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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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plau­si­ble Er­klä­rung zer­bro­chen. Ei­ne Zeit­lang glaub­te ich, daß der Be­sit­zer sei­ne ein­sa­men männ­li­chen Be­su­cher hyp­no­ti­sie­ren will und da­bei die Fi­gur als Me­di­um be­nutzt. Aber warum? Wel­chen Sinn soll­te das ha­ben? Au­ßer­dem warst we­der du noch ich hyp­no­ti­siert. Nein, das konn­te es nicht sein. Es geht et­was von der Frau­en­fi­gur selbst aus, ir­gend­ei­ne ge­hei­me Macht, die – ich kann es nicht leug­nen – an Zau­be­rei grenzt. Sie gleicht ei­ner je­ner Zau­be­rin­nen, über die wir frü­her in Mär­chen­bü­chern ge­le­sen ha­ben. Man kann ihr nicht ent­rin­nen.
    Auch ich nicht. Nach­dem ich an je­nem Nach­mit­tag die Zei­tungs­re­dak­ti­on ver­las­sen hat­te, ging ich in das Mu­se­um zu­rück. Ich re­de­te mir ein, daß ich das nur tat, um mit dem klei­nen grau­haa­ri­gen Mann zu re­den, um das Ge­heim­nis zu lüf­ten. Aber in mei­nem In­nern wuß­te ich es bes­ser. Ich schob den Al­ten bei­sei­te, als ich das Ge­bäu­de be­trat, und eil­te zu ihr . Und wie­der ein­mal starr­te ich schwei­gend in ihr Ge­sicht. Die un­heim­li­che Wir­kung ih­rer ver­derb­ten Schön­heit über­wäl­tig­te mich. Ich ver­such­te, ihr Ge­heim­nis zu er­grün­den, aber statt des­sen las sie mir meins von den Au­gen ab. Ich fühl­te, daß sie mei­ne Ge­füh­le für sie er­kann­te, und ich spür­te, daß sie sich über mich lus­tig mach­te und daß es ihr Freu­de be­rei­te­te, ih­re kal­te Macht an mir zu er­pro­ben.
    Ich ging be­nom­men nach Hau­se. Als ich abends im Ho­tel saß und ver­such­te ver­nünf­tig über al­les nach­zu­den­ken und mich be­müh­te, einen Schlacht­plan ge­gen sie zu ent­wer­fen, über­kam mich plötz­lich das drin­gen­de Ver­lan­gen, zu­rück­zu­ge­hen. Die­ser Wunsch war so über­mäch­tig, daß ich, oh­ne zu wis­sen, was ich ei­gent­lich tat, Se­kun­den spä­ter auf der Stra­ße stand und die Rich­tung zum Wachs­fi­gu­ren­ka­bi­nett ein­schlug. Als ich dort an­kam, lag das Ge­bäu­de im Dun­keln, und ich ging un­ver­rich­te­ter­din­ge wie­der ins Ho­tel zu­rück. Aber die Sehn­sucht und das Ver­lan­gen blie­ben. Ehe ich ein­sch­lief, hat­te ich das Ge­fühl, ich müß­te un­be­dingt die Tür ver­rie­geln.«
    Der Oberst schau­te Bert­rand mit fla­ckern­dem Blick an, als er flüs­ter­te:
    »Du bist je­den Tag frei­wil­lig zu ihr ge­gan­gen, mein Freund. Dei­ne Qual, daß sie für al­le Zei­ten un­er­reich­bar sein wird, ist kaum zu ver­glei­chen mit mei­ner, denn ich ha­be mich mit je­der Fa­ser mei­nes Her­zens ge­gen die Ver­zau­be­rung ge­wehrt. Und weil ich nicht ge­willt war, frei­wil­lig zu ihr zu ge­hen, hat sie mich ge­zwun­gen. Die pei­ni­gen­de Er­in­ne­rung an sie ver­folg­te mich bis in mei­ne Träu­me. Als ich mich heu­te mor­gen auf den Weg zu dir mach­te, zwang sie mich, mei­ne Schrit­te in das Mu­se­um zu len­ken. Ich weiß jetzt, daß die Män­ner ein­fach zu ihr kom­men müs­sen. Ent­we­der ge­hen sie frei­wil­lig, wie du, und be­ten sie un­auf­ge­for­dert an oder aber, wenn sie nicht frei­wil­lig zu ihr kom­men, zwingt sie sie. Als ich dich vor ein paar Ta­gen dort sah, schäm­te ich mich plötz­lich. Aber ich konn­te mich sträu­ben, so­viel ich woll­te, es trieb mich wie­der und wie­der zu ihr.
    Als ich heu­te dort war, über­fiel mich plötz­lich die Angst, und ich rann­te da­von. Ich kam hier­her. Als ich dich nicht an­traf, be­schloß ich zu war­ten. Ich ha­be die Tür ge­walt­sam ge­öff­net, da­mit ich mich ein­schlie­ßen konn­te. Da­mit woll­te ich mich sel­ber zwin­gen, nicht wie­der fort­zu­lau­fen, son­dern auf dich zu war­ten. Ich muß­te ein­fach mit dir re­den. Viel­leicht ge­lingt es uns ge­mein­sam, et­was da­ge­gen zu un­ter­neh­men.«
    »Was schla­gen Sie vor?« frag­te Bert­rand. Er war über sich selbst er­staunt, wie ernst er die Ge­schich­te des an­de­ren nahm. Aber er wuß­te, daß er al­lei­ne nicht die Kraft hat­te, von der An­ge­be­te­ten los­zu­kom­men – moch­te sie so bö­se sein, wie sie woll­te. Doch sei­ne Ver­nunft sag­te ihm, daß er ge­gen die Si­re­nen­klän­ge der wäch­ser­nen Fi­gur kämp­fen muß­te – auch wenn ihm das Herz bei die­sem

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