15 Gruselstories
bestand aus Angehörigen der wilden Stämme aus Ashanti, Damballah und der Guineaküste, aus finsteren Kariben und dunkelhäutigen Nachkommen von abtrünnigen Franzosen, aus Mestizen und Mulatten. Die Küsten wurden von verschlagenen, heimtückischen Halbblütigen beherrscht; doch die Menschen, die in den darunterliegenden Bergen hausten, waren noch weitaus übler als die Küstenbewohner.
Große Flächen Haitis bestanden aus undurchdringlichem Dschungel. Die weiten Sumpfgebiete, in denen Schlingpflanzen wucherten, beherbergten giftige Insekten und waren verseucht. Der weiße Mann wagte sich nicht in den Dschungel, ihn erwartete dort nicht nur der Tod, sondern auch die Hölle, denn dieser Dschungel war mit fleischfressenden Pflanzen, giftigen Reptilien und Sumpforchideen angefüllt; dieser Dschungel verbarg ein Grauen, das selbst Afrika nie kennengelernt hat.
In den Bergen, die vom Dschungel umgeben waren, blühte die Hexerei. Man sagte, daß dort die Nachkommen von entflohenen Sklaven mit Mördern und Wilden zusammenlebten. Es sollte versteckte Ansiedlungen geben, in denen der Kannibalismus noch ausgeübt wurde und in denen es finstere religiöse Riten gab, die grauenhafter und perverser waren als die, die vom Kongo bekannt sind. Geisterbeschwörungen, Teufelsanbetungen, Zauberei und abscheuliche Ausübungen der Schwarzen Messe waren etwas Alltägliches. Der ›Schatten des Todes‹ war allgegenwärtig. Über das Opfern von Hähnen und Ziegen brauchte man gar nicht erst zu sprechen, und auch das Darbringen von Menschenopfern war nichts Ungewöhnliches. An den Altären des Hexenwahns verfielen die Tänzer in wilde Ekstase und tranken das Blut ihrer Opfer zu Ehren irgendwelcher dunkler Götter.
Jeder auf Haiti wußte das.
Nacht für Nacht dröhnte das monotone Trommeln aus den Bergen, und über dem Dschungel zuckte der Feuerschein.
Auch an der Küste selbst lebten einige Wunderärzte und Medizinmänner. Doch niemand störte sie in der Ausübung ihrer Tätigkeit. Fast alle der ›zivilisierten‹ Schwarzen glaubten immer noch an Zauberei und die Wirkung von Liebestränken. Selbst die bekehrten Schwarzen, die zur Kirche gingen, verließen sich im Notfall lieber auf einen Talisman oder eine Zauberformel als auf das Wort Gottes. Auch die sogenannten ›gebildetem Neger der Gesellschaft in Port-au-Prince konnten ihre Abstammung von den barbarischen wilden Stämmen nicht immer verleugnen. Trotz ihrer nach außen hin gezeigten Zivilisation zog es sie immer wieder zu den blutigen Priestern hin, die im Verborgenen herrschten.
Skandale konnten natürlich nicht ausbleiben. Hin und wieder verschwanden gewisse Leute unter mysteriösen Umständen von der Bildfläche, worauf die emanzipierten Bürger gelegentlich protestierten. Aber die Proteste waren nur schwach, denn es war nicht ratsam, sich mit denen zu verfeinden, die sich vor der ›Schwarzen Mutter‹ verneigten, oder sich den Ärger der alten Männer zuzuziehen, die im Schatten der ›Schlange‹ lebten.
So etwa war es mit Haiti bestellt, als die Insel eine Republik wurde.
Die Leute fragen sich oft, wie es möglich ist, daß die Hexerei auch heute noch dort existieren kann. Zugegeben, sie geht jetzt mehr im geheimen vor sich; aber sie hat trotzdem die Zeiten überlebt. Dieselben Leute wundern sich, daß man die abscheulichen Zulukaffern nicht ausgerottet hat und daß es der Regierung nicht gelungen ist, die blutigen Kulte, denen sich die Bewohner des Dschungels auch heute noch hingeben, abzuschaffen.
Vielleicht kann diese Geschichte dazu beitragen, eine Antwort auf diese Fragen zu
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