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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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feucht. Ich konn­te die­se Fü­ße im­mer deut­li­cher se­hen, denn Mr. Stein­way roll­te und rum­pel­te lang­sam, aber un­auf­hör­lich durch den Raum auf mich zu. Er spiel­te und spiel­te da­bei und woll­te mir sa­gen: ›Mach die Au­gen auf und schau, schau, schau.‹ Und ich sah Leo auf dem Bo­den. Er war tot. Wirk­lich tot. Al­le Macht war jetzt in Mr. Stein­way ver­eint. Die Macht zu spie­len, die Macht zu le­ben, die Macht zu tö­ten …
    Ja, es ist wahr. Ich ha­be nach den Streich­höl­zern ge­grif­fen und den Schwe­fel be­freit. Ich ha­be das Feu­er an­ge­zün­det, da­mit das Knis­tern al­le Schwin­gun­gen aus­lö­schen soll­te. Es war ei­ne Er­leich­te­rung und Wohl­tat zu se­hen, wie Mr. Stein­way sei­ne achtun­dacht­zig Zäh­ne fletsch­te, und zu hö­ren, wie er nach ei­nem letz­ten brül­len­den Auf­schrei ver­stumm­te. Ich ge­ste­he, daß ich das Feu­er an­ge­zün­det ha­be. Ich ge­ste­he, daß ich Mr. Stein­way ge­tö­tet ha­be.
    Aber Leo ha­be ich nicht ge­tö­tet! Warum fra­gen Sie nicht sie ? Sie sind zwar ver­brannt, aber sie wis­sen es. Fra­gen Sie die Couch. Fra­gen Sie den Tep­pich. Fra­gen Sie die Bil­der an den Wän­den. Sie ha­ben ge­se­hen, was pas­siert ist. Sie wis­sen, daß mich kei­ne Schuld trifft.
    Sie kön­nen sie be­fra­gen. Sie brau­chen nichts wei­ter als in der La­ge zu sein, sich mit Schwin­gun­gen in Ver­bin­dung zu set­zen, mit ih­nen Kon­takt auf­zu­neh­men. Neh­men Sie mich nur als Bei­spiel. Ich kann al­les hö­ren, was sie hier in die­sem Raum sa­gen. Ich ver­ste­he die Fens­ter und die Wän­de und die Tü­ren und die Rie­gel.
    Mehr ha­be ich nicht zu sa­gen. Wenn Sie mir nicht glau­ben, wenn Sie mir nicht hel­fen wol­len, dann las­sen Sie mich bes­ser al­lein. Dann las­sen Sie mich hier in Ru­he sit­zen und lau­schen.
    Auf die Fens­ter, auf die Wän­de, auf die Tü­ren, auf die Rie­gel …
     

 
Wachsfigurenkabinett
     
    Der Tag war für Bert­rand sehr trü­be und ein­tö­nig ge­we­sen, ehe er das Wachs­fi­gu­ren­ka­bi­nett ent­deck­te. Es war ei­ner der neb­li­gen Ta­ge, an de­nen es nicht rich­tig hell wer­den woll­te, ei­ner der Ta­ge, an de­nen Bert­rand mit Vor­lie­be ziel­los durch die schmut­zi­gen Gas­sen der Ufer­ge­gend streif­te. Den­noch ent­spra­chen sol­che Ta­ge Bert­rands Men­ta­li­tät am bes­ten. Er fand ei­ne ge­wis­se Freu­de dar­an, den schar­fen Grau­pel­re­gen auf sei­nem Ge­sicht zu spü­ren; und es üb­te einen pri­ckeln­den Reiz auf ihn aus, daß er durch den Ne­bel al­les nur ver­schwom­men und sche­men­haft er­ken­nen konn­te. Der dich­te Ne­bel ließ die schmut­zi­gen Häu­ser und die en­gen, wink­li­gen Gas­sen un­wirk­lich und gro­tesk er­schei­nen. Die ver­wit­ter­ten Ge­bäu­de wur­den zu rie­si­gen grau­en vor­ge­schicht­li­chen Un­ge­heu­ern, die sich zur Ru­he ge­legt hat­ten und er­starrt wa­ren.
    So kam es we­nigs­tens Bert­rand in sei­ner blü­hen­den Phan­ta­sie vor. Denn Bert­rand war ein Poet. Bei ge­nau­er Be­trach­tung al­ler­dings war er ein schlech­ter Poet. Denn die Ge­dan­ken­gän­ge, die er zu Pa­pier brach­te, wa­ren so wirr und ver­spon­nen, daß er nie­man­den fand, der sie ab­dru­cken woll­te. Er haus­te in ei­ner Dach­kam­mer, er­nähr­te sich von tro­ckenem Brot und fühl­te sich von der Welt miß­ver­stan­den. Wenn er in Selbst­mit­leid ver­sank, was sehr häu­fig vor­kam, pfleg­te er sein Le­ben mit dem des ver­stor­be­nen Fran­cois Vil­lon zu ver­glei­chen. Bei die­sem Ver­gleich ver­schwan­den Bert­rands De­pres­sio­nen meist. Denn Vil­lon war ein be­rüch­tig­ter Dieb und Zu­häl­ter ge­we­sen – was man von Bert­rand kei­nes­falls sa­gen konn­te.
    Bert­rand war ein sehr jun­ger eh­ren­wer­ter Mann und ein Ge­nie. Die Leu­te wuß­ten es nur noch nicht zu schät­zen. Und recht ge­sch­ah die­sen Leu­ten, wenn er jetzt ver­hun­ger­te! Die Nach­welt wür­de ihm ge­wiß ein Denk­mal set­zen. Mit die­sen oder ähn­li­chen Ge­dan­ken­gän­gen be­schäf­tig­te sich Bert­rand die meis­te Zeit, und solch trü­be Ta­ge wie heu­te wa­ren be­son­ders für sei­ne stum­men Mo­no­lo­ge ge­eig­net.
    Fast wi­der­wil­lig muß­te er sich selbst ein­ge­ste­hen,

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