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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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es Mr. Stein­way, der ei­gent­lich spielt. Ich brin­ge nur den Me­cha­nis­mus in Gang. Ich weiß, Do­ro­thy, daß es dir un­glaub­wür­dig er­scheint, wenn ich dir sa­ge, daß sich Mr. Stein­way wei­gert, ge­wis­se Stücke zu spie­len. Aber ich ma­che kei­nen Spaß. Es gibt auch ei­ni­ge Kon­zert­sä­le, die er nicht lei­den kann. Er ist ein sen­si­bler Künst­ler, aber glau­be mir, er ist ein großer Künst­ler! Ich er­ken­ne sein Ta­lent ge­nau­so an, wie ich mich sei­nen Aver­sio­nen beu­ge.
    Laß mir Zeit, Lieb­ling – bis ich ihm dei­ne Exis­tenz und dei­ne Rol­le in mei­nem Le­ben ver­mit­telt ha­be. Ich wer­de mich über sei­ne Ei­fer­sucht hin­weg­set­zen; aber kannst du letz­ten En­des sei­ne Ei­fer­sucht nicht ver­ste­hen? War­te, bis ich ihm über die Schwin­gungs­fre­quenz al­les ge­nau er­klärt ha­be. Und hal­te mich bit­te nicht für ver­rückt, Lieb­ling. Glau­be mir, ich lei­de nicht an Hal­lu­zi­na­tio­nen.«
    Ich stand ruck­ar­tig auf. »Al­so gut, Leo, ich will dir glau­ben. Aber al­les wei­te­re liegt bei dir. Ich will dich nicht eher wie­der­se­hen bis – bis du ei­ni­ges ge­klärt hast.«
    Mei­ne ho­hen Ab­sät­ze klap­per­ten ei­lig über den mit Stein­plat­ten be­leg­ten Weg. Er mach­te kei­ne An­stal­ten, mir zu fol­gen. Ei­ne dunkle Wol­ke ver­deck­te die Son­ne. Ich zog die Schul­tern hoch und frös­tel­te plötz­lich.
    Ich ging schnur­stracks zu Har­ry. Er war im­mer­hin Leos Ma­na­ger und soll­te ei­gent­lich Be­scheid wis­sen. Aber ich merk­te sehr rasch, daß Har­ry über­haupt nichts wuß­te. Des­halb ver­stumm­te ich auch ab­rupt, um nicht zu­viel zu sa­gen. Nach Har­rys An­sicht war Leo ab­so­lut nor­mal.
    »Es sei denn, du denkst an die Ge­schich­te mit sei­ner Mut­ter«, mein­te Har­ry nach ei­ni­gem Nach­den­ken. »Der Tod der al­ten Da­me hat ihn ganz schön mit­ge­nom­men. Du weißt, wie die Müt­ter von Stars sind. Sie hat jah­re­lang die Re­kla­me­trom­mel für ih­ren Sohn ge­rührt und al­le un­an­ge­neh­men Din­ge von ihm fern­ge­hal­ten – ne­ben­bei ge­sagt, die an­ge­neh­men auch, denn Leo ge­hör­te nur ihr al­lein. Und als sie dann plötz­lich starb, war Leo ei­ne Zeit­lang völ­lig am Bo­den zer­stört. Aber er hat sich längst wie­der ge­fan­gen. Leo ist ein groß­ar­ti­ger Künst­ler, und er ist im­mer mehr im Kom­men.«
    So­viel er­fuhr ich von Har­ry. Es war weiß Gott nicht viel. Oder doch?
    Es war im­mer­hin so viel, daß ich auf mei­nem Nach­hau­se­weg dar­über nach­dach­te. Da gab es al­so den klei­nen Leo Wein­stein, das Wun­der­kind, und sei­ne Mut­ter, die in an­be­te­te. Sie hat­te ihn ge­hegt und ge­pflegt, sie hat­te ihn von al­len Ab­len­kun­gen fern­ge­hal­ten und dar­auf ge­ach­tet, daß er üb­te und sich wei­ter­bil­de­te. Sie hat­te sich um al­les ge­küm­mert und al­le We­ge so für ihn ge­eb­net, daß er völ­lig ab­hän­gig von ihr wur­de. Und als dann der bra­ve Kna­be sei­nen ers­ten Kon­zertabend gab, hat­te sie ihm Mr. Stein­way ge­schenkt.
    Na­tür­lich war für Leo die Welt zu­sam­men­ge­stürzt, als sei­ne Mut­ter starb. Es ge­hör­te nicht viel da­zu, um sich das vor­zu­stel­len. Aber er be­gann in dem Au­gen­blick wie­der auf­zu­le­ben, als er sich an das Ge­schenk sei­ner Mut­ter klam­mer­te. Mr. Stein­way war in der Tat mehr als nur ein Flü­gel. Aber auf an­de­re Art, als Leo es mir weis­zu­ma­chen ver­such­te. Mr. Stein­way nahm den Platz sei­ner Mut­ter ein. Und sei­ne Per­sön­lich­keit hat­te we­ni­ger mit Schwin­gungs­fre­quen­zen als mit ei­nem Ödi­pus­kom­plex zu tun.
    Ich sah jetzt al­les in ei­nem an­de­ren Licht. Wenn Leo auf der Couch lag und den Ein­druck ei­nes To­ten er­weck­te, dann kehr­te er in sei­ner Phan­ta­sie in den Schoß sei­ner Mut­ter zu­rück. Und sei­ne ›Ver­stän­di­gungs­mög­lich­kei­ten‹ mit leb­lo­sen Din­gen war nichts wei­ter als der Ver­such, mit sei­ner Mut­ter auch über das Grab hin­aus in Ver­bin­dung zu blei­ben.
    So war es. So muß­te es ganz ein­fach sein. Aber wie soll­te ich ge­gen die­sen Zu­stand an­kämp­fen? Ob die un­sicht­ba­ren Strän­ge nun von sei­ner Mut­ter oder von Mr. Stein­way aus­gin­gen – sie

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