Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
Vom Netzwerk:
Sei­ne Hän­de zuck­ten, und in sei­nen Au­gen glomm ein bö­ses Feu­er, das zur lo­dern­den Flam­me wur­de, als sei­ne Wa­chen das al­te ver­hut­zel­te Weib ins Zim­mer stie­ßen. Man hat­te sie im Sumpf, in der Nä­he ih­res Al­tars, auf­ge­grif­fen.
    Auf sei­nen Be­fehl hin brach­ten die Wa­chen die al­te He­xe, die sich wehr­te und wie ei­ne Wild­kat­ze um sich biß und kratz­te, nach un­ten. Dann zo­gen sich die Wach­män­ner zu­rück und lie­ßen sie mit ih­rem Sohn al­lein. Al­lein in der Fol­ter­kam­mer. Kei­ner hör­te, wie sie ih­ren Sohn ver­fluch­te, als sie auf der Fol­ter­bank fest­ge­schnallt war. Kei­ner sah sein vor Wut ver­zerr­tes Ge­sicht, sei­nen irr­sin­ni­gen Blick und das große sil­ber­ne Mes­ser in sei­ner Hand …
    Der Prä­si­dent ver­brach­te wäh­rend der nächs­ten Ta­ge ei­ni­ge Stun­den in der Fol­ter­kam­mer. Er war kaum noch im Pa­last zu se­hen und hat­te An­wei­sun­gen ge­ge­ben, daß er nicht ge­stört wer­den wol­le. Als er am vier­ten Tag zum letz­ten­mal die ver­bor­ge­ne Trep­pe hin­auf­stieg, war das wahn­sin­ni­ge Feu­er aus sei­nen Au­gen ver­schwun­den.
    Es wird sich nie her­aus­stel­len, was sich in die­sem Ver­lies wirk­lich zu­ge­tra­gen hat. Das ist viel­leicht auch ganz gut so. Denn der Prä­si­dent war im Grun­de sei­nes Her­zens im­mer ein Wil­der ge­blie­ben, und die Wil­den ge­ra­ten in Ek­sta­se, wenn sie die Qual ih­rer Fein­de ver­län­gern kön­nen …
    Es wird je­doch be­rich­tet, daß die al­te He­xe mit ih­rem letz­ten Atem­zug ih­ren Sohn mit dem Schlan­gen­fluch be­haf­tet hat; und die­ser Fluch ist der schlimms­te von al­len. Aber aus dem Ver­hal­ten des Prä­si­den­ten kann man sich un­ge­fähr vor­stel­len, was in der Fol­ter­kam­mer pas­siert war, denn er hat­te einen bö­sen Hu­mor und einen ma­ka­b­ren Sinn für Ver­gel­tung. Sei­ne Mut­ter hat­te erst ei­ne Wachs­fi­gur nach dem Eben­bild sei­ner Frau an­ge­fer­tigt, ehe sie sie ge­tö­tet hat­te. Er be­schloß, et­was zu tun, was in der­sel­ben Rich­tung lag.
    Als er zum letz­ten­mal die ver­bor­ge­ne Trep­pe her­auf­kam, sa­hen sei­ne Die­ner, daß er ei­ne große Ker­ze in der Hand trug; ei­ne Ker­ze, die aus Men­schen­fett her­ge­stellt war. Und da kein Mensch je wie­der sei­ne Mut­ter zu Ge­sicht be­kam, la­gen ge­wis­se Ver­mu­tun­gen auf der Hand, wo­her er das Men­schen­fett ge­won­nen ha­ben könn­te. Aber aus gu­tem Grund wag­te nie­mand, ei­ne Fra­ge zu stel­len …
    Das En­de der Ge­schich­te ist rasch er­zählt.
    Der Prä­si­dent kehr­te di­rekt zu sei­nen Amts­zim­mern im Pa­last zu­rück und stell­te die Ker­ze in einen Stän­der auf sei­nem Schreib­tisch. Ihn er­war­te­te viel Ar­beit, denn er hat­te in den letz­ten Ta­gen sei­ne Pflich­ten reich­lich ver­nach­läs­sigt. Trotz­dem saß er jetzt erst mi­nu­ten­lang schwei­gend an sei­nem Schreib­tisch und starr­te die Ker­ze mit ei­nem zu­frie­de­nen, un­er­gründ­li­chen Lä­cheln an, ehe er sich über sei­ne Pa­pie­re beug­te.
     
    Er ar­bei­te­te die gan­ze Nacht über und hat­te be­foh­len, daß wäh­rend die­ser Zeit zwei Pos­ten vor sei­ner Tür Wa­che stan­den. Er brü­te­te bei Ker­zen­schein – beim Licht je­ner Ker­ze, die aus Men­schen­fett her­ge­stellt war – über sei­ner Ar­beit. Der Fluch sei­ner Mut­ter schi­en ihn nicht im min­des­ten zu be­un­ru­hi­gen. Er war zu­frie­den, daß er sei­nen Blut­durst ge­stillt hat­te, und hielt die Mög­lich­keit ei­ner Ra­che für aus­ge­schlos­sen. Er war nicht so aber­gläu­bisch, an­zu­neh­men, daß die He­xe aus dem Grab zu­rück­keh­ren könn­te. Er saß ru­hig und ge­las­sen an sei­nem Schreib­tisch und er­weck­te ganz den Ein­druck ei­nes zi­vi­li­sier­ten Man­nes. Die Ker­ze fla­cker­te und warf un­heil­vol­le Schat­ten in den Raum. Er be­merk­te es nicht – bis es zu spät war!
    Als er schließ­lich auf­blick­te, sah er, daß sich die Ker­ze aus Men­schen­fett schlän­gel­te und zu grau­en­haf­tem Le­ben er­wach­te.
    Der Fluch sei­ner Mut­ter …
    Die Ker­ze aus Men­schen­fett – leb­te ! Es war ein ge­wun­de­nes ge­krümm­tes Et­was, das sich vol­ler bö­ser Ab­sich­ten

Weitere Kostenlose Bücher