15 Gruselstories
gefiel mir, ich mietete den Schuppen und verschaffte mir eine Art Gewerbegenehmigung, damit ich die Leute hier herumführen kann. Es stimmt, daß es einen Ivan Kluva gegeben hat, der in diesem Haus seine Frau umgebracht hat. Die Axt und der Haublock sind auch echt. Die Geistergeschichte ist natürlich ein Schwindel. Aber die Leute wollen so etwas hören. An manchem Wochenende habe ich zehn Stunden hintereinander zu tun. Wir leben hier – noch etwas Kognak? – äh, was wollte ich sagen – zieren Sie sich nicht. Der Alkohol ist eine feine Sache.« Das Teufelszeug rann wie Feuer durch meine Kehle. Was meinte er damit, daß die Geschichte ein Schwindel war? Als ich den Raum betreten hatte, hatte ich den Mord gerochen. Ich hatte seine Gedanken gedacht. Und dann ihre. Das Zimmer war von ihrem Haß erfüllt. Und wenn sie kein Geist war, was sollte sie dann sein?
Aus dem allen waren doch meine finsteren Gedanken zusammengesetzt, die mir im Hirn kreisten; die Axt, der Haß und die arme Daisy, die oben hilflos und allein lag. Mir schwirrte der Kopf. Der Alkohol lullte meinen Geist ein. Aber doch wohl noch nicht genug, denn ich dachte immerfort an Daisy. Mit einemmal packte mich die Angst so sehr, daß ich zu zittern anfing. Wie konnte ich hier unten nur so ruhig sitzen, während Daisy oben alleine lag – ganz dicht neben dem Mordzimmer, in dem der Hauklotz und die Axt warteten.
Ein schrecklicher Verdacht überfiel mich. Ich mußte sofort zu ihr gehen.
Ich erhob mich taumelnd und murmelte, daß ich nach ihr sehen wolle. Dann raste ich die dunkle Treppe hinauf. Ich zitterte am ganzen Körper und beruhigte mich erst, als ich vor ihrem Bett stand und sie friedlich schlummernd daliegen sah. Ihr Schlaf wirkte völlig gelöst. Sie lächelte sogar. Sie wußte nichts. Sie fürchtete sich nicht im mindesten vor Geistern und Äxten. Bei ihrem Anblick überkam mich ein sonderbares Gefühl. Ich starrte sie an. Ich starrte sie so lange an, bis ich wieder die Kontrolle über mich gewann …
Als ich hinunterging, mußte ich das Geländer umklammern. Ich fühlte, daß ich sturzbetrunken war. Mit einer gewissen Erleichterung stellte ich fest, daß mein Geist so umnebelt war, daß für finstere Gedanken kein Platz da war.
Keenan hatte unsere Gläser in der Zwischenzeit wieder gefüllt. Als ich meins in einem Zug leerte, folgte er meinem Beispiel und schenkte dann erneut ein.
Der Alkohol löste meine Zunge, und ich begann zu reden. Die Worte sprudelten aus meinem Mund hervor. Ich kam mir wie eine Spule vor, die sich rasch abwickelte. Ich erzählte von meinem Leben, von meiner Karriere und sogar von meinem Leben mit Daisy. Ich redete ununterbrochen. Das war der verdammte Alkohol.
Ehe ich wußte, wie mir geschah, legte ich so etwas wie ein ›Geständnis‹ mit allem Drum und Dran ab. Ich erzählte, wie die Dinge zwischen Daisy und mir standen. Ich berichtete von unseren unsinnigen Streitereien, von ihren Nörgeleien, von all den Dingen, die ihr nicht paßten, wie zum Beispiel unser neues Auto, die Lebensversicherung und Jeanne Corey. Der Alkohol hatte mich so redselig und rührselig gemacht, daß ich nicht davor zurückschreckte, mich in Einzelheiten zu ergehen. Ich hackte auf Daisy und ihren Angewohnheiten, die mich zur Raserei brachten, herum. Dann fing ich an, von unserer heutigen Fahrt zu reden und von meinen Gedanken an die zweiten Flitterwochen. Es muß dann mein Instinkt gewesen sein, der mich davon abhielt, absolut widerwärtig und ekelhaft zu werden.
Keenan gefiel sich zuerst in der Rolle des Beichtvaters und nahm die Haltung des gereiften, weisen älteren Mannes an, doch schon kurz darauf fiel er in mein Klagelied ein und berichtete seinerseits von einigen nicht zu
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