15 Gruselstories
günstige Gelegenheit und fahren sich mit einer raschen Handbewegung durch die Haare. Aber der kleine Spaziergänger ist auf der Hut. Auf diese Weise werden Sie ihn nie erwischen. Selbst wenn Sie beide Handflächen an Ihren Kopf pressen, gelingt es ihm immer, zu entwischen.
Er ist unheimlich fix.
Sie können ihn auch nicht einfach ignorieren. Wenn Sie seinen Fußtritten keine Beachtung schenken, geht er einen Schritt weiter. Er schlängelt sich über Ihren Nacken zum Ohr und beginnt zu flüstern. Sie können seinen kleinen kalten Körper fühlen, der sich fest gegen die Oberfläche Ihres Gehirns preßt. Seine Krallen müssen aus Samt sein, denn sie schmerzen bei der Berührung nicht. Später allerdings finden sie kleine Kratzer auf Ihrem Nacken, die bluten und bluten. Aber während er sich fortbewegt, fühlen Sie nichts weiter als die Gegenwart eines kleinen kalten Etwas, das sich an Ihren Körper preßt und flüstert.
Das ist der Moment, in dem Sie versuchen, gegen ihn an zukämpfen. Sie bemühen sich, nicht auf seine Einflüsterun gen zu hören. Denn wenn Sie erst einmal zuhören, sind Sie verloren. Sie sind dann gezwungen, seine Befehle auszuführen.
Er ist ein böser Kerl! Und er ist sehr klug!
Er weiß genau, wie er sie einschüchtern und bedrohen kann, wenn Sie es wagen, ihm widerstehen zu wollen. Ich wage es seit langer Zeit kaum noch, denn ich habe dabei immer den kürzeren gezogen. Es ist besser, ihm gleich zuzuhören und ihm dann zu gehorchen.
Solange ich ihm zuhöre, scheinen die Dinge, die er mir ins Ohr flüstert, gar nicht einmal so schlimm zu sein. Seine Stimme klingt sanft und doch überzeugend, wenn er mich überredet. Er will mich in Versuchung bringen. Er verspricht mir den Himmel auf Erden.
Und er hält sein Versprechen auch. Alle Leute halten mich für arm, weil ich nie Geld habe und in dieser alten Hütte am Rande des Sumpfes lebe. Aber er versteht es, mich reich zu machen.
Wenn ich das tue, was er von mir verlangt, dann entführt er mich für ein paar Tage von meinem eigenen Ich. Wissen Sie, es gibt außerhalb dieser Welt andere Plätze; und an diesen Plätzen bin ich König.
Die Leute lachen mich aus und sagen, ich hätte keine Freunde; und die Mädchen im Ort nennen mich eine Vogelscheuche. Wenn sie alle wüßten, daß er mir manchmal – nachdem ich seine Befehle ausgeführt habe – Königinnen ins Bett legt!
Nichts weiter als Träume? Das glaube ich nicht. Es ist umgekehrt. Das andere Leben ist ein Traum, das Leben in der schäbigen Hütte am Rande des Sumpfes. Dort kommt mir nichts mehr wirklich vor.
Nicht einmal das Töten …
Ja, ich töte Menschen.
Das ist es, was Henoch von mir verlangt, müssen Sie wissen.
Das ist es, was er mir zuflüstert. Er fordert von mir, daß ich für ihn Menschen töte.
Ich mag das nicht. Ich sagte Ihnen, glaube ich, schon, daß ich zuerst dagegen angekämpft habe, nicht wahr? Aber jetzt habe ich nicht mehr die Kraft, zu kämpfen.
Er will, daß ich Menschen für ihn umbringe. Henoch. Das kleine Wesen, das oben auf meinem Kopf lebt. Ich kann ihn nicht sehen. Ich kann ihn nicht fangen. Ich kann ihn nur fühlen, ihn hören und ihm gehorchen.
Von Zeit zu Zeit läßt er mich ein paar Tage allein. Aber dann ist er plötzlich wieder da, und ich fühle, wie er über meinen Kopf krabbelt. Sein Flüstern dringt deutlich und eindringlich in meine Ohren. Er erzählt mir dann von jemandem, der durch den Sumpf kommen wird.
Ich habe keine Ahnung, woher er das alles weiß. Obwohl er die Betreffenden nicht gesehen haben kann, beschreibt er sie in aller Ausführlichkeit. Er sagt zum Beispiel:
»Ein Vagabund kommt die Aylesworthy Road herunter. Es ist ein kleiner, dicker Mann mit einer Glatze. Sein Name ist Mike. Er ist mit blauen Hosen und einem braunen Pullover bekleidet. In zehn Minuten, wenn die Sonne untergeht,
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