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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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hal­ten kön­nen, ihn, des­sen Vi­ta­li­tät mich mit­riß?
    »Mr. Stein­way be­gibt sich heu­te in die Kon­zert­hal­le«, er­klär­te Leo und schau­te mir in die Au­gen. »Dort hat er mor­gen ei­ne Ver­ab­re­dung mit mir und wird mit mir spie­len. Da­bei fällt mir et­was ein: Wer­den Sie kom­men?«
    Die ein­zi­ge Ant­wort dar­auf wä­re »dum­me Fra­ge« ge­we­sen, aber ich hielt sie zu­rück. An­sons­ten fiel mir die Zu­rück­hal­tung bei Leo schwer. Be­son­ders, wenn er mich so an­schau­te wie jetzt. In sei­nen Au­gen stand ein un­aus­ge­spro­che­nes Ver­lan­gen, und sei­ne schma­len, lan­gen Hän­de, die die Tas­ten so zart ge­strei­chelt hat­ten, konn­ten auch so zart –
    Ich den­ke, daß ich mich klar ge­nug aus­ge­drückt ha­be.
    Am nächs­ten Abend hät­te mir je­der mein Glück vom Ge­sicht ab­le­sen kön­nen. Nach dem Kon­zert gin­gen wir aus. Nur wir vier: Har­ry und sei­ne Frau, Leo und ich. Und spä­ter gab es nur noch Leo und mich – bei Ker­zen­schein in sei­nem Ap­par­te­ment. Die Schie­be­tür zum an­de­ren Raum stand of­fen. Al­les wirk­te et­was kahl und öde, weil Mr. Stein­way nicht an sei­nem ge­wohn­ten Platz stand.
    Wir be­trach­te­ten schwei­gend die Ster­ne über dem Cen­tral Park und schau­ten uns in die Au­gen, in de­nen sich der fla­ckern­de Glanz der Ker­zen wi­der­spie­gel­te. Was wir dach­ten und sag­ten und ta­ten, ist nicht für an­de­re Oh­ren oder Au­gen be­stimmt.
    Nach­dem wir am nächs­ten Tag die Kri­ti­ken ge­le­sen hat­ten, gin­gen wir im Park spa­zie­ren. Leo muß­te war­ten, bis sie Mr. Stein­way zu­rück­brach­ten. Mir war das sehr recht, denn es war herr­lich, durch den Park zu schlen­dern. Je­dem muß­te es so ge­hen, der im Mai durch den Cen­tral Park spa­zier­te. Das fri­sche Grün an den Bäu­men, der Son­nen­schein, ein La­chen aus der Fer­ne und die laue Luft muß­ten die Her­zen öff­nen.
    Nichts konn­te die­se Stim­mung stö­ren.
    Nichts?
    Leo schau­te auf sei­ne Arm­band­uhr. »Er müß­te jetzt schon un­ter­wegs sein«, sag­te er und stand von der Bank auf. »Ich soll­te wirk­lich zu Hau­se sein, wenn er kommt. Mr. Stein­way ist zwar groß, aber er ist auch sehr emp­find­lich.«
    Ich griff nach sei­ner Hand. »Gut, dann wol­len wir ge­hen«, sag­te ich.
    Er run­zel­te die Stirn. Er kam mir et­was fremd vor, denn ich hat­te ihn noch nie die Stirn run­zeln se­hen. »Es ist viel leicht bes­ser, wenn du nicht mit­kommst, Do­ro­thy. Ich mei­ne – weil der Trans­port über die Trep­pen so lan­ge dau­ert. Und au­ßer­dem muß ich üben. Ver­giß nicht, daß ich nächs­ten Frei­tag einen Abend in Bo­ston ge­be; und das be­deu­tet täg­lich vier Stun­den Trai­ning. Mr. Stein­way und ich müs­sen für das nächs­te Pro­gramm in Form sein. Wir ge­ben ein Ra­vel-Kon­zert, und Mr. Stein­way ist von Ra­vel nicht sehr be­gei stert. Uns bleibt auch nicht so sehr viel Zeit, denn Mr. Stein­way wird sich schon Mitt­woch mor­gen auf den Weg ma­chen.«
    »Soll das hei­ßen, daß du mit Mr. Stein­way auch auf Rei­sen gehst?«
    »Aber na­tür­lich. Wo ich hin­ge­he, wird er auch hin­ge­hen. Seit Mut­ter ihn mir ge­schenkt hat, ha­be ich nie auf ei­nem an­de­ren In­stru­ment ge­spielt. Wenn ich es tä­te, wür­de ich mich da­bei nicht wohl­füh­len. Au­ßer­dem bin ich si­cher, daß es Mr. Stein­way das Herz bre­chen wür­de.«
    Mr. Stein­ways Herz
    Es sah ganz so aus, als hät­te ich einen Ri­va­len. Bei die­sem Ge­dan­ken muß­te ich la­chen, und Leo stimm­te in mein La­chen ein. Dann be­gab er sich zu sei­ner Ar­beit, und ich ging in mei­ne Woh­nung. Ich woll­te schla­fen. Viel­leicht wür­de ich auch träu­men …
    Um fünf Uhr nach­mit­tags rief ich bei ihm an, aber er mel­de­te sich nicht. Ich ver­such­te ei­ne hal­be Stun­de lang ihn zu er­rei­chen, dann se­gel­te ich auf ei­ner ro­sa­ro­ten Wol­ke zu sei­nem Ap­par­te­ment. Leo muß­te von sei­ner Mut­ter, die ein ›of­fe­nes Haus‹ ge­führt hat­te, die An­ge­wohn­heit über­nom­men ha­ben, nie­mals die Tür zu ver­schlie­ßen. Ich nutz­te die­sen Um­stand na­tür­lich aus und schlich auf Ze­hen­spit­zen in die Woh­nung, um Leo zu über­ra­schen. Ich sah ihn in Ge­dan­ken am Flü­gel sit­zen. Ich

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