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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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ha­ben, denn je­der Hand­griff, je­de win­zi­ge Klei­nig­keit wirk­te ab­so­lut au­then­tisch. Der Schöp­fer hat­te sei­nen Fi­gu­ren et­was ein­ge­haucht, was ei­ne frap­pan­te Ähn­lich­keit mit dem Le­ben hat­te. Nicht nur die Hal­tung der Fi­gu­ren wirk­te so echt, son­dern auch der Ge­sichts­aus­druck. Sie starr­ten ver­schla­gen, lüs­tern und bö­se, ih­re Ge­sich­ter wa­ren vor Angst oder im To­des­kampf ver­zerrt. Ih­re Au­gen schie­nen den Be­schau­er durch­boh­ren zu wol­len, die Haa­re fie­len ih­nen ganz na­tür­lich ins Ge­sicht, und ih­re Lip­pen schie­nen wie durch einen war­men Atem­hauch ge­öff­net.
    Je­der der Dar­ge­stell­ten leb­te für al­le Zei­ten in der Pha­se des Grau­ens, die sei­ne Exis­tenz im Wachs­fi­gu­ren­ka­bi­nett be­grün­de­te und bei der zu Leb­zei­ten sei­ne See­le ver­dammt wur­de.
    Bert­rand schau­te sich al­les ge­nau an. Ne­ben je­der Dar­stel­lung war ein Schild an­ge­bracht, auf dem in schwüls­ti­gen Wor­ten der Her­gang der blu­ti­gen Miss­e­tat aus­führ­lich be­schrie­ben wur­de.
    Bert­rand las die gan­zen Be­schrei­bun­gen. Er wuß­te, daß das bil­ligs­te Sen­sa­ti­ons­ma­che war. Ähn­li­ches konn­te man nur in den übels­ten Re­vol­ver­blät­tern fin­den, die in ih­ren Be­rich­ten zum Ent­zücken ih­rer schwach­sin­ni­gen Le­ser im Blut wa­te­ten. Und trotz­dem konn­te sich Bert­rand des Ge­fühls nicht er­weh­ren, daß ir­gend­wie et­was Groß­ar­ti­ges von den schau­er­li­chen Ge­stal­ten und Dar­stel­lun­gen aus­ging. Die Dra­men strahl­ten ei­ne In­ten­si­tät und Hem­mungs­lo­sig­keit aus, die sich im all­täg­li­chen Le­ben je­der scheu­en wür­de, zu zei­gen. Er frag­te sich, ob die­se Zü­gel­lo­sig­keit nur ei­ne wei­te­re At­trak­ti­on für den sen­sa­ti­ons­hung­ri­gen Be­su­cher dar­stel­len soll­te oder nicht. Viel­leicht soll­te dem Be­schau­er der Un­ter­schied zwi­schen dem Ver­bre­cher­le­ben und sei­nem ei­ge­nen red­li­chen, aber ziem­lich lang­wei­li­gen Le­ben mit al­ler Deut­lich­keit ein­ge­häm­mert wer­den. Bert­rand zog den Kopf ein, als ihm plötz­lich zum Be­wußt­sein kam, daß die dar­ge­stell­ten Sze­nen in Wirk­lich­keit statt­ge­fun­den hat­ten und daß die Fi­gu­ren Nach­bil­dun­gen von Per­so­nen wa­ren, die wirk­lich ein­mal ge­lebt hat­ten. Und es gab an hun­dert ver­bor­ge­nen Or­ten sol­che Men­schen heu­te noch! Denn die Mör­der, Räu­ber und die wahn­sin­ni­gen Un­hol­de wa­ren nicht aus­ge­stor­ben. Selbst jetzt, in die­sem Au­gen­blick, moch­te ein Mann mit ei­nem Mes­ser im Ne­bel auf sein Op­fer lau­ern.
    Man­che wur­den ge­faßt, an­de­re ka­men da­von und konn­ten un­ge­stört wei­ter­mor­den …
    Un­ser jun­ger Poet stu­dier­te ein­ge­hend ei­ne schau­er­li­che Dar­stel­lung nach der an­de­ren. Er hat­te kei­ne Ei­le, denn der Ne­bel hin­ter den Fens­tern war noch so dicht, daß Bert­rand kei­ne Lust ver­spür­te, sich auf den Heim­weg zu ma­chen. Er ver­brach­te viel Zeit da­mit, die Per­fek­ti­on der Fi­gu­ren zu be­stau­nen. Er nä­her­te sich lang­sam der rech­ten Wand, die der Wie­der­ga­be der ge­schicht­lich er­wie­se­nen Ver­bre­chen ge­wid­met war. Dar­stel­lun­gen von Ver­bren­nun­gen, Plün­de­run­gen, Fol­ter­kam­mern und Blut­bä­dern reih­ten sich an­ein­an­der. Auch hier konn­te Bert­rand dem Schöp­fer die­ser Sze­nen sei­ne Be­wun­de­rung nicht vor­ent­hal­ten. Die his­to­ri­schen Ko­stü­me wa­ren durch und durch sti­lecht. Als Bert­rand den Herr­scher Cä­sar, der sich ge­ra­de in ei­ner Fol­ter­kam­mer die Zeit ver­trieb, ein­ge­hend be­trach­te­te, kam ihm in den Sinn, daß die Her­stel­lung von Wachs­fi­gu­ren be­stimmt nicht ein­fach war, denn sie er­for­der­te ne­ben ei­nem künst­le­ri­schen Ge­schick auch ein be­trächt­li­ches Maß an Ein­füh­lungs­ver­mö­gen und ei­ne mehr als durch­schnitt­li­che All­ge­mein­bil­dung.
    Dann sah er sie . Sie stand sehr auf­recht und wirk­te un­ge­mein an­zie­hend. Sie ver­ein­te al­les in sich: Sie war ein Mäd­chen, ei­ne Frau, ger­ten­schlank und hat­te da­bei doch je­ne Run­dun­gen, von de­nen

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