15 Gruselstories
erschienen fast glaubhaft.
Lepolis stapfte schweigend, fast verstohlen, voran. Er hatte sich zwar nach langem Zureden auf diesen Ausflug eingelassen, aber er schien es zu bereuen und sich alles andere als behaglich zu fühlen. Es entging Talquist nicht, daß der Ältere verstohlene Blicke über die Schulter auf die schweigenden Bäume warf. Lepolis schien sich offensichtlich zu fürchten; ja, er erweckte fast den Anschein, als würde er die phantastischen Geschichten, die er erzählt hatte, selber glauben.
Als sie sich stundenlang ihren Weg durch dichtes Gebüsch und weite, einsame Sümpfe bahnten, wunderte sich Talquist, daß der Alte nicht ein einziges Mal stehenblieb und sich suchend umschaute. Er mußte diesen ungekennzeichneten Weg gut kennen.
Doch als sie noch eine Zeitlang schweigend weitergegangen waren, zeichnete sich plötzlich ein gewundener Pfad in dem Dickicht ab. Er führte zu einer verfallenen Grotte, die im Schatten der Bäume lag.
Roger Talquist schaute schweigend auf das Ziel ihrer Wanderung. Er bemerkte einen großen Ring aus Gras in der Mitte der ganzen Vertiefung. Dieser Ring war von verwitterten Steinen umgeben, die auf so eigenartige Weise verteilt waren, daß sich Talquist fragte, ob das Zufall war oder ob sie von Menschenhand so angeordnet worden waren. Wenn das letztere der Fall wäre, müßte es vor ewigen Zeiten geschehen sein. Auf alle Fälle deuteten sie in dieser Anordnung einen Altarkreis an; und der mächtige Felsbrocken in der Mitte mochte einst sehr gut als Opfertafel gedient haben.
Als sie in die Grotte eintraten, ging Talquist voran, während sich sein betagter Führer zurückhielt. Talquist untersuchte die Steine genau und entdeckte die schwachen, rostigen Flecke, die auf der Oberfläche immer noch sichtbar waren. Er durchwühlte das Geröll, das um den Altar herum verstreut war, und hoffte, vielleicht irgendeinen Talisman oder sonst ein Zeichen zu finden.
Und dann sah Talquist etwas.
Das Gras war feucht und niedergetrampelt. Die Erde war naß. Und die Eindrücke, die in einem Kreis um den Hauptaltar führten, stammten einwandfrei von Hufen. Talquist schnappte nach Luft. »Kommen Sie her, Lepolis«, schrie er.
Der alte Mann schaute auf die Zeichen von den Hufen, die klar und deutlich und frisch waren. Er lächelte unergründlich.
»Ich habe Sie gewarnt, Mr. Talquist«, sagte er. »Es gibt auch heute noch Kreaturen, die diesen einsamen Altar aufsuchen.«
»Unsinn«, stotterte Talquist. »Ich wollte Sie nur fragen, ob Sie es für möglich halten, daß die Bergziegen hier manchmal grasen.«
Das Lächeln des alten Mannes wurde noch rätselhafter. »Bergziegen?« fragte er gedehnt. »Schauen Sie genau hin, Mr. Talquist. Das sind keine Hufabdrücke von Ziegen.«
Als sich Talquist wieder über die Abdrücke beugte und sie genau betrachtete, schoß ihm das Blut in den Kopf. Diese großen Hufabdrücke in der Erde stammten wirklich nicht von Bergziegen. Und doch mußte es so sein! Warum lachte Lepolis zu eigenartig?
»Ich habe Sie gewarnt, Mr. Talquist«, wiederholte der alte Mann. Dann fuhr er fort: »Ich habe Ihnen gesagt, daß einige Kreaturen immer noch unsterblich sind und in den Wäldern lauern. Ich habe Ihnen gesagt, daß das meine Familie weiß, daß sie es immer gewußt hat und darum das Geheimnis des alten Glaubens geheimhält. Ich habe Ihnen gesagt, wie man auf diesem Altar Opfer darzubringen hat, um ein Geschenk der Götter zu erhalten. Ein Geschenk, das einem ewiges Leben und Macht einbringt. Die Götter schenken denen, die ihnen Opfer darbringen, einen Talisman als Belohnung. Wenn es wahrscheinlich auch nicht sehr angenehm ist, in einer anderen Gestalt weiterzuleben – so ist es doch
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