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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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bil­de­ten auf al­le Fäl­le einen gor­di­schen Kno­ten, den ich kaum zu lö­sen ver­moch­te.
    Als ich mei­ne Woh­nung er­reich­te, hat­te ich mich auch zu ei­nem Ent­schluß durch­ge­run­gen. Ich muß­te Leo aus mei­nem Le­ben strei­chen. Es sei denn …
    Er er­war­te­te mich vor der Woh­nungs­tür.
    Es ist so ein­fach, lo­gisch zu den­ken und nüch­tern die Kon­se­quen­zen zu zie­hen – wenn man al­lein ist. Aber dann nimmt einen je­mand in sei­ne Ar­me, und man fühlt, daß man dort­hin ge­hört; und dann ver­spricht ei­nem die­ser Je­mand, daß al­les ganz an­ders wer­den wird, daß er sich ab so­fort än­dern wird, weil er einen liebt und nicht oh­ne einen le­ben kann. Wo bleibt die Lo­gik und Nüch­tern­heit, wenn die Däm­me­rung her­ein­bricht und spä­ter die Ster­ne fun­kelnd am nächt­li­chen Him­mel ste­hen?
    Ich muß jetzt sehr ge­nau wer­den. Es ist wich­tig, daß ich mich ge­nau an die Tat­sa­chen hal­te. Ich will Ih­nen be­rich­ten, was am nächs­ten Nach­mit­tag ge­sch­ah, als ich zu ihm in sei­ne Woh­nung ging.
    Die Tür war, wie im­mer, un­ver­schlos­sen, und ich hat­te ir­gend­wie das Ge­fühl, nach Hau­se zu kom­men. Ich hat­te die­ses Ge­fühl, bis ich sah, daß die Schie­be­tür zu dem an­de­ren Raum ge­schlos­sen war, bis ich auf die Tür zu­ging, bis ich die Mu­sik hör­te … Leo und Mr. Stein­way spiel­ten wie­der.
    Wenn ich sa­ge, daß ich die Mu­sik hör­te, so stimmt das nicht ganz. Ge­nau­so­we­nig wie man den schril­len Angst­schrei ei­nes Men­schen als Spra­che be­zeich­nen wür­de. Wie soll ich mich aus­drücken? Die Tö­ne, die vom Flü­gel her ka­men, muß­ten mit den Lau­ten Ähn­lich­keit ha­ben, die Leo als Schwin­gun­gen be­zeich­ne­te. Mit ei­nem­mal glaub­te ich Leo zu ver­ste­hen.
    Ich hör­te das Trom­pe­ten der Ele­fan­ten, ich hör­te das Äch­zen der Zwei­ge im Nacht­wind, das Split­tern ge­fäll­ter Bäu­me, das Zi­schen glü­hen­den Me­talls und wie­der das Trom­pe­ten der Ele­fan­ten. Es wa­ren kei­ne Ge­räusche im ei­gent­li­chen Sin­ne. Es wa­ren – Schwin­gun­gen. Die to­te Ma­te­rie war nicht mehr tot. Mr. Stein­way leb­te.
    Als ich die Tür auf­s­tieß, ver­ebb­ten plötz­lich die Ge­räusche. Mr. Stein­way schwieg. Und er war al­lein.
    Ja­wohl, er war al­lein. Ich täusch­te mich nicht.
    Und Leo saß in der äu­ßers­ten Ecke des Zim­mers. Er hock­te zu­sam­men­ge­sun­ken auf ei­nem Stuhl und hat­te wie­der sei­ne To­ten­mas­ke auf­ge­setzt.
    Er konn­te un­mög­lich in die­sem Au­gen­blick auf­ge­hört ha­ben zu spie­len und durch das Zim­mer ge­rast sein, um auf dem Stuhl zu­sam­men­zu­sin­ken. Und noch viel we­ni­ger konn­te er das Al­le­gro kom­po­niert ha­ben, das Mr. Stein­way ge­spielt hat­te.
    Ich rüt­tel­te Leo wach und sank in sei­ne Ar­me. Ich er­zähl­te ihm schluch­zend, was ich ge­ra­de ge­hört hat­te. Aber er zuck­te nur die Ach­seln und mur­mel­te: »So et­was kann vor­kom­men. Jetzt hast du es we­nigs­tens ein­mal selbst er­lebt. Glaubst du nun, daß Mr. Stein­way exis­tiert, daß er sich be­merk­bar ma­chen kann, daß er kein leb­lo­ses Ding, son­dern ei­ne ei­ge­ne Per­sön­lich­keit ist? Ich ha­be dir doch ge­sagt, daß es ei­ne Ver­stän­di­gung auf Ge­gen­sei­tig­keit ist. Er kann mei­ne Kräf­te an­zap­fen, um sich sel­ber stark zu ma­chen. Wenn ich mich ge­hen­las­se, über­nimmt er mei­ne Funk­ti­on. Hast du es eben nicht selbst er­lebt?«
    Das hat­te ich. Ich ver­such­te, mei­ne Furcht zu un­ter­drücken und mei­ner Stim­me Fes­tig­keit zu ver­lei­hen. »Komm mit mir in das an­de­re Zim­mer«, sag­te ich. »Jetzt. So­fort. Be­ei­le dich und stel­le kei­ne Fra­gen.«
    Ich woll­te kei­ne Fra­gen hö­ren, weil ich ihm nicht ein­ge­ste­hen woll­te, daß ich mich fürch­te­te, in Mr. Stein­ways Ge­gen­wart zu spre­chen. Denn Mr. Stein­way konn­te hö­ren; und er war ei­fer­süch­tig.
    Mr. Stein­way soll­te nicht hö­ren, wie ich zu Leo sag­te: »Du mußt ihn los­wer­den. Es ist mir völ­lig gleich­gül­tig, ob er le­ben­dig ist oder ob wir bei­de ver­rückt sind. Wich­tig ist nur, daß du ihn los­wirst. Und zwar so­fort. Geh von ihm fort. Laßt uns zu­sam­men da­von­lau­fen.«
    Er

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