Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
Vom Netzwerk:
Tal­quist auf­for­dern zu wol­len, die mit Gras be­wach­se­nen We­ge zu den Gip­feln zu er­klim­men, um von oben in die Tä­ler zu schau­en, in de­nen einst die Läm­mer ih­ren Gott um­tanzt ha­ben sol­len. Es ge­fiel ihm, daß er fast dar­an war, die­se al­ten Ge­schich­ten zu glau­ben, und er be­schloß, nach sei­ner Rück­kehr ei­ne Ab­hand­lung über den grie­chi­schen Aber­glau­ben zu­sam­men­zu­stel­len. Zu­min­dest die Land­be­völ­ke­rung hier glaub­te im­mer noch an die My­then von Pan und den Wald­geis­tern.
    Da Tal­quist flie­ßend grie­chisch sprach, fiel es ihm nicht schwer, mit den Be­woh­nern der ärm­li­chen An­sied­lun­gen Kon­takt zu be­kom­men. Sie hie­ßen ihn in ih­ren Hüt­ten herz­lich will­kom­men und er­zähl­ten ihm längst ver­ges­se­ne Ge­schich­ten und Sa­gen.
    In ei­ner die­ser ab­ge­le­ge­nen Wald­sied­lun­gen war es dann auch, daß Ro­ger Tal­quist Pa­pa Le­po­lis ken­nen­lern­te. Pa­pa Le­po­lis war ein hoch­ge­wach­se­ner, pa­tri­ar­cha­li­scher Al­ter mit den fal­ti­gen klas­si­schen Ge­sichts­zü­gen ei­nes See­fah­rer­kö­nigs von Kre­ta. Er ver­sprach dem dunklen, ernst­bli­cken­den jun­gen Wis­sen­schaft­ler, daß er ihm einen ver­bor­ge­nen Al­tar zei­gen wol­le, an dem sein Volk einst zu den Wald­göt­tern ge­be­tet hat­te.
    Die­ser Al­tar be­fän­de sich in ei­ner Grot­te, die tief im Wald ver­steckt wä­re. Dort soll­ten die pri­mi­ti­ven Ein­ge­bo­re­nen lan­ge vor der Zeit­rech­nung die Göt­ter der Na­tur ver­ehrt ha­ben. Die Rui­nen, die es dort gä­be, wä­ren nur we­ni­gen Men­schen be­kannt, denn die Ein­hei­mi­schen wür­den den Ort, an dem sich die Grot­te be­fin­det, ge­heim­hal­ten, weil sie be­fürch­te­ten, daß sie der grie­chi­schen or­tho­do­xen Kir­che ein Dorn im Au­ge sein könn­te. Doch er, Pa­pa Le­po­lis, könn­te sich vor­stel­len, daß die dort vor­han­de­nen Stei­ne und Gra­vie­run­gen für einen Ar­chäo­lo­gen sehr in­ter­essant und auf­schluß­reich wä­ren.
    »Füh­ren Sie mich zu der Grot­te«, sag­te Tal­quist eif­rig. »Ich muß sie se­hen.«
    Le­po­lis wur­de plötz­lich nach­denk­lich und strich sich mit der Hand über den Bart.
    »Ich weiß nicht, ob ich es wa­gen soll, Mr. Tal­quist.«
    »Wa­gen?« frag­te Ro­ger Tal­quist er­staunt.
    »Sie und ich – wir sind mo­der­ne Men­schen. Wir fürch­ten uns nicht vor dem, wo­vor die un­wis­sen­den Ein­hei­mi­schen hier zit­tern.«
    »Die an­de­ren ha­ben Angst? Gibt es denn et­was in der Grot­te, wo­vor sie sich fürch­ten müß­ten?«
    Le­po­lis blick­te zu Bo­den. »Nichts – viel­leicht nichts. Aber vor dem Al­tar in der Grot­te ha­ben sich die Men­schen einst vor Pan ver­neigt. Und sie ha­ben noch mehr ge­tan –« Tal­quist blick­te den Al­ten er­war­tungs­voll an.
    »Ja«, fuhr Le­po­lis lang­sam fort, »wenn man den al­ten Le­gen­den Glau­ben schen­ken darf, dann ha­ben Pans An­be­ter ei­ne gan­ze Men­ge mehr ge­tan, als sich nur vor ih­rem Gott ver­neigt. Sie ha­ben – Op­fer dar­ge­bracht.«
    »Sie mei­nen Tie­re?«
    »Nein, Mr. Tal­quist, ich mei­ne kei­ne Tie­re. Die Wald­göt­ter woll­ten Men­schen. Sie still­ten ih­ren gött­li­chen Ap­pe­tit mit dem war­men, le­ben­di­gen Fleisch jun­ger Mäd­chen und Bur­schen.«
    Tal­quist lä­chel­te und mach­te ei­ne ge­ring­schät­zi­ge Hand­be­we­gung. »Na, und wenn schon! Vor Tau­sen­den von Jah­ren sind vie­le Men­schen in Grot­ten den Göt­tern zum Op­fer ge­bracht wor­den. Das weiß ich. Al­so, was soll’s? Es braucht sich doch nie­mand zu fürch­ten, nur weil hier vor Ewig­kei­ten Blut ver­gos­sen wor­den ist.«
    »Mein jun­ger Freund, Sie mö­gen es zwar wis­sen, aber Sie ver­ste­hen es nicht. Ha­ben Sie ei­ne Ah­nung, warum sol­che Op­fer dar­ge­bracht wor­den sind? Wis­sen Sie, an was die Men­schen da­mals glaub­ten?«
    »Nein«, muß­te Tal­quist zu­ge­ben. Die Stim­me des al­ten Man­nes sank zum Flüs­tern hin­ab. »Man sagt, daß die Göt­ter manch­mal in Men­schen­ge­stalt er­schie­nen sind und dann wie­der als wil­de Tie­re. Wenn Schä­fer oder ein­sa­me Wan­de­rer in den Ber­gen auf die al­ten Wald­göt­ter stie­ßen, ver­wan­del­ten sie

Weitere Kostenlose Bücher