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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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rich­tig. Ich er­wi­der­te sei­nen Blick. Wäh­rend Har­ry wort­reich er­klär­te, daß wir zu­fäl­lig vor­bei­ge­kom­men wä­ren und gar nicht die Ab­sicht ge­habt hät­ten, ihn zu stö­ren, aber doch her­ein­ge­kom­men wä­ren, weil die Tür of­fen­stand, schau­te ich ihn un­ver­wandt an. Und Har­ry re­de­te pau­sen­los wei­ter. Daß er Leo dar­an er­in­nern woll­te, den Flü­gel mor­gen recht­zei­tig zum Kon­zert­saal schaf­fen zu las­sen und daß, nach den letz­ten Be­rich­ten, der Kar­ten­vor­ver­kauf sehr er­folg­reich wä­re. Und jetzt müß­te er, Har­ry, sich dar­um küm­mern, daß die An­kün­di­gun­gen für das mor­gi­ge Kon­zert in den Zei­tun­gen auch rich­tig pla­ciert wür­den, al­so –
    »Schön. Aber für Sie, Miss En­di­cott, be­steht doch kein Grund zur Ei­le, nicht wahr?«
    Ich muß­te zu­ge­ben, daß für mich ab­so­lut kein Grund zur Ei­le be­stand.
    Als Har­ry ab­schwirr­te, zwin­ker­te er mir un­merk­lich zu. Ich blieb und un­ter­hielt mich mit Leo Win­ston.
    Ich ha­be kei­ne Ah­nung mehr, über was wir uns un­ter­hal­ten ha­ben. Ich glau­be, daß nur Ro­man­fi­gu­ren in der La­ge sind, auch die längs­ten Un­ter­hal­tun­gen wört­lich wie­der­zu­ge­ben. Und für mei­ne Be­grif­fe ist es ein Wun­der, daß die­sen Per­so­nen da­bei nicht der kleins­te gram­ma­ti­ka­li­sche Feh­ler un­ter­läuft.
    Aber ir­gend­wie er­fuhr ich aus die­sem Ge­spräch, daß er ei­gent­lich Leo Wein­stein hieß … daß er ein­und­drei­ßig Jah­re alt war … daß er le­dig war … daß er Siam­kat­zen lieb­te … daß er sich beim Ski­lau­fen ein­mal das Bein ge­bro­chen hat­te … und daß er einen sehr tro­ckenen Man­hat­tan-Cock­tail moch­te.
    Nach­dem ich ihm al­les von mir er­zählt hat­te, oder zu­min­dest fast al­les – aber ich bin si­cher, daß er den Rest in mei­nen Au­gen ge­le­sen hat –, frag­te er mich, ob ich Mr. Stein­way ken­nen­ler­nen wol­le. Na­tür­lich woll­te ich das. Leo Win­ston öff­ne­te die Schie­be­tür zu ei­nem an­de­ren Zim­mer.
    Mr. Stein­way be­herrsch­te die­sen Raum. Er war schwarz und auf Hoch­glanz po­liert, und er lä­chel­te mir mit sei­nen achtun­dacht­zig Zäh­nen ent­ge­gen und hieß mich will­kom­men.
    »Möch­ten Sie, daß Mr. Stein­way et­was für Sie spielt?« frag­te Leo. Ich nick­te. Die Wär­me, die mich durch­ström­te, hat­te nichts mit den zwei Man­hat­tan, die ich ge­trun­ken hat­te, zu tun. Sie war durch die For­mu­lie­rung sei­ner Fra­ge in mir ent­stan­den. Nur ein­mal in mei­nem Le­ben hat­te ich ein ähn­li­ches Ge­fühl ge­habt. Da­mals war ich drei­zehn, und Bill Pren­ti­ce – in den ich ver­schos­sen war – hat­te mich ge­fragt, ob ich zu­se­hen wol­le, wenn er mit ei­nem Kopf­sprung vom Fünf­me­ter­turm ins Was­ser springt.
    Leo nahm Platz und tät­schel­te Mr. Stein­ways Pe­dal so, wie ich manch­mal mei­ne Kat­ze Ang­kor tät­sche­le. Und sie spiel­ten für mich. Sie spiel­ten ›Ap­pas­sio­na­ta‹ aus dem ›Feu­er­vo­gel‹ und et­was fremd­ar­tig An­mu­ten­des von Pro­ko­fieff und da­nach ein paar Sa­chen von den bei­den Schot­ten Cy­ril und Ray­mond. Ich glau­be, daß Leo sei­ne Viel­sei­tig­keit de­mons­trie­ren woll­te; aber viel­leicht war es auch Mr. Stein­ways Idee. Wie dem auch sei, mir ge­fiel al­les. Und ich drück­te es vol­ler Be­geis­te­rung aus.
    »Ich bin sehr glück­lich, daß Sie Mr. Stein­way schät­zen«, sag­te Leo. »Er ist, wie je­der in mei­ner Fa­mi­lie, sehr sen­si­bel. Und er ist ein Mit­glied mei­ner Fa­mi­lie. Er ge­hört seit fast elf Jah­ren zu mir. Mei­ne Mut­ter hat ihn mir ge­schenkt, als ich mei­nen ers­ten Kon­zertabend in der Car­ne­gie Hall hat­te .«
    Leo stand auf. Er war mir sehr na­he, denn ich hat­te seit der ›Ap­pas­sio­na­ta‹ ne­ben ihm ge­ses­sen. Des­halb konn­te ich auch so ge­nau sei­ne Au­gen se­hen, als er jetzt den schwar­zen De­ckel über Mr. Stein­ways Zäh­ne klapp­te und sag­te: »Ru­he dich ein we­nig aus, bis sie kom­men und dich ho­len.«
    »Was ist los?« frag­te ich. »Ist Mr. Stein­way krank?«
    »Kei­ne Spur – er war sel­ten so gut in Form.« Leo strahl­te. Wie hat­te ich ihn auch nur einen Au­gen­blick lang für tot

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