Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
Vom Netzwerk:
…«
    Dann wur­de ihm die Ge­gen­wart des an­de­ren wie­der be­wußt, und er riß sich zu­sam­men. Er warf Bert­rand einen lan­gen Blick zu, zö­ger­te und frag­te dann sehr lang­sam:
    »Dann war es al­so – sie –, die dich wie­der hin­ge­trie­ben hat?«
    Es lag et­was in Bert­rouxs Stim­me, das Bert­rand ver­an­laß­te, die vol­le Wahr­heit zu sa­gen. Er fing sto­ckend an zu be­rich­ten, re­de­te im­mer has­ti­ger, bis die gan­ze Ge­schich­te aus ihm her­vor­brach. Er be­schö­nig­te nichts, und er ver­schwieg nichts. Als er er­schöpft am En­de war, seufz­te der Oberst schwer. Er starr­te auf den Bo­den. Dann räus­per­te er sich. »Ich ha­be mir das fast so ge­dacht, mein Jun­ge«, sag­te er. »Dei­ne Fa­mi­lie hat mich hier­her­ge­schickt, weil sie be­fürch­te­te, daß dich hier ir­gend et­was oder ir­gend­wer fest­hält. Es war mir klar, daß es sich um ei­ne Frau han­deln müß­te, aber ich ha­be nicht im Traum dar­an ge­dacht, daß es ei­ne Frau aus Wachs sein könn­te. Aber als ich mit dir in das Wachs­fi­gu­ren­ka­bi­nett ging und sah, wie du die Sta­tue mit dei­nen Bli­cken ver­schlun­gen hast, da wuß­te ich Be­scheid. Und nach­dem ich die Fi­gur sel­ber ein­ge­hend be­trach­tet hat­te, ver­stand ich dich noch viel bes­ser. Als dann noch der Be­sit­zer der Wachs­fi­gu­ren sei­ne Schau­er­ge­schich­te zum bes­ten gab, fing ich an, mir ernst­lich Ge­dan­ken zu ma­chen – so­weit ich da­zu über­haupt in der La­ge war, denn mein Geist war durch die teuf­li­sche Schön­heit der ver­fluch­ten Wachs­fi­gur be­acht­lich in Un­ord­nung ge­kom­men.
    Als ich mich dann von dir ver­ab­schie­de­te, hat­te ich wirk­lich die Ab­sicht, schleu­nigst ab­zu­fah­ren. Ich muß ehr­lich zu­ge­ben, daß ich bei die­sem Ent­schluß nicht so sehr auf dein See­len­le­ben, son­dern auf meins be­dacht war. Ja, ich ge­be es of­fen zu, daß ich vor mir selbst Angst hat­te. Du hast am ei­ge­nen Lei­be er­fah­ren, Bert­rand, wel­che Macht die­se ei­gen­ar­ti­ge Fi­gur auf dich aus­übt. Und wenn man dem Be­sit­zer glau­ben darf, sind ihr auch noch an­de­re Män­ner ver­fal­len. Ich war zu To­de er­schro­cken, als ich fühl­te, daß sie ih­re Macht auch bei mir er­pro­ben woll­te, bei mir, ei­nem al­ten Mann, der Lie­bes­emp­fin­dun­gen nur noch vom Hö­ren­sa­gen kennt. Die­se ro­te He­xe will al­le, oh­ne Un­ter­schied, in die Knie zwin­gen.«
    Bert­rand blick­te den Oberst un­ver­wandt an. Aber der schi­en das gar nicht zu be­mer­ken und fuhr fort:
    »Ich bin al­so nicht nach Hau­se ge­fah­ren. Da­für bin ich am nächs­ten Mor­gen wie­der in das Wachs­fi­gu­ren­ka­bi­nett ge­gan­gen und ha­be al­lei­ne vor ihr ge­stan­den. Ich ha­be sie ge­nau­so an­ge­st­arrt, wie du sie an­starrst. Als ich mich nach et­wa ei­ner Stun­de von ihr ab­wand­te, war mein Geist mehr denn je ver­wirrt. Aber trotz die­ser Ver­wir­rung konn­te ich die war­nen­de Stim­me in mei­nem Un­ter­be­wußt­sein nicht über­hö­ren. Wel­che Kraft auch im­mer von der Sta­tue aus­ge­hen mag: Sie kann we­der gut noch rich­tig sein; und sie hat schon gar nichts mit dem ge­sun­den Men­schen­ver­stand zu tun .
    Ich ha­be auf die­se war­nen­de Stim­me in mei­nem In­nern sehr im­pul­siv rea­giert. Ich re­ka­pi­tu­lier­te noch ein­mal in Ge­dan­ken die Ge­schich­te des Mu­se­ums­be­sit­zers – die­ses Man­nes mit dem Na­men Jac­que­lin. Dann bin ich zu ei­ner Ta­ges­zei­tung ge­gan­gen und ha­be das Ar­chiv durch­stö­bert. Nach lan­gem Su­chen bin ich auf den be­wuß­ten Fall ge­sto­ßen.
    Jac­que­lin hat bei sei­ner Ge­schich­te er­wähnt, daß die Er­eig­nis­se vie­le Jah­re zu­rück­lie­gen. Er hat aber nie­mals ge­sagt, wie vie­le Jah­re. Mein lie­ber Jun­ge, die­se Mord­af­fä­re liegt mehr als drei­ßig Jah­re zu­rück !«
    Bert­rand schnapp­te nach Luft. Aber ehe er ein Wort her­vor­brin­gen konn­te, re­de­te der Oberst schon wei­ter.
    »Aber an­sons­ten ist al­les wahr, ab­so­lut wahr. Es gab da­mals einen Mord, und die Frau von Dok­tor Jac­que­lin wur­de der Tat über­führt. Im Lau­fe der Ver­hand­lung stell­te sich her­aus, daß sie un­ter an­de­rem Na­men fünf ähn­li­che Ver­bre­chen

Weitere Kostenlose Bücher