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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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re­den.
    Sein Na­me war Dr. Sil­vers­mith.
    Bis zu die­sem Au­gen­blick war ich über­haupt noch nicht zu mir selbst ge­kom­men. Es war al­les so schnell ge­gan­gen, daß ich kei­ne Mög­lich­keit ge­habt hat­te, einen kla­ren Ge­dan­ken zu fas­sen.
    Das Gan­ze kam mir wie der Teil ei­nes Trau­mes vor. Der She­riff und die Meu­te drau­ßen, die mich lyn­chen woll­ten, das Ge­re­de über einen großen Pro­zeß und die Lei­che im Sumpf.
    Das än­der­te sich aber ir­gend­wie beim An­blick von Dr. Sil­vers­mith. Er war wirk­lich.
    Er saß vor mei­ner Zel­len­tür, schau­te mich ru­hig an und stell­te Fra­gen. Zu­erst ein­mal woll­te er wis­sen, was mit mei­ner Mut­ter ge­sche­hen ist.
    Er schi­en al­so ei­ne gan­ze Men­ge über mich zu wis­sen. Und das mach­te mir das Spre­chen leich­ter. Ehe ich so recht wuß­te, wie mir ge­sch­ah, war ich schon da­bei, ihm ei­ni­ges aus mei­nem Le­ben zu be­rich­ten. Ich er­zähl­te ihm, wie es war, als ich noch mit mei­ner Mut­ter zu­sam­men in der Hüt­te wohn­te, wie sie ih­ren Lie­bes­trank her­stell­te und ver­kauf­te, wie wir im Mond­schein die Kräu­ter sam­mel­ten und wie ihr großer Tie­gel aus­sah. Ich sag­te, daß sie nachts das Haus al­lei­ne ver­las­sen hät­te und daß ich ihr selt­sa­mes Ge­mur­mel aus der Fer­ne ver­nom­men hät­te.
    Mehr woll­te ich nicht sa­gen, aber er wuß­te so­wie­so Be­scheid. Er wuß­te, daß sie mei­ne Mut­ter ei­ne He­xe ge­nannt hat­ten. Er wuß­te so­gar, wie sie ge­stor­ben war: daß San­to Di­no­rel­li ei­nes Abends vor der Tür ge­stan­den und ihr sein Mes­ser ins Herz ge­sto­ßen hat­te, weil sie für sei­ne Toch­ter den Lie­bes­trank ge­braut hat­te, wor­auf­hin die Toch­ter mit ei­nem Fal­len­stel­ler da­von­ge­lau­fen war. Er wuß­te auch, daß ich da­nach al­lein in der Hüt­te beim Sumpf leb­te.
    Aber er wuß­te nichts von He­noch. He­noch, der die gan­ze Zeit auf mei­nem Kopf war und jetzt schlief und sich den Teu­fel dar­um scher­te, was mit mir pas­sier­te …
    Aus ir­gend­ei­nem Grund hat­te ich das Ver­lan­gen, mit Dr. Sil­vers­mith über He­noch zu spre­chen. Ich woll­te ihm er­klä­ren, daß nicht ich es war, der die­ses Mäd­chen ge­tö­tet hat­te. So kam es, daß ich He­noch er­wähn­te. Ich er­zähl­te ihm von dem Han­del, den mei­ne Mut­ter in den Wäl­dern ab­ge­schlos­sen hat­te. Sie hat­te mich da­zu nicht mit­ge­nom­men – ich war da­mals erst zwölf Jah­re alt ge­we­sen –, aber sie hat­te ein klei­nes Fläsch­chen mit mei­nem Blut bei sich.
    Als sie zu­rück­kam, hat­te sie He­noch da­bei. Sie sag­te, er sol­le mir für al­le Zei­ten ge­hö­ren, auf mich auf­pas­sen und mir im­mer hel­fen. Ich er­zähl­te das sehr vor­sich­tig und ver­such­te zu er­klä­ren, daß mich für das, was ich jetzt ge­tan ha­be, kei­ne Schuld trifft, weil ich seit dem To­de mei­ner Mut­ter im­mer auf He­noch hö­ren muß.
    O ja, He­noch hat­te mich in den gan­zen Jah­ren ge­nau­so be­schützt, wie es sich mei­ne Mut­ter vor­ge­stellt hat­te. Sie wuß­te, daß ich al­lein nicht fer­tig wer­den konn­te.
    Das al­les er­zähl­te ich Dr. Sil­vers­mith, weil ich ihn für einen wei­sen Mann hielt und glaub­te, er wür­de es ver­ste­hen.
    Aber das war ein Irr­tum.
    Ich merk­te es, als sich Dr. Sil­vers­mith vor­beug­te, mit der Hand über sei­nen Ba­cken­bart strich und un­auf­hör­lich »ja, ja« mur­mel­te. Sei­ne Au­gen schau­ten mich durch­drin­gend an. Sein Blick glich den Bli­cken der Meu­te vor dem Ge­fäng­nis. Es wa­ren nie­der­träch­ti­ge, ge­mei­ne Au­gen, Au­gen, de­nen man nicht trau­en kann.
    Dann stell­te er ei­ne Men­ge un­sin­ni­ge Fra­gen an mich. Zu­erst über He­noch – ob­wohl ich wuß­te, daß er nur vor­gab, an He­noch zu glau­ben. Er frag­te mich, wie ich He­noch hö­ren könn­te, wenn ich ihn doch nicht se­hen konn­te. Er frag­te mich, ob ich auch je­mals an­de­re Stim­men ge­hört hät­te und was ich ge­fühlt hät­te, als ich Emi­ly Rob­bins tö­te­te, und ob ich – aber an die­se Fra­ge möch­te ich gar nicht mehr den­ken. Auf al­le Fäl­le re­de­te er so zu mir, als ob er einen Ver­rück­ten vor sich hät­te.
    Er hat­te mich die gan­ze Zeit zum Nar­ren ge­hal­ten,

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