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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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hin und her­be­weg­te.
    Die Flam­me leuch­te­te in­ten­siv auf und nahm plötz­lich ein er­schre­cken­des Aus­se­hen an, das sich un­ter den er­staun­ten Bli­cken des Prä­si­den­ten in ein wil­des Ge­sicht ver­wan­del­te – in das Ge­sicht sei­ner Mut­ter! Das klei­ne, schrump­li­ge Ge­sicht war von Flam­men um­ge­ben und schi­en sich mü­he­los zu be­we­gen.
    Die Ker­ze schi­en auf ei­gen­ar­ti­ge Wei­se zu schmel­zen, denn sie wur­de im­mer län­ger. Sie wuchs und wuchs und schlän­gel­te sich ziel­be­wußt und for­dernd auf den Mann zu.
    Der Prä­si­dent von Hai­ti schrie gel­lend auf – aber es war zu spät!
    Er starr­te hyp­no­ti­siert in die im­mer grö­ßer wer­den­de Flam­me und war un­fä­hig, sich von der Stel­le zu rüh­ren. Er schrie und schrie!
    Er schrie auch dann noch, als die Ker­ze zu ru­ßen an­fing und fla­ckernd am Ver­lö­schen war. Der Raum ver­sank in ei­ne un­heil­vol­le Dun­kel­heit, die von ei­nem ein­zi­gen Stöh­nen er­füllt war. Das qual­vol­le Stöh­nen kam aus dem Mund ei­nes Man­nes, der ge­schla­gen und be­siegt wur­de. Dann wur­de das Stöh­nen schwä­cher und schwä­cher …
    Als die Wa­chen den Raum be­tra­ten und Licht an­ma­ch­ten, war al­les still und vor­bei.
    Die Wa­chen wuß­ten von der Ker­ze aus Men­schen­fett und dem Fluch der He­xe, die die Mut­ter ih­res Ge­bie­ters ge­we­sen war. Des­halb wa­ren sie auch die ers­ten, die den Tod des Prä­si­den­ten von Hai­ti be­kannt­ga­ben. Sie schos­sen ihn zu­erst noch in die Schlä­fe und un­ter­rich­te­ten dann die Be­völ­ke­rung da­von, daß der Prä­si­dent Selbst­mord be­gan­gen hät­te.
    Sei­nem Nach­fol­ger er­zähl­ten sie je­doch die wah­re Ge­schich­te, wor­auf die­ser so­fort die He­xen­ver­fol­gun­gen ein­stell­te, denn er ge­dach­te, recht lan­ge am Le­ben zu blei­ben, und war eben­falls ein ge­schei­ter Mann …
    Die Wa­chen hat­ten ihm er­klärt, daß sie den Prä­si­den­ten in die Schlä­fe ge­schos­sen hat­ten, um sei­nen Tod als Selbst­mord er­schei­nen zu las­sen. Und der Nach­fol­ger woll­te al­les ver­mei­den, um sich dem Schlan­gen­flucht nicht aus­zu­set­zen.
    Denn der Prä­si­dent von Hai­ti war von der Ker­ze aus dem Fett sei­ner Mut­ter er­würgt wor­den. Als man ihn fand, war die Ker­ze wie ei­ne Rie­sen­schlan­ge um sei­nen Hals ge­wun­den.
     

 
Das Zeichen des Satyrs
     
    Ro­ger Tal­quist hat­te im­mer ge­wußt, daß er ei­nes Ta­ges nach Grie­chen­land zu­rück­keh­ren wür­de. Die­sen Plan hat­te er schon in sei­ner Kind­heit ge­faßt und ihn auch in all den Jah­ren nie auf­ge­ge­ben. Seit dem Ta­ge, an dem ihn sein Va­ter wie­der nach Eng­land auf die Schu­le ge­schickt hat­te, hat­te er die Schön­heit der frem­den Ber­ge, die die Schä­fer so oft be­sun­gen hat­ten, nie­mals ver­ges­sen kön­nen. Und als er spä­ter Ar­chäo­lo­gie stu­dier­te, in­ter­es­sier­te ihn ein­zig und al­lein Grie­chen­land. Er träum­te von den pur­pur­nen Hü­geln und den Mar­mor­rui­nen, die in den fah­len Glanz ei­nes vol­len, el­fen­bein­far­be­nen Mon­des ge­taucht wa­ren.
    Er muß­te ganz ein­fach Grie­chen­land wie­der­se­hen!
    Und als er ei­nes Ta­ges hör­te, daß ei­ne Grup­pe Ox­for­der Aka­de­mi­ker an ei­nem Tem­pel des Got­tes Po­sei­don Aus­gra­bun­gen vor­neh­men woll­te, schloß er sich im­pul­siv der Ex­pe­di­ti­on in das Land sei­ner Kind­heit an.
    So­bald er je­doch an Ort und Stel­le war, er­lahm­te sein In­ter­es­se an der wis­sen­schaft­li­chen Ar­beit. Er er­füll­te die ihm zu­ge­teil­ten Pflich­ten rou­ti­ne­mä­ßig und oh­ne große Be­geis­te­rung.
    Aber in sei­ner Frei­zeit leb­te er auf! Er nutz­te je­de freie Stun­de aus und durch­streif­te das wil­de Land hin­ter dem Ha­fen von My­le­nos. Er brauch­te nicht lan­ge zu wan­dern, bis er in den ge­heim­nis­vol­len Ber­gen und den schat­ti­gen Wäl­dern war.
    Das tie­fe Schwei­gen, das ihn um­gab, ließ sein Herz schnel­ler schla­gen, denn er muß­te an die al­ten heid­nischen Ge­schich­ten den­ken, die ihm die Bau­ern er­zählt hat­ten.
    In den Wäl­dern leb­ten Nym­phen und schweb­ten Har­pyi­en. Die Hö­hen­zü­ge schie­nen Ro­ger

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