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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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Her­zens im­mer noch ein Wil­der war; und die Wil­den pfle­gen ih­re Fein­de zu pei­ni­gen. Ei­ni­ge woll­ten wis­sen, daß er sich un­ter sei­nem Pa­last ei­ne Fol­ter­kam­mer ein­ge­rich­tet hat­te. Die Ge­rä­te soll­ten ros­tig sein, was aber nicht be­deu­te­te, daß er sie nicht be­nutz­te.
    Der Bruch zwi­schen dem jun­gen Staats­mann und sei­ner Mut­ter mach­te sich schon vor sei­ner Amts­über­nah­me be­merk­bar. Der An­laß war sei­ne Ehe­schlie­ßung mit der Toch­ter ei­nes fast hell­häu­ti­gen Far­mers von der Küs­te. Die Mut­ter war nicht nur über die Tat­sa­che er­grimmt, daß ihr Sohn das Blut der Fa­mi­lie ver­un­rei­nig­te (sie war ei­ne Voll­blut­ne­ge­rin), son­dern sie fühl­te sich auch sehr ge­de­mü­tigt, daß sie nicht zur Hoch­zeit ein­ge­la­den wor­den war.
    Die Hoch­zeit fand in Por­te-au-Prin­ce statt. Au­ßer der Haute­vo­lee von Hai­ti wa­ren auch noch die aus­län­di­schen Bot­schaf­ter an­we­send. Die lieb­li­che Braut war ge­ra­de aus der Klos­ter­schu­le ge­kom­men, und es gab kei­nen, der ihr nicht die ge­büh­ren­de Hoch­ach­tung zu­teil wer­den ließ. Der ge­schei­te Bräu­ti­gam hielt es da­her für un­an­ge­bracht, die Hoch­zeits­fei­er­lich­kei­ten durch die An­we­sen­heit sei­ner nicht sa­lon­fä­hi­gen Mut­ter zu ent­wei­hen.
    Aber sie ließ es sich nicht neh­men, trotz­dem zu kom­men. Sie ver­folg­te die gan­zen Ze­re­mo­ni­en aus an­ge­mes­se­ner Ent­fer­nung. Es war gut, daß sie sich nicht be­merk­bar mach­te, denn sie hät­te da­mit nicht nur ih­ren Sohn in Ver­le­gen­heit ge­bracht, son­dern auch die an­we­sen­den Gäs­te scho­ckiert.
    Was sie von ih­rem Sohn und der Braut sah, stimm­te sie al­les an­de­re als hei­ter. Ihr Sohn war jetzt ein af­fek­tier­ter Dan­dy, und die Braut war ei­ne dum­me Gans. Der Pomp und das gan­ze Drum und Dran konn­ten ihr nicht im min­des­ten im­po­nie­ren. Sie wuß­te, daß die meis­ten der An­we­sen­den, die jetzt ein über­heb­li­ches Ge­sicht zur Schau tru­gen, im Grun­de ih­res Her­zens nichts wei­ter als aber­gläu­bi­sche Ne­ger wa­ren, die bei den ers­ten An­zei­chen ei­ner Ge­fahr zu ihr ge­rannt kämen, um sich von ihr ein Wun­der­mit­tel ge­ben zu las­sen. Trotz die­ser Er­kennt­nis un­ter­nahm sie nichts. Sie lä­chel­te nur bit­ter vor sich hin und hum­pel­te dann nach Hau­se. Denn trotz al­le­dem lieb­te sie ih­ren Sohn im­mer noch.
    Je­doch die nächs­te Be­lei­di­gung, die ihr an­ge­tan wur­de, konn­te sie nicht so ge­las­sen hin­neh­men. Es han­del­te sich um die Amtsein­wei­hung des neu­ge­wähl­ten Prä­si­den­ten. Ob­wohl sie zu die­sem fest­li­chen An­laß eben­falls nicht ein­ge­la­den wor­den war, er­schi­en sie wie­der. Und dies­mal ver­barg sie sich nicht im Schat­ten. Als der neue Prä­si­dent sei­nen Eid auf die Ver­fas­sung ab­ge­legt hat­te und sich ge­ra­de mit dem deut­schen Bot­schaf­ter un­ter­hielt, mar­schier­te sie di­rekt auf ihn zu und sprach ihn an. Al­le blick­ten er­starrt auf die­se dun­kel­häu­ti­ge al­te Vet­tel, die un­be­hol­fen vor dem neu­en Prä­si­den­ten stand. Sie war kaum eins­fünf­zig groß, bar­fuß und in Lum­pen gehüllt.
    Ihr Sohn schau­te über sie hin­weg und nahm von ih­rer Ge­gen­wart über­haupt kei­ne No­tiz. Das al­te ver­trock­ne­te Weib fuhr sich zu­erst in töd­li­chem Schwei­gen mit der Zun­ge über den zahn­lo­sen Gau­men, und dann fing sie ganz lang­sam an, ih­ren Sohn zu ver­flu­chen. Nicht auf fran­zö­sisch, son­dern in dem Ein­ge­bo­re­nen­dia­lekt der Be­woh­ner der Ber­ge. Sie be­schwor den Zorn ih­rer dunklen, blu­ti­gen Göt­ter auf sein un­dank­ba­res Haupt her­ab und droh­te so­wohl ihm als sei­ner jun­gen Frau mit ih­rer Ra­che und der Ver­gel­tung der Göt­ter. Die selbst­herr­li­che Hal­tung der bei­den wür­de nicht un­ge­straft blei­ben.
    Die an­we­sen­den Gäs­te wa­ren scho­ckiert.
    Der Prä­si­dent war auch scho­ckiert, aber er be­herrsch­te sich. Er mach­te einen völ­lig ru­hi­gen Ein­druck, als er sei­ner Wa­che ein Zei­chen gab, die dar­auf­hin die al­te hys­te­ri­sche He­xe ab­führ­te. Er wür­de mit ihr spä­ter ab­rech­nen!
    Als er am

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