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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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Lä­cheln und die Ver­zau­be­rung, die sie auf ihn aus­üb­te, ver­ste­hen.
    Mit die­sen Ge­dan­ken ging er schla­fen. In den nächs­ten Ta­gen fing er an zu ar­bei­ten. Er be­gann ein über­schweng­li­ches Ge­dicht, das haupt­säch­lich von über­ra­schen­den Ver­spre­chun­gen und Er­fül­lun­gen han­del­te. Er schrieb oh­ne Pau­se.
    Er war froh, daß der Oberst ab­ge­fah­ren war, und er war dank­bar, daß sie ihm half. Sie schi­en ihn zu ver­ste­hen. Sie muß­te ein­fach wirk­lich sein! Viel­leicht hat­te sie sein wil­des Ge­stam­mel ver­nom­men, das er in schlaflo­sen Näch­ten zu den Ster­nen ge­schickt hat­te. Viel­leicht war­te­te sie als Fee Mor­ga­na auf ei­ner In­sel Ava­lon für Poe­ten oder viel­leicht harr­te sie sei­ner im Fe­ge­feu­er für Poe­ten. Er wür­de sie fin­den …
    Er ver­sprach es ihr, als er am nächs­ten Tag bei ihr war, und er dank­te ihr, daß sie Oberst Bert­roux ver­trie­ben hat­te. Als er ihr ei­ni­ge Zei­len sei­nes So­netts vor­trug, kam ihm plötz­lich zum Be­wußt­sein, daß die Au­gen des al­ten Grau­haa­ri­gen, der am Ein­gang der Hal­le stand, auf ihm ruh­ten.
    Bert­rand hielt in sei­nem Ge­mur­mel in­ne und wur­de knall­rot vor Scham. Spio­nier­te ihm der Al­te nach? Wie oft moch­te er sich schon ins Fäust­chen ge­lacht ha­ben, wenn er die Pein der ar­men Teu­fel sah, die ih­rer Schön­heit ver­fal­len wa­ren? Ver­schrum­pel­ter al­ter Zwerg! Bert­rand knirsch­te in ohn­mäch­ti­ger Wut laut­los mit den Zäh­nen.
    Er be­müh­te sich, nicht zu dem Al­ten zu se­hen, und be­trach­te­te ein­ge­hend den neu­en Kopf von Jo­han­nes dem Täu­fer. Er­satz­kopf – na schön. Er frag­te sich, wie es ge­kom­men sein moch­te, daß das Ori­gi­nal zer­bro­chen war. Der Al­te hat­te ir­gend et­was von ei­nem Narr mit ei­nem Re­gen­schirm ge­mur­melt. Er hat­te sie be­rüh­ren wol­len. Warum auch nicht? Sie war so wirk­lich und ge­gen­wär­tig, daß die­ser Wunsch ei­nes Man­nes na­he­lie­gend war. Bert­rand be­zwang nur sei­nen auf­kom­men­den Är­ger, daß es ein an­de­rer Mann ge­we­sen war …
    Aber der Er­satz­kopf war gar nicht so übel. Er war sau­ber ge­ar­bei­tet und wirk­te so na­tür­lich wie der ers­te. Die ge­schlos­se­nen Au­gen des blon­den Jüng­lings wirk­ten fast noch schau­er­li­cher als der star­re Blick des an­de­ren. Es war halt nur nicht mehr Jo­han­nes der Täu­fer. Hm. Nun ja.
    Der klei­ne Grau­haa­ri­ge starr­te un­ver­wandt zu ihm her­über.
    Bert­rand fluch­te lei­se und wand­te sich von Sa­lo­me ab. Heu­te war ihm bei ihr kei­ne Ru­he ver­gönnt. Als er auf den Aus­gang zu­ging, be­müh­te er sich, den Ein­druck zu er­we­cken, als wä­re er mit sei­nen Ge­dan­ken ganz wo­an­ders. Er schau­te an­ge­strengt auf sei­ne Arm­band­uhr, um nicht den star­ren­den Al­ten an­bli­cken zu müs­sen. Da­bei prall­te er al­ler­dings ge­gen einen ein­tre­ten­den Be­su­cher. Er mur­mel­te ›Ver­zei­hung‹ und ging has­tig wei­ter.
    Aber schon nach zwei Schrit­ten blieb er ruck­ar­tig ste­hen und schau­te sich um. Er starr­te mit wei­tauf­ge­ris­se­nen Au­gen auf den brei­ten Rücken des Man­nes, den er eben an­ge­rem­pelt hat­te.
    War er to­tal ver­rückt oder war das wirk­lich Oberst Bert­roux, der jetzt in die Hal­le ging?
    Aber Bert­roux war doch ab­ge­fah­ren – oder viel­leicht nicht? Hat­te sie ihn zum Blei­ben ge­zwun­gen? Be­te­te der Oberst sie jetzt heim­lich an? So wie er, Bert­rand? Wie so vie­le an­de­re? Wür­de der fet­te Al­te jetzt den Oberst an­star­ren? Hat­te Sa­lo­me ein neu­es Op­fer ge­fun­den, das ihr ver­fal­len war? Bert­rand mach­te sich lang­sam und sehr nach­denk­lich auf den Weg nach Hau­se. In den nächs­ten Ta­gen ging er, in der Hoff­nung, den Oberst zu tref­fen, zu höchst un­ge­wöhn­li­chen Zei­ten in das Wachs­fi­gu­ren­ka­bi­nett. Er brann­te vor Neu­gier. Er woll­te mit dem Äl­te­ren re­den, woll­te von ihm er­fah­ren, ob er wirk­lich eben­falls von ei­ner Wachs­fi­gur be­tört wä­re.
    Bert­rand hät­te sich na­tür­lich bei dem klei­nen, grau­haa­ri­gen Mu­se­ums­be­sit­zer nach sei­nem Freund er­kun­di­gen kön­nen, aber sei­ne ge­fühls­mä­ßi­ge

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