15 Gruselstories
genommen, um sein eigenes teuflisches Dasein zu verlängern. Er hat sich wie ein Vampir von dem Blut anderer gemästet. Er ist heimtückisch und teuflisch listig. Aber ich werde nicht ruhen, bis ich ihn gefunden habe. Niemals!«
Ich glaubte ihm. Er würde niemals aufgeben. Er war jetzt alles andere als ein plappernder Betrunkener. Er war so fanatisch, so zielbewußt und so unbarmherzig wie Jack the Ripper selbst.
Morgen würde er wieder nüchtern sein. Er würde die Suche fortsetzen. Vielleicht würde er seine Unterlagen wirklich dem F.B.I. übergeben. Früher oder später würde seine Beharrlichkeit zum Ziel führen. Im Unterbewußtsein hatte ich von Anfang an gewußt, daß er ein Motiv haben müßte.
»Wir wollen weitergehen«, murmelte ich und griff wieder nach seinem Arm.
»Einen Moment«, sagte Sir Guy. »Geben Sie mir bitte meinen Revolver wieder.« Er taumelte leicht. »Ich fühle mich mit einer Waffe wohler.«
Er drängte mich in den tiefen Schatten einer Toreinfahrt.
Ich versuchte, ihn beiseite zu schieben, aber er war hartnäckig.
»Ich möchte den Revolver haben, John«, murmelte er.
»Also gut«, erwiderte ich.
Ich griff in meine Tasche und nahm die Hand wieder heraus.
»Aber das ist nicht mein Revolver«, stotterte er. »Das ist ein Messer.«
»Ich weiß.«
Ich überwältigte ihn mühelos.
»John!« schrie er.
»Vergessen Sie den ›John‹«, flüsterte ich und hob das Messer. »Nennen Sie mich einfach … Jack.«
Mr. Steinway
Als ich Leo zum erstenmal sah, dachte ich, daß er tot wäre.
Seine Haare waren so schwarz und seine Haut war so weiß. In meinem ganzen Leben habe ich noch keine Hände gesehen, die so durchsichtig und dürr waren. Sie lagen auf seiner Brust gefaltet und verbargen den Rhythmus seines Herzschlages.
Irgend etwas stieß mich ab. Irgend etwas, was ich schwer in Worte fassen kann. Ich glaube, es lag an seinem Gesicht. Es drückte eine Leere aus, die mich erschaudern ließ. Sein Gesicht glich einer Totenmaske, die man zu spät gemacht hatte, denn es fehlte jede Spur einer Persönlichkeit. Mich fröstelte, als ich auf ihn hinunterschaute, und ich zog instinktiv den Mantel fester um mich. Nach einem letzten kurzen Blick wandte ich mich ab und wollte gehen.
Aber in diesem Augenblick öffnete er die Augen, und ich verliebte mich unsterblich in ihn.
Er richtete sich auf, schwang seine Beine von dem riesigen Sofa, grinste mich an und erhob sich. Ich glaube wenigstens, daß er das tat. Denn das einzige, was ich mit Bewußtsein in mich aufnahm, war der Blick seiner braunen, warmen Augen, der durch mich hindurchging und sich mit Macht in mein Herz bohrte.
Ich weiß genau, wie das klingt und was Sie denken. Aber ich bin kein Schulmädchen und ich führe kein Tagebuch, und es ist viele, viele Jahre her, seitdem ich mich zum letztenmal Hals über Kopf verliebt habe. Und ich war absolut sicher, daß ich seit einiger Zeit über diesen verrückten Dingen stehe.
Aber – als er die Augen öffnete, spürte ich die Liebe auf den ersten Blick.
Harry stellte mich jetzt vor.
»… Dorothy Endicott. Sie hat Sie in der letzten Woche in Detroit spielen hören und wollte Sie gerne kennenlernen. Dorothy – das ist Leo Winston.«
Er war ziemlich groß. Er machte eine Art Verbeugung; oder besser gesagt, er neigte leicht seinen Kopf, ohne dabei den Blick von mir zu wenden. Ich weiß wirklich nicht, was er sagte. Wahrscheinlich »Angenehm« oder »Ich bin entzückt« oder »Es freut mich, Sie kennenzulernen.« Das war auch unwichtig. Es war sein Blick, der mich faszinierte.
Ich machte alles falsch, was man nur falsch machen kann. Ich lief rot an. Ich kicherte. Ich sagte, wie sehr ich sein Spiel bewundere. Ich wiederholte mich und kam ins Stottern, als ich es bemerkte.
Nur eins machte ich
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