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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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im­mer­hin bes­ser, als zu ster­ben.«
    Was fa­sel­te die­ser Al­te da? War er jetzt völ­lig ver­rückt ge­wor­den? Le­po­lis’ Stim­me wur­de jetzt schrill. »Ver­ges­sen Sie nicht, daß ich Sie ge­warnt ha­be! Ich woll­te Sie dar­an hin­dern hier­her­zu­kom­men. Aber Sie ha­ben dar­auf be­stan­den! Ich bin sehr schwach. Ich weiß, daß es Al­ters­schwä­che ist. Aber ich will nicht ster­ben! Ich ha­be Angst vor dem Tod! Ich will ewig le­ben – auch wenn es in ei­ner ver­än­der­ten Ge­stalt sein müß­te! Und dar­um, Mr. Tal­quist, ist jetzt, wo wir vor dem Al­tar ste­hen, die Zeit ge­kom­men …«
    Das Wei­te­re ge­sch­ah so schnell, daß es Tal­quist völ­lig un­er­war­tet traf. Als Le­po­lis re­de­te, war er im­mer dich­ter an ihn her­an­ge­tre­ten. Und plötz­lich blitz­te aus ei­nem der zer­lump­ten Är­mel ein Mes­ser auf! Mit ei­ner Schnel­lig­keit, die man dem Al­ten gar nicht zu­ge­traut hät­te, hob er das glän­zen­de Mes­ser in die Hö­he und ließ es mit großer Kraft nie­der­sau­sen.
    Tal­quist konn­te ge­ra­de noch recht­zei­tig bei­sei­te sprin­gen. Doch der Al­te lach­te nur ir­re und pack­te mit har­tem Griff Tal­quists Keh­le. Er preß­te Tal­quist ge­gen den kal­ten Stein­al­tar und hob das Mes­ser er­neut. Die Klin­ge zit­ter­te in der Luft. Als Le­po­lis sei­nen Griff et­was lo­cker­te, er­kann­te Tal­quist mit Ei­ses­käl­te im Her­zen, daß er ster­ben muß­te.
    Da lös­te sich Ro­ger Tal­quists Star­re. Die To­des­angst ver­lieh ihm ei­ne fast über­mensch­li­che Kraft. Er hob sei­nen frei­en Arm und be­kam das Hand­ge­lenk des al­ten Man­nes zu fas­sen. Er stieß sich mit ei­nem Ruck vor­wärts und dreh­te Le­po­lis Hand­ge­lenk so um, daß nun­mehr der Al­te ge­gen den Stein fiel. Er rang mit dem krei­schen­den Pa­tri­ar­chen, der sich mit der Kraft ei­nes Wahn­sin­ni­gen wehr­te. Le­po­lis stieß mit dem Mes­ser in ra­sen­der Wut und Angst be­sin­nungs­los zu. Vor Tal­quists Au­gen flim­mer­te es, denn der Schmerz brann­te wie Feu­er.
    »Großer Pan, steh mir bei!« schrie der Al­te. Als er mit ei­ner ge­wal­ti­gen Kraft­an­stren­gung das Mes­ser er­neut hob, dreh­te Tal­quist die Hand des an­de­ren um, und die Klin­ge saus­te nach un­ten. Sie grub sich tief in Le­po­lis’ fal­ti­gen Hals. Als der rö­cheln­de Al­te ster­bend zu­rücksank, schoß ein ro­ter Blut­strahl über den Stein­al­tar.
    Tal­quist tau­mel­te ent­setzt zu­rück. Er war wie be­täubt von den un­er­war­te­ten Er­eig­nis­sen der letz­ten Mi­nu­ten. Vor sei­nen Au­gen flim­mer­te es, und al­les dreh­te sich. Die Er­de un­ter ihm schi­en zu be­ben, und die schwe­ren Stei­ne schie­nen zu tan­zen. Die Dun­kel­heit ver­tief­te sich, und Tal­quist hör­te in sei­ner wil­den Phan­ta­sie un­ter sei­nen Fü­ßen einen grol­len­den Don­ner.
    Dann war der Schock vor­bei, und Tal­quist hat­te sich wie­der in der Ge­walt. Er starr­te in Ge­dan­ken ver­sun­ken auf den to­ten Mann auf dem Al­tar.
    Le­po­lis hat­te ihn hier­her­ge­lockt, weil er an die My­then, die er er­zählt hat­te, sel­ber glaub­te. Er hat­te ver­sucht, Tal­quist auf dem Al­tar zu tö­ten, da­mit er da­für viel­leicht von den Göt­tern das Ge­schenk des ewi­gen Le­bens er­hiel­te, auch wenn es ein Le­ben nicht in Men­schen­ge­stalt wä­re. Le­po­lis war wahn­sin­nig. Das Gan­ze war ein sehr be­dau­er­li­cher un­glück­se­li­ger Vor­fall. Tal­quist wand­te sich ab. Er muß­te sei­nen Weg aus dem Dickicht zu­rück­fin­den. Und zwar sehr schnell. Aber was war das?
    Vor sei­nen Fü­ßen glit­zer­te et­was matt. Tal­quist bück­te sich und hob es auf. Selt­sam, daß er das vor­hin bei sei­ner Su­che nicht ge­se­hen hat­te. Er hielt es ge­gen das Licht des blut­ro­ten Son­nen­un­ter­gan­ges. Es war ein acht­e­cki­ges Me­dail­lon mit ei­nem grü­nen Stein. Es war ab­ge­nutzt und schi­en sehr alt zu sein. Das Me­dail­lon hing an ei­ner Ket­te aus ech­tem Gold und soll­te of­fen­sicht­lich um den Hals ge­tra­gen wer­den.
    Das al­les re­gis­trier­te Ro­ger Tal­quist nur im Un­ter­be­wußt­sein, denn sei­ne Bli­cke und sei­ne Ge­dan­ken be­schäf­tig­ten sich mit der er­schre­cken­den

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