die sterbende Kreatur auf der Folterbank hatte ihn gewarnt. Der allmächtige Sendbote des Satans‹, der schwarze Mann, der von widerlichen Schlangen umgeben war,
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