15 Gruselstories
Herzens immer noch ein Wilder war; und die Wilden pflegen ihre Feinde zu peinigen. Einige wollten wissen, daß er sich unter seinem Palast eine Folterkammer eingerichtet hatte. Die Geräte sollten rostig sein, was aber nicht bedeutete, daß er sie nicht benutzte.
Der Bruch zwischen dem jungen Staatsmann und seiner Mutter machte sich schon vor seiner Amtsübernahme bemerkbar. Der Anlaß war seine Eheschließung mit der Tochter eines fast hellhäutigen Farmers von der Küste. Die Mutter war nicht nur über die Tatsache ergrimmt, daß ihr Sohn das Blut der Familie verunreinigte (sie war eine Vollblutnegerin), sondern sie fühlte sich auch sehr gedemütigt, daß sie nicht zur Hochzeit eingeladen worden war.
Die Hochzeit fand in Porte-au-Prince statt. Außer der Hautevolee von Haiti waren auch noch die ausländischen Botschafter anwesend. Die liebliche Braut war gerade aus der Klosterschule gekommen, und es gab keinen, der ihr nicht die gebührende Hochachtung zuteil werden ließ. Der gescheite Bräutigam hielt es daher für unangebracht, die Hochzeitsfeierlichkeiten durch die Anwesenheit seiner nicht salonfähigen Mutter zu entweihen.
Aber sie ließ es sich nicht nehmen, trotzdem zu kommen. Sie verfolgte die ganzen Zeremonien aus angemessener Entfernung. Es war gut, daß sie sich nicht bemerkbar machte, denn sie hätte damit nicht nur ihren Sohn in Verlegenheit gebracht, sondern auch die anwesenden Gäste schockiert.
Was sie von ihrem Sohn und der Braut sah, stimmte sie alles andere als heiter. Ihr Sohn war jetzt ein affektierter Dandy, und die Braut war eine dumme Gans. Der Pomp und das ganze Drum und Dran konnten ihr nicht im mindesten imponieren. Sie wußte, daß die meisten der Anwesenden, die jetzt ein überhebliches Gesicht zur Schau trugen, im Grunde ihres Herzens nichts weiter als abergläubische Neger waren, die bei den ersten Anzeichen einer Gefahr zu ihr gerannt kämen, um sich von ihr ein Wundermittel geben zu lassen. Trotz dieser Erkenntnis unternahm sie nichts. Sie lächelte nur bitter vor sich hin und humpelte dann nach Hause. Denn trotz alledem liebte sie ihren Sohn immer noch.
Jedoch die nächste Beleidigung, die ihr angetan wurde, konnte sie nicht so gelassen hinnehmen. Es handelte sich um die Amtseinweihung des neugewählten Präsidenten. Obwohl sie zu diesem festlichen Anlaß ebenfalls nicht eingeladen worden war, erschien sie wieder. Und diesmal verbarg sie sich nicht im Schatten. Als der neue Präsident seinen Eid auf die Verfassung abgelegt hatte und sich gerade mit dem deutschen Botschafter unterhielt, marschierte sie direkt auf ihn zu und sprach ihn an. Alle blickten erstarrt auf diese dunkelhäutige alte Vettel, die unbeholfen vor dem neuen Präsidenten stand. Sie war kaum einsfünfzig groß, barfuß und in Lumpen gehüllt.
Ihr Sohn schaute über sie hinweg und nahm von ihrer Gegenwart überhaupt keine Notiz. Das alte vertrocknete Weib fuhr sich zuerst in tödlichem Schweigen mit der Zunge über den zahnlosen Gaumen, und dann fing sie ganz langsam an, ihren Sohn zu verfluchen. Nicht auf französisch, sondern in dem Eingeborenendialekt der Bewohner der Berge. Sie beschwor den Zorn ihrer dunklen, blutigen Götter auf sein undankbares Haupt herab und drohte sowohl ihm als seiner jungen Frau mit ihrer Rache und der Vergeltung der Götter. Die selbstherrliche Haltung der beiden würde nicht ungestraft bleiben.
Die anwesenden Gäste waren schockiert.
Der Präsident war auch schockiert, aber er beherrschte sich. Er machte einen völlig ruhigen Eindruck, als er seiner Wache ein Zeichen gab, die daraufhin die alte hysterische Hexe abführte. Er würde mit ihr später abrechnen!
Als er am
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